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DGB 12 - Verlorene Söhne

DGB 12 - Verlorene Söhne

Titel: DGB 12 - Verlorene Söhne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Graham McNeill
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Mördern in Trümmerfelder.
    Jäger suchten die Ruinen der
vormals wunderschönen Stadt, die sich als grandiose Darstellung des Paradieses
auf Erden präsentiert hatte. Hoch aufragende Türme aus Glas und Silber und Gold
brannten ringsum, und durch die Luft wirbelten groteskem Konfetti gleich
Milliarden Schnipsel aus angesengtem Papier. Der Geschmack von Blut erfüllte
ihre Sinne, und obwohl sie diesen Ort nie zuvor gesehen hatte, betrauerte sie
dennoch dessen Untergang.
    Solch vollkommene Geometrie, so
gefällige Ästhetik ... wer konnte nur je den Wunsch hegen, einem so perfekten
Ort Schaden zuzufügen? Riesige silberne Türme sackten unter der Hitze der Feuer
zusammen, Glasscherben stürzten von den hohen Fenstern und von den mit
Pyramiden bedeckten Gipfeln herab und wirkten wie schimmernde Tränen. Flammen
tanzten in den Splittern, die alle ein einzelnes, großes goldenes Auge
reflektierten, das rote Tränen vergoss.
    Sie wollte dem Wahnsinn Einhalt
gebieten, das Blutvergießen beenden, bevor es zu spät war, um die Stadt noch
vor der völligen Zerstörung zu bewahren. Aber es war bereits zu spät, das
Schicksal war längst besiegelt gewesen, noch bevor die erste Bombe gefallen war
und noch bevor der erste Invasor einen der goldenen Paläste, eine der mit
Marmor gepflasterten Prachtstraßen oder einen der großartigen Parks betreten
hatte.
    Die Stadt war dem Untergang
geweiht, und nichts konnte dieses Schicksal noch abwenden.
    Doch noch während ihr dieser
Gedanke durch den Kopf ging, wusste sie, das stimmte nicht.
    Die Stadt konnte sehr wohl noch
gerettet werden.
    Kaum war ihr diese Überlegung
gekommen, lösten sich die Wolken auf, und das wunderbare Blau des Himmels kam
zum Vorschein. Leuchtende Sonnenstrahlen tauchten die Berge in goldenes Licht,
und der Duft nach Wildblumen verdrängte den Gestank von Asche und verkohltem
Fleisch und Metall. Abermals ragten die silbernen Türme und glänzenden
Pyramiden aus Glas hoch in den Himmel empor, ihr Funkeln versprach eine
strahlende, unglaubliche Zukunft.
    Sie spazierte durch die Straßen
der Stadt, allein und formlos, während sie sich über die Gelegenheit freute,
diese Schönheit ungestört genießen zu können. Heiße Gewürze, kraftvolle Aromen
und exotische Düfte wurden von einer leichten Brise zu ihr getragen und legten
die Existenz von menschlichem Leben nahe, doch wohin sie auch schaute, nirgends
fand sie einen Hinweis auf die Bewohner dieser Stadt.
    Unerschrocken setzte sie ihren
Erkundungsgang fort und stieß an jeder Ecke auf neue Wunder. Goldene Statuen
mit Falkenköpfen säumten einen Boulevard aus marmornen Bibliotheken und Museen,
an einem anderen Boulevard standen tausend wohlriechende Dattelpalmen. Hunderte
Meter hohe Löwen aus Silber bäumten sich am Eingang zu einer Pyramide auf, so hoch,
dass sie mehr ein Berg als ein Bauwerk war.
    Immense Säulen mit Kapitellen
in der Form von Schriftrollen bildeten gewaltige Boulevards, auf denen ganze
Armeen mar-schieren konnten. Sie schlenderte durch Parks von unglaublicher
Schönheit, die sich gleich neben menschlichen Arbeiten befanden, dabei aber so
nahtlos ineinander übergingen, dass sich unmöglich bestimmen ließ, wo das eine
begann und das andere endete.
    Wohin sie auch schaute, überall
entdeckte sie perfekte Linien und Formen, eine Harmonie, wie sie nur durch eine
vollkommene Verschmelzung von Wissen und Talent entstehen konnte.
    Dies hier war wunderbar, obwohl
sie wusste, es war nicht echt, denn nichts, was von Menschenhand geschaffen
wurde, war jemals wirklich vollkommen.
    Alles wies irgendeinen Fehler
auf, auch wenn der noch so winzig sein mochte.
    So wie jedes andere Paradies
konnte auch dieses nicht von Dauer sein. Aus der Ferne vernahm sie einen
klagenden Ruf, so leise, dass sie ihn fast nicht hören konnte.
    Von der eingefrorenen
Trostlosigkeit einer in Eis gefangenen Zukunft zu ihr getragen, gelangte ein
weiterer Aufschrei zu ihr, der von den Seiten der Pyramiden widerhallte und
sich einem Fluch gleich in den verlassenen Straßen festhielt. Der Schrei sprach
einen verkümmerten Teil ihres Verstands an — ein vergessenes, urtümliches
Überbleibsel aus einer Zeit, als der Mensch noch Beute war, ein aufstrebender
Zweibeiner mit größerem Ehrgeiz als jedes andere Säugetier.
    Es war der Klang von Fangzähnen
so groß wie Schwerter, von Krallen und Jägern, die älter waren als die
Menschheit.
    Es war der Klang des Urteils.
     
    Ihr Herz schlug laut und
schnell in ihrer Brust, als Kallista

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