DGB 14 - Ketzerfürst
entschlüsseln.
»Was heißt das da?« Er zeigte
auf einen der Verse auf den unebenen Höhlenwand.
Argel Tal betrachtete die
Zeilen und stellte fest, dass es sich um mehr Dichtkunst in der Art handelte,
wie er sie hier unten auch erwartet hat: schlicht und mehr im Stil eines etwas
unbeholfenen Gedichts. Da er die Gottredner kannte, wusste er, dies hier war
vermutlich das Werk eines Schamanen unter dem Einfluss von Halluzinogenen, der die
Produkte seines überschäumenden Unterbewusstseins an den heiligen Felswänden
festgehalten hatte.
»... wir bieten Lob denjenigen,
die es tun, Auf dass sie ihren Blick in unsere Richtung wenden, Und beschenke
uns mit der Gunst des Schmerzes, Um die Galaxis mit Blut rot zu färben, Und den
Hunger der Götter zu stillen.«
» Das ist nur ein weiteres
schlechtes Gedicht«, sagte er zu Vendatha.
»Ich kann nicht ein einziges
Wort davon entziffern.«
»Es ist in keiner Weise
künstlerisch«, meinte Xaphen amüsiert.
»Ihnen entgeht kein
tiefschürfender Einblick in eine fortgeschrittene Kultur.«
»Es stört Sie gar nicht, dass
ich das nicht entziffern kann?«
»Ich habe keine Antworten für
Sie«, fuhr Argel Tal ihn an.
»Es sind die fiebrigen
Kritzeleien irgendeines vor langer Zeit gestorbenen Schamanen. Es hängt mit dem
cadianischen Glauben an andere Götter zusammen, aber die Bedeutung entzieht
sich mir genauso wie Ihnen. Ich weiß auch nicht mehr.«
»Haben die Wochen noch nicht
gereicht, die Sie mit diesen Primitiven in ihrer Zeltstadt verbracht haben,
Argel Tal? Jetzt müssen Sie auch noch der falschen Anbetung durch ignorante
Barbaren beiwohnen?«
»Wenn Sie so weitermachen,
bekomme ich noch Kopfschmerzen, Van«, sagte Argel Tal, der dem Gerede kaum noch
zuhörte. Sein Retina-Display zählte die Stunden, seit er das letzte Mal
geschlafen hatte. Das war inzwischen mehr als vier Tage her. Die Konklaven mit
den Cadianern kosteten ungeheuer viel Zeit, da die Word Bearers sich eingehend
mit den Schriften dieser Menschen befassten und über die Verbindungen ihres
Glaubens zur Alten Art auf Colchis diskutierten. Lorgar und die Ordenspriester erledigten
den größten Anteil an diesen diplomatischen und Forschungsanstrengungen,
während Argel Tals Zeit oftmals durch Stammesführer in Anspruch genommen wurde,
die um seine Aufmerksamkeit für ihre Anliegen baten.
»Ich muss gestehen«, äußerte
sich Vendatha plötzlich, »ich hatte gehofft, die Legion würde um diese ...
diese Albernheit heute Abend einen Bogen machen.«
»Der Primarch hat unsere
Anwesenheit befohlen«, antwortete Xaphen. »Also werden wir anwesend sein.« Als
die drei Krieger auf weiteren in den Stein gehauenen Stufen nach unten gingen,
wurde das Geräusch ferner Trommeln lauter und lauter.
»Sie haben sich einverstanden
erklärt, einem Ritual dieser Degenerierten beizuwohnen, ohne im Voraus zu
wissen, welchem Zweck es dienen soll.«
»Ich weiß, welchem Zweck es
dienen soll.« Xaphen deutete auf die Wände zu beiden Seiten. »Es steht hier überall
geschrieben, wer will, kann es lesen.« Ehe Vendatha darauf etwas entgegnen
konnte, fügte der Ordenspriester etwas hinzu, das Argel Tal bis dahin noch
nicht gehört hatte. »Die Cadianer haben versprochen, uns heute Nacht eine
Antwort zu liefern.«
»Eine Antwort auf welche
Frage?«, hakten der Custodes und der Captain gleichzeitig nach.
»Auf die Frage, was im Sturm
den Namen des Primarchen geschrien hat.«
Argel Tal ballte die Faust,
aber die Geste war nur von geringem Zorn geprägt. Er schien sich damit zu
begnügen, das Spiel von Muskeln und Fingerknochen in ihrer biologischen Einheit
zu beobachten.
»Deumos«, sagte er schließlich.
»Es war nicht leicht, ihn sterben zu sehen.« Der Primarch hielt inne, das
Geräusch des auf Pergament kratzenden Federkiels verstummte. »Trauern Sie um
ihn?«
»Eine Zeit lang, ja. Aber für
mich ist er seit über einem halben Jahr tot. Was ich seitdem zu sehen bekam,
hat alle vorangegangenen Offenbarungen trivial werden lassen.«
»Sie knurren wieder.«
Argel Tal bestätigte das mit
einem Brummlaut, aber da er kein Verlangen verspürte, darauf einzugehen, sagte er
stattdessen: »Die Segnung.«
Der Captain war überrascht, als
er zum ersten Mal die zentrale Höhle betrat, was aber nicht ganz dasselbe war, als
wäre er beeindruckt gewesen.
Sie war von beachtlicher Größe,
und angesichts der Tatsache, dass sich die Technologie der Cadianer irgendwo
auf dem Niveau der lange vergessenen Steinzeit auf
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