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Dhalgren

Dhalgren

Titel: Dhalgren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samuel R Delany
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paar Schaltpläne durch, aber er legt sie säuberlich wieder an ihren Platz. Das ist alles. Jeden Tag. Sonst ist niemand da. Glauben Sie, daß dort die Fenster zerbrochen sind? Glauben sie, daß er manchmal an einem Lichtschalter dreht, und eine dieser langen fluoreszierenden Röhren, an beiden Seiten etwas orange, flackert auf? Irgendwie ist es wunderbar, Ingenieur zu sein. Man geht einfach daher und löst Probleme. Sie machen Dinge mit den Händen und mit dem Kopf. Sie haben ein Problem, an dem Sie arbeiten, und wenn Sie fertig sind . . . ja, dann haben Sie ein richtiges, greifbares Ergebnis in der Hand. Wie ein Farmer, der erntet. Man sieht, was man tut. Sie drücken nicht einfach wieder und wieder einen Knopf oder stopfen Stapel von Akten in entsprechende Kästen. Ingenieure sind sehr klug. Wie Bauern. Sie können aber auch sehr begriffsstutzig und dickköpfig sein. Oh, ich weiß nicht, was da draußen ist, warum er jeden Tag dorthin geht. Er redet nicht darüber. Früher tat er das. Jetzt nicht mehr. Ich weiß nicht, wo er jeden Morgen hingeht. Wenn er den ganzen Tag auf der Straße herumlaufen würde, wüßte ich es. Das ist es nicht. Aber, was immer er auch tut, es ist nicht gut für ihn. Er ist ein guter Mann. Er ist mehr als das, er ist ein intelligenter Mann. Wußten Sie, daß man ihn direkt aus der Abschlußklasse des Colleges heraus engagiert hat? Oh, vor ein paar Jahren passierte so was häufig. Aber als wir zur Schule gingen, war das sehr ungewöhnlich. Er braucht - etwas - ich wäre eine dumme Pute, wenn ich sagen würde, etwas, was seiner wert ist. Aber genau das meine ich. Ich habe nie verstanden, was da draußen vorgeht.« Sie blickte wieder durch die Balkontür. »Ich habe das gewußt, ich habe das immer gewußt, daß es nicht das richtige für ihn ist, was immer es auch sein mochte, es machte ihn nicht - glücklich. Oh, ich habe vor langer, langer Zeit gelernt, nicht danach zu suchen. Aber wonach sucht man? Kompetenz? Zufriedenheit? Oh, nein, oh, nein, nicht in einem großen leeren Bürogebäude, wo das Licht nicht geht, wo die Fensterscheiben zerbrochen sind und wo keine Leute sind.«
    »Möglicherweise waren doch mal Leute da«, sagte Kidd unbehaglich. »Vielleicht eine Art Grundstock an Personal. Madame Brown und ich haben darüber geredet. Er ist wahrscheinlich im - Verwaltungsbüro.«
    »Ah!« Die Hände fielen auf dem Schoß zusammen. »Ja.« Sie lehnte sich zurück. »Ich sage nur, wie ich es empfinde. Ich allein. Wenn der Rauch dünner wird, kann ich zum anderen Haus hinübersehen. So viele Scheiben sind zerbrochen. Vielleicht haben die Repararurleute in Arthurs Büro schon begonnen, neue einzusetzen. Diese Abteilung ist in Büros immer am besten. Nun, es geht da um Geld. Ich frage mich nur, wann wir hier wieder zum Normalzustand zurückkehren. Ein gewisser Minimalstandard muß doch aufrechterhalten bleiben. Sie sollten jemanden herumschicken, nur um mitzuteilen, wie die Lage ist. Nichts zu wissen, das ist das Schlimmste. Wenn wir doch nur in etwa wüßten, wie die Pläne sind, die Schäden zu reparieren, die öffentlichen Dienste wieder funktionstüchtig zu machen, Licht und so weiter, oder wann wir damit rechnen können, daß sie anfangen . . .« Sie blickte etwas verärgert.
    »Vielleicht schicken sie«, schlug er vor, »jemanden vorbei.«
    »Glauben Sie? Wir hatten schon mal mit ihnen Ärger. Wir hatten einen großen Riß in der Decke in Junes Zimmer. Es war nicht unsere Schuld. Obendrüber tropfte etwas. Es dauerte drei Monate, bis sie jemanden vorbeischickten. Aber meinen Brief haben sie sofort beantwortet. Und in der Zwischenzeit muß ich mich einfach so durchwursteln. Und jeden Morgen schicke ich Arthur hinaus, da hinein.« Sie nickte. »Das ist das Verbrechen. Natürlich könnte ich ihn nicht zurückhalten, er würde nicht hierbleiben. Ich könnte ihm erzählen, wie gefährlich es meiner Meinung nach draußen sei und all' die schrecklichen Dinge, die ich vorausahne, und er - ich wünschte, er würde lachen! Tut er aber nicht. Er sieht finster aus. Und geht. Er geht jeden morgen fort, verschwindet einfach. Die Vierundvierzigste hinunter. Alles, was ich für ihn tun kann, ist, ihm ein gemütliches Heim zu bereiten, wo ihn nichts verletzen kann, wenigstens hier, ein glückliches, sicheres und -«
    Er dachte, sie habe hinter ihm etwas gesehen und wollte sich umdrehen. Aber ihr Gesichtsausdruck verriet Heftigeres als nur Wiedererkennen.
    Sie beugte den Kopf. »Ich glaube, das ist mir

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