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Dhalgren

Dhalgren

Titel: Dhalgren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samuel R Delany
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bewegte, war einen Moment lang sicher, sie würde ihm ein Auf-Wiedersehen zurufen. Ihr Tennisschuh grub sich in den Boden.
    Am unteren Teil des Beines war ein Kratzer.
    Er runzelte die Stirn.
    Sie sagte: »Das war Alptraum. Weißt du Bescheid über die Skorpione?« »Tak hat mir einiges erzählt.«
    »Es ist erstaunlich, wie man mit solchen Leuten klarkommt, wenn man einfach nett zu ihnen ist. Klar, ihre Art, auch nett zu sein, ist ein bißchen merkwürdig. Sie hatten sich freiwillig zur Verfügung gestellt, für uns Leute zu verprügeln. Sie wollen immer wieder von John, daß er Leute für sie findet, die sie in die Mangel nehmen können - jemand, der uns auf die Nerven fällt natürlich. Es gab nur niemanden.« Sie zog die Schultern hoch.
    »Aber manchmal«, bot er aus einem verunglückten Lächeln heraus an, »manchmal habt ihr aber doch Ärger mit ihnen, oder?«
    »Manchmal.« Ihr Lächeln war perfekt. »Ich wünschte nur, John wäre hiergewesen. John kann es gut mit ihnen. Ich glaube, Alptraum hat ein bißchen Angst vor John, weißt du. Wir tun eine Menge für sie. Teilen unser Essen mit ihnen. Ich glaube, sie bekommen eine ganze Menge von uns. Wenn sie nur ihre Bedürfnisse erkennen, könnte man ihnen viel besser helfen.«
    Die Harmonika war verstummt, das barbusige Mädchen von der Decke verschwunden.
    »Wo hast du diesen Kratzer her?«
    »Ein Unfall. Mit John.« Sie zuckte die Achseln. »Von einem dieser Dinger, übrigens.« Sie nickte in Richtung auf die Orchidee. »Es ist nicht wichtig.«
    Er beugte sich darüber und berührte ihn, sah sie an: Sie hatte sich nicht bewegt. So legte er seinen Zeigefinger auf ihr Schienbein und bewegte ihn. Die Narbenlinie lief wie eine Raspel unter seinem tauben Finger entlang.
    Sie runzelte die Stirn. »Es ist wirklich nichts.« In schweres Rot eingerahmt: ein sanftes Runzeln. »Was ist das?« Sie deutete mit dem Finger. »Um dein Handgelenk.«
    Der Ärmel hatte sich, als er sich vornüberbeugte, hochgeschoben. Er zuckte die Schultern hoch. Die Verwirrung war so, als kämpfe er, richtig in seine Haut schlüpfen zu können. »Habe ich gefunden.« Er fragte sich, ob sie das Fragezeichen hinter diesem Satz verstanden hatte, das klein war wie ein Punkt.
    Die Bewegung ihrer Augenbrauen verriet, daß sie hatte: Es amüsierte ihn. Das geschliffene Glas glitzerte über seinem knochigen Handgelenk.
    »Wo hast du es her? Ich habe schon ein paar Leute mit - so einer Kette gesehen.«
    Er nickte. »Ich habe es einfach gefunden.«
    »Wo?« Ihr Lächeln war ein sanftes Drängen.
    »Wo hast du dir den Kratzer geholt?«
    Immer noch lächelnd sah sie ihn verwirrt an.
    Er hatte es erwartet. Und dem mißtraute er. »Ich . . .« und der Gedanke löste eine ganze Kette in seinem Innern aus, »will mehr über dich wissen!« Plötzlich und überraschend war er glücklich. »Bist du schon lange hier? Wo kommst du her? Mildred? Mildred wie weiter? Warum bist du hergekommen? Wie lange bleibst du? Magst du japanisches Essen? Gedichte?« Er lachte. »Stille? Wasser? Jemanden, der deinen Namen sagt?«
    »Um . . .«Er sah, daß ihr das unheimlich gut gefiel. »Mildred Fabian. Und man nennt mich wirklich Milly, wie Tak das tut. John glaubt nur, daß er formell sein muß, wenn neue Leute kommen. Ich war hier auf der Staatsuniversität. Aber ich komme aus Ohio . . . Euclid, Ohio?«
    Er nickte wieder.
    »Aber die Staatsuni hat eine so verdammt gute WiSo-Fakultät. Hatte zumindest. So bin ich hergekommen. Und . . .« Sie senkte die Augen (braun, bemerkte er im Bruchteil einer Sekunde, als er ihre gesenkten, kornfarbenen Wimpern betrachtete - braun mit kupferfarbenem Hintergrund, kupfern wie ihr Haar) ». . . ich blieb.«
    »Du warst hier, als es passierte?«
    ». . . ja.« Er hörte ein Fragezeichen, größer als in jedem Setzkasten.
    »Was . . .« und als er sagte ». . . passierte?« wollte er keine Antwort.
    Ihre Augen wurden größer, senkten sich wieder; ihre Schultern fielen herab; der Rücken krümmte sich. Sie griff nach seiner Hand in ihrem Käfig, die zwischen ihnen auf der Bank lag.
    Als sie mit zwei Fingern eine der glänzenden Klingen berührte, merkte er, wie angespannt seine Hand in der Rüstung war.
    »Ist . . . ich habe immer . . . nun, könntest du . . .«Sie zog es zur Seite (er fühlte den Druck am Handgelenk und spannte die Hand an), ließ es wieder los: Gedämpftes Dmmmmmm. »Oh.«
    Er war verwirrt.
    »Ich hatte überlegt«, erklärte sie, »ob es klingt. Wie ein Instrument. Die Klingen

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