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Dhalgren

Dhalgren

Titel: Dhalgren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samuel R Delany
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Mal herauskamen, und später, als wir darüber geredet haben, da hast du so getan, als sei nur einer dagewesen und daß ich Halluzinationen gehabt hätte. Genauso nimmst du mich jetzt auf den Arm?«
    »Nein!« Sie schüttelte den Kopf, brach mittendrin ab. »Oh, nein . . .«
    Seine Wangen fühlten sich wie Nadelkissen an. »Kid, was ist passiert, seit wir uns das letzte Mal gesehen haben?«
    »Wir wurden wach, als diese Hundesöhne um uns herumstanden, stimmt's?« Sie nickte.
    »Dann bist du fortgegangen, und ich . . . ich hab noch ein bißchen da herumgehangen und bin dann zum Klo, um mich zu waschen . . . Ich glaube, das hat ziemlich lange gedauert. Ich hätte mich beeilen sollen . . . Aber da war dieser Typ, Pepper, ein Skorpion.« Das Prickeln verschwand aus den Füßen. Er fühlte sich an, als hätte man ihn mit kaltem Wasser vollgegossen. Es stieg hinter den Knien hoch. »Pepper und ich gingen hinunter zum Lagerplatz. Nur war der verlassen.«
    »John und Milly sind aber erst am nächsten Tag, nachdem ich dich zuletzt gesehen habe, umgezogen. Sie dachten, es sei sicherer.«
    »Dann sind wir zu Teddy's, um dich zu suchen. Es war aber noch nicht geöffnet. Ich habe mit Bunny eine Menge Wein getrunken - du weißt, das ist der Typ, der dort tanzt. Ich habe ihm eine Nachricht für dich gegeben.«
    Sie nickte. »Ja, er hat sie mir übermittelt . . . vorgestern.«
    »Nein«, sagte er. »Weil ich sie ihm erst heute morgen gegeben habe.« Das Wasser erreichte seine Lenden, ergoß sich in seine Hoden. Die Hoden schrumpften. »Dann bin ich hinausgegangen und bei diesem Warenhaus in der Stadtmitte gelandet. Da habe ich die anderen Typen getroffen, und wir sind da eingebrochen. Da wohnten aber Leute drin. Wir sind wieder rausgekommen. Aber einen der Typen haben sie angeschossen. Wir konnten ihn gerade noch herausbekommen mit diesem verdammten Bus, der zufällig da vorbeikam!«
    »Das war vor zwei Abenden, Kid! Ein paar Skorpione kamen in die Bar und wollten wissen, ob irgend jemand einen Arzt besorgen kann. Madame Brown ist mit ihnen gegangen, aber sie kam nach zehn Minuten zurück. Jeder hat gestern darüber geredet.«
    »Er hat auf dem Boden im Bus gelegen und geblutet und gestöhnt!« Wasser rauschte in Kids Brust, füllte seinen Hals, sprudelte in seinen Kopf. »Ich bin vom Bus weg und kam« - er schnappte nach Luft und dachte einen Moment lang, er würde ertrinken -, »bin hierhergekommen.« Das Wasser erreichte die Augen (und die Birne der Arbeitslampe verwandelte sich in leuchtende Stricknadeln); er wischte es weg, bevor mehr davon über sein Gesicht rollen konnte, jetzt nicht mehr kalt, sondern heiß.
    Er rieb sich die Augen mit einer Hand.
    Irgend etwas verbrannte die Knöchel der anderen. Kaffee war umgestürzt.
    Er hob die Tasse und saugte die bittere Flüssigkeit von der Haut.
    »Oh, gib das her!« Sie nahm ihm die Tasse fort und stellte sie zusammen mit ihrer auf die Armlehne. »Ich mache keinen Spaß!«
    Seine Hand hing verloren, ohne etwas, an was er sich halten konnte, wie abgerissen herab und war immer noch dreckverschmiert.
    Lanya nahm sie, preßte die Knöchel an ihren Mund. »Ich nehme dich wirklich nicht auf den Arm. An dem Morgen im Park, als Alptraum uns geweckt hat, das war vor fünf Tagen. Und ich habe dich seitdem nicht gesehen.«
    Als sie ihn berührte, fand er sich nachdenklich und ruhig und versuchte herauszufinden, ob die unterseeische Stille, die ihn erfüllte, Wut oder Erleichterung verdeckte.
    »Sieh mal, du hast gesagt, Mr. Newboy war mit den Fahnen hier. Man kann doch kein ganzes Buch über Nacht setzen lassen, oder?«
    »Oh.«
    »Als wir gestern abend in der Bar über dich geredet haben, kam er auch vorbei und hatte sie bei sich.«
    »Über mich geredet?« Er wollte seine Hand wegziehen, es war ihm aber peinlich.
    »Über dich und die Skorpione. Sie haben gesagt, daß du jemandem das Leben gerettet hast.«
    »Huh?«
    Sie nahm auch seine andere Hand. Die vertraute Geste ließ ihn sich weniger unwohl fühlen.
    Die Verletztheit in ihren zarten Zügen und seinen schufen plötzlich etwas Häßliches zwischen ihnen. Er hob die Hände und zog sie an sich, um es fortzudrücken. Sie fiel mit über dem Bauch gekreuzten Armen gegen ihn, und über ihrer Brust war etwas Hartes - die Harmonika. Ihr Kopf fuhr an seine Brust. »Oh, um Himmels willen«, flüsterte sie.
    »Ich nehme dich auch nicht auf den Arm!« Er hörte sich, dachte er, lange nicht so verzweifelt an, wie er meinte. »Ich habe dich heute

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