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Dhalgren

Dhalgren

Titel: Dhalgren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samuel R Delany
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oder zweimal, um zu sehen, wie es schmeckt.«
    »Ich mache es immer«, sagte Denny entschlossen. »Woher hast du das gewußt?«
    »Ich kenne andere Leute, die das tun und . . . ich weiß nicht.«
    »Oh.«
    »Kommt sie wieder?« fragte Kid. Denny zuckte die Achseln.
    »Oh«, sagte Kid und fand, daß er das ziemlich oft sagte. Daher schloß er die Augen.
    Er lauschte auf die Leute im Haus und dachte, es sei später Vormittag. Etwas - Dennys Ellenbogen - stieß ihn an den Kopf, und er merkte, daß er nach erneutem Eindösen aufwachte.
    Er öffnete die Augen und setzte sich auf. Denny lag zusammengerollt und von ihm abgewandt da. Kid atmete tief, sein Kopf war schwer von den Ablagerungen von Wohlgefühl. Er rieb sich die Schulter, und es kitzelte, stoppte an der Kette, die sich durch das Brusthaar zog. Sie hielt immer noch: Seit langer, langer Zeit, einem Erwachen, Schlaf und erneutem Erwachen. Er erinnerte sich an den blonden Mexikaner, der ihn auf der Straße überrascht hatte. Kid runzelte die Stirn und begann, seine Sachen zusammenzusuchen.
    Zunächst einmal mußte er ins Badezimmer. Er hatte leichte Kopfschmerzen, und auf der Zunge um Gaumen und Zähne herum lag ein Geschmack von unaromatisierter Gelatine, wie eine feste Substanz. Er suchte seine Hose, hielt inne und legte die Hand auf Dennys Gesäß. Ein Gesicht, in das die Geburtslinien scharfgeschnitten eingegraben waren. Wangen, dachte er, vor Erstaunen eingezogen. Wenn du herumhängst, werde ich es aufreißen. Denny rieb sich die Nase und war vielleicht wach, bewegte sich aber nicht.
    Kid zog seine Hose an und warf Weste und den Stiefel über den Rand des Hochbetts. Die Leute in Schlafsäcken waren immer noch da. Als er sich nach vorn beugte, um die Weste anzuziehen, merkte er, daß seine Seiten wund waren. Er lehnte sich an den Türpfosten, um sich den Stiefel anzuziehen und wünschte sich zum ersten Mal, er hätte auch den zweiten. (Eine Vision, wie seine Hände Dreckklumpen zerbröselten, die auf Wasser fielen.) Er ging in den Flur.
    Die bräunliche Jalousie und die Wärme auf Dennys Hochbett hatten fälschlicherweise Sommergefühl vermittelt.
    Hinter einer schmutzigen Fensterscheibe hoch oben im Flur zeigte sich ein stürmischer Himmel. Die Badezimmertür öffnete sich: Heraus kam aber nicht Dreizehns Freundin, sondern Dreizehn selber. Sein langes Haar war zerwühlt vom Schlaf. »Hey, ich wußte nicht, daß du hier herumhängst.« Dreizehn nickte schwerfällig. Seine Stimme war vor Müdigkeit rauh. »Hab' dich ein paar Tage nicht gesehen.« Kid ging ins Badezimmer, und während er urinierte, war er damit beschäftigt, nicht darüber nachzudenken, wann er Dreizehn zum letzten Mal gesehen hatte. Er bohrte die Faust gegen die wunde Seite und überlegte: Wahrscheinlich ist es nicht möglich, sich zu Tode zu bumsen. Er schob die Zunge zu den bitteren Stellen in seinem Mund und blickte mit zusammengekniffenen Augen aus dem Fenster: Stürmisch?
    Unglaubliche Spannungen in der trockenen Luft, in der er sich bewegte, kitzelten und/oder durchfuhren alle Löcher. Er wartete auf irgendeinen leuchtenden Abgrund. Sein Wasser spritzte auf und verebbte. Er massierte seine taubes Genital, nicht aus Lust, sondern um ein Gefühl zurückzurufen. Seine Knöchel wurden feucht, und er blickte hinab und fragte sich, ob es Urin oder letztes Sperma war. Lust kann ein ganz schön ekelhaftes Geschäft sein, dachte er und knöpfte die Hose zu.
    Im Flur blieb er stehen und leckte seine salzigen Finger ab, bis er merkte, was er da schmeckte. Er fragte sich, warum er das tat und dachte an Denny. Er grinste: Ein Psychiater hatte ihn einmal eine verrücktmachende Kombination aus Labilität und Eigenwilligkeit genannt.
    Dann kam sie in den Flur und ging zur Tür, ohne ihn zu sehen. Er nahm die Finger aus dem Mund, erkannte das lockige Haar und versuchte, sich unter dem blauen Sweatshirt, das sie nun trug, ihre runden Schultern vorzustellen.
    Sie ging die Treppe hinab.
    Neugierig ging er zur Tür. Wenn sie sich umdreht, dachte er, werden ihre Augen rot sein, hey?
    Sie blieb bei dem Auto stehen, fummelte mit dem Finger unter dem gebogenen Rahmen und blickte abwesend die Straße hinunter. Dann sah sie sich um.
    Der kleine Schauder war nur Vorausahnung gewesen.
    Überrascht zwinkerten braune Augen ihn an, in einem Gesicht, das wütend sein konnte.
    »Hey«, sagte er und lächelte sie von der obersten Treppenstufe an, doch es wurde schwerer und schwerer angesichts ihres erstaunten Blicks.

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