Dhalgren

ab, schüttete die Finger und saugte an den Knöcheln.
    Alptraum rülpste, nahm einen Schluck und rülpste noch einmal.
    Copperhead blinzelte, rieb mit dem sommersprossigen Handgelenk seinen Bart und zog den Kopf noch tiefer zwischen die Schultern.
    Kid umfaßte seine Tasse. Seine Handflächen wurden unangenehm heiß. »Hey, Copperhead?« Er bog die Fingerkuppen um brennendes Porzellan herum. »Hey, Copperhead, warum sind sie wohl so wild darauf, daß wir aufeinander losgehen?«
    Auf dem Sofa schimmerte der Rotschopf.
    »Ich bin Halbindianer«, sagte Kid. »Und du bist so . . . was? Halbnigger?« Er blickte zu Drachenlady, die zwischen ihnen hin- und hersah, schwarze Augen funkelten in ihrem Gesicht, als hielte sie einen Dolch. Alptraums Haut war trotz all der Muskeln durchsichtig weiß. Er spähte über den Rand der Tasse und sah überrascht aus.
    »Ich denke mir, sie stellen sich das leicht vor, oder?«
    Copperheads Röte wandelte sich in Verwirrung. Dann brach er plötzlich in Lachen aus.
    »Yeah«, sagte Copperhead. »Yeah, nur - « Er deutete mit dem Daumen auf Alptraum und Drachenlady. »Leicht. Klar! Nur: ein Halbindianer ist ein Halbblut oder so, stimmt's? Aber ein halber Schwarzer ist überall in diesem Teil der Welt einfach ein richtiger Nigger.« Dieses Lachen war ein Bellen, das seinen Kopf zurückwarf. Doch die angestaute Wut im Raum löste sich in Verachtung.
    Drachenladys Lachen erstickte in Kaffee, der unterhalb ihrer gesenkten Augen laut aufplatschte.
    »Copperhead und ich« - Kid streckte ruckartig den Arm aus, um das Gleichgewicht zu halten, und schwang sich zum Stehen - »wir sind auf der gleichen Seite, stimmt's?« Er trat über einen Schlafenden. »Wenn wir schlau sind. Mit all diesen Bastarden um uns herum.«
    »Mann, jetzt hat er dich drauf, weißer Junge«, sagte Drachenlady zu Alptraum und kicherte.
    »Ach, halt den Rand«, gab Alptraum zurück.
    »Er hat euch beide drauf«, sagte Copperhead. »Jesus -« Er versuchte, die Hand unter das Mädchen auf dem Sofa zu schieben und zog seine Weste heraus.
    Kid wollte Denny ansehen, doch durch die andere Tür kam Dennys Mädchen herein.
    Sie sah sehr überrascht aus.
    Kid ging quer durch das Zimmer. Er sah, wie sich Copperhead die Weste überzog und ihn beobachtete. Drachenlady und Alptraum taten das gleiche, jeder mit einem anderen Lächeln.
    »Möchtest du einen Kaffee?« fragte Kid.
    Das Mädchen schnappte die zugeworfene Tasse auf und sah noch überraschter aus. Er schob sich durch die Tür an ihr vorbei.
    Spülstein und Schränke waren mit Geschirr überladen. Auf dem Tisch häufte sich Müll. Ein Mülleimer unter dem Tisch war zerbrochen.
    Draußen vor der Drahtgittertür rollte und wälzte sich der Himmel wie ein angekettetes Tier.
    Kid blieb auf dem schmutzigen Linoleum stehen und hob die Hände vors Gesicht -
    Er hatte die Klingen vergessen.
    Er preßte den Ballen der anderen Hand gegen ein Auge. Sauberes Metall und schmutzige Haut - er brachte die bewaffnete Hand näher an sein Gesicht, bis Metall seine Wange kitzelte.
    Hinter Metall und Haut und Drahtgitter und hölzernen Dächern auf der anderen Straßenseite zerrann der Himmel, schlug Blasen und jagte sich selber.
    Ich werde, dachte er, dieses Spiel noch eine Stunde spielen. Noch eine Stunde. Dann gehe ich woanders hin. Ich bin müde. Das ist nicht schwierig. Ich bin einfach müde.
    Er wühlte sich in dem einen Auge herum, bis kleine Pünktchen auf Klingen, Hand und Himmel erschienen.
    Nebenan lachten sie.
    Was will ich hier?
    Der Junge? dachte er nur, um es zu denken. Ich mag ihn immer noch, oder? Er fängt schon an, mich zu langweilen (Dachte: All das garantiert mir, daß er mich mag.)
    Lanya, dachte Kid wütend, ist weg. Warum? Weil ich unmöglich bin. Und merkte erstaunt, daß sie es war, die er wollte.
    Doppeltes Lachen trennte sich in ein männliches und ein weibliches. Als sie Hand in Hand um ihn herumgingen, sah sie schnell weg. Denny nicht.
    Kid spürte, wie sich sein Gesicht veränderte, wie, wußte er aber nicht. Doch Denny blieb daraufhin stehen.
    »Geh hier raus«, sagte Denny zu dem Mädchen.
    Sie blickte zwischen ihnen hin und her, war verwirrt und - neugierig? Dann flüchtete sie sich zurück ins Wohnzimmer.
    Nach einer Sekunde sagte Kid: »Deine Freundin mag mich nicht sonderlich?«
    Dennys Schultern zuckten in kleinen heftigen Bewegungen. »Du warst doch sehr nett zu ihr.«
    »Teufel.« Vielleicht dachte Kid, soll ich ihm sagen, er soll weggehen, wie er es ihr gesagt