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Dhalgren

Dhalgren

Titel: Dhalgren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samuel R Delany
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Hölle, ich geh' wieder zurück und leg mich noch ein oder zwei Stündchen aufs Ohr, denn es war überhaupt kein Verkehr. Als ich dann zurückkam, war da dieser verdammte Hund, der die ganze Zeit unter der Veranda geschlafen hatte, als ich schnarchend oben drüber lag. Jetzt war er wach. Und fing an zu bellen. Dann hetzte er mich die Straße hinunter. Ich rannte. Er rannte. Meine Sandale riß und flog irgendwie in den Graben - ich habe es kaum gemerkt. Als ich so rannte, tauchte dieses alte blaue Auto auf - 'ne dicke alte Dame saß drin, mit ihrem dürren Mann und dem Rücksitz voller Kinder. Ich sprang aus dem Regen hinein, und wir fuhren fast bis zur Grenze, nach Louisiana. Sie waren alle unterwegs, um einen Tag bei einem weiteren Kind zu verbringen, das irgendwo da bei der Armee stationiert war.« Er trat von der Schwelle. »Haben mir auch ein gutes Frühstück bezahlt.« Die Tür hinter ihm glitt quietschend zu. »Aber ich glaube, da war es das erste Mal, daß ich mich nicht an meinen Namen erinnern konnte. Sie hat mich danach gefragt, und ich konnte es ihr nicht sagen . . . Aber ich glaube, ich habe ihn schon eine lange, lange Zeit nicht gewußt. Es ist einfach etwas, über das ich schon lange nicht mehr nachgedacht habe.« Jetzt hatte er sich fast an das Licht gewöhnt. »Ich meine, du läufst nicht so herum und denkst an dich mit deinem Namen, oder? Niemand tut das - außer, es ruft dich jemand, oder fragt dich danach. Ich bin schon eine ganze Weile nicht unter Leuten gewesen, die mich kannten. Es ist einfach etwas, an das ich lange Zeit nicht gedacht habe, und irgendwie ... ist er mir entfallen.« Er blickte wieder auf seine Fußspitzen, beide verdreckt, einer gestreift, der andere nicht. »Es stört mich nicht. Daß eine Sandale fehlt, meine ich. Ich gehe oft barfuß.« »Wie ein Hippie?«
    Er zuckte die Achseln. »Yeah, wenn ich in einer Hippie-Stadt bin.« Wieder sah er zum nebligen Horizont. »Du schläfst hier oben?«
    »Komm.« Tak drehte sich um. Ein Windstoß blähte das Vorderteil seiner Jacke vom Bauch, drückte das andere dagegen vom Hals bis zur Hüfte. »Das ist meine Wohnung.«
    Es war wahrscheinlich eine Art Schuppen gewesen, den man aufs Dach gebaut hatte, um Gerätschaften dort unterzubringen. Bambusvorhänge hingen hinter erst kürzlich neu verkitteten Fensterscheiben. Die Tür - Teerpappe, die an einer Stelle von grauer Kiefer abgerissen war - stand offen.
    Sie gingen um ein Dachfenster herum. Tak schlug mit dem Handballen gegen die Tür. (Als ob er jemanden überraschen wollte. . .?) Die Tür ging nach innen auf. Tak ging hinein: Klick. Lichter gingen an. »Komm, fühl dich wie zu Hause.«
    Er folgte dem Ingenieur über die Schwelle. »Hey, das ist aber hübsch!«
    Tak beugte sich über einen knisternden Kerosin-Heizofen und spähte hinein. »Es ist bequem . . . ich wußte doch, daß ich nicht rausgegangen bin und habe das Ding hier angelassen. Eines Tages komme ich heim, und alles ist nur noch ein Haufen Asche - klar, in Bellona passiert das sowieso, ob ich es nun anlasse oder ausdrehe.« Er kam wieder hoch und schüttelte den Kopf. »Morgens ist hier ein bißchen kalt. Ich kann ihn auch anlassen.«
    »Jesus, hast du viele Bücher!«
    Regale voll mit Taschenbüchern füllten die Rückwand vom Boden bis zur Decke. Und: »Ist das ein Kurzwellensender?«
    »Teile. Der Rest ist nebenan. Ich könnte nur im Bett sitzen und  
    überall hin CPen - wenn ich nur etwas anderes als Störgeräusche bekäme. Die Störungen hier sind furchtbar. Vielleicht ist aber auch mit dem Apparat etwas nicht in Ordnung. Ich habe meine eigene Stromversorgung, ein paar Batterien dahinten. Und ein Ladeaggregat.« Er ging zum Tisch in der Ecke, zerrte seine Jacke vom Rücken, der wie ein Goldteppich war, und hängte sie an einen Wandhaken. (Die Mütze behielt er auf.) Sein Unterarm trug über dem goldenen Schimmer einen tätowierten Drachen, sein Bizeps ein Marinezeichen. Auf einer Schulter war ein Hakenkreuz eintätowiert und nicht besonders sorgfältig wieder entfernt worden. »Setz dich.« Tak zog einen Klappstuhl unter dem Tisch vor, drehte ihn herum und setzte sich. Bei gespreizten Knien glitt seine Hand unter den Gürtel und ordnete da etwas, wo seine Genitalien den Stoff wölbten. »Da . . . aufs Bett.«
    Auf dem Holzboden lag ein undefinierbares Fell. Ein indisches Tuch lag über etwas, was er für eine Liege hielt. Als er sich daraufsetzte, merkte er, daß es nur eine sehr dünne Matratze auf einem

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