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Dhalgren

Dhalgren

Titel: Dhalgren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samuel R Delany
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und Ehrlichkeit von Taks Amateurtherapie brachten ihn zum Kichern. »So nicht.«
    »Weißt du irgendwie, wie es passiert ist? Ich meine, warum du - Depressionen bekamst? Und warum du zuerst ins Krankenhaus gekommen bist?«
    »Klar. Als ich aus der High-School kam. In der Provinz. Ich mußte ein Jahr arbeiten, bevor ich aufs College kam. Meine Eltern hatten kein Geld. Meine Mutter war hundertprozent Che-rokeesin . . . und hätte für mein Leben gern den Kindern da im Park gesagt, wie man heutzutage mit Indianern umgeht. Sie starb, als ich vierzehn war. Ich hab' mich bei der Columbia beworben, in New York City. Ich mußte zu einem Interview hin. Ich hatte ganz gute Noten in der High-School, aber nicht überragend. Ich bin also in die Stadt und bekam einen Job bei einer Kunststiftung - das hat sie bei dem Gespräch mächtig beeindruckt, und sie haben dieses Sonderstipendium für mich aufgetan. Am Ende des ersten Trimesters hatte ich überall B und ein D - in Linguistik. Aber am Ende des zweiten Trimesters wußte ich nicht, was im nächsten Jahr sein würde. Ich meine mit Geld. Ich konnte auf Columbia nichts tun, außer zur Schule gehen. Sie bieten eine ganze Menge außerhalb der Lehrpläne an, aber das kostet. Wenn das D ein A gewesen wäre, hätte ich vielleicht ein neues Stipendium bekommen. War aber nicht. Und wie ich gesagt habe, ich hab' richtig viel getrunken. Du glaubst nicht, daß ein Neunzehnjähriger so viel trinken kann. Mit weniger Trinken hätte ich alles geschafft. Kurz vor den Prüfungen hatte ich einen Zusammenbruch. Ich ging nicht mehr raus. Hatte Angst, Leute zu treffen. Ein paarmal habe ich mich beinahe umgebracht. Ich meine nicht Selbstmord. Einfach so, durch Dummheit. Aufs Fensterbrett geklettert, als ich richtig betrunken war. Und einmal habe ich ein Radio ins Abwaschwasser geworfen. So was.« Er atmete ein. »Es ist lange her. Nichts davon bringt mich heute noch hoch, ehrlich.« »Bist du katholisch?«
    »Nöh. Paps war ein kleiner, fickeriger, blauäugiger, georgia-nischer Methodist« - auch die Frische dieser Erinnerung überraschte ihn - »wenn er überhaupt irgendwas war. Wir haben nie weit genug im Süden gelebt. Er war die meiste Zeit, als ich klein war, bei der Luftwaffe. Dann hat er ungefähr ein Jahr lang Privatflugzeuge geflogen. Danach hat er nicht mehr viel getan. Aber das war, nachdem Mom gestorben war . . .«
    »Komisch.« Tak schüttelte selbstanklägerisch den Kopf. »Die Art, wie man annimmt, alle kleinen dunkelhäutigen Brüder seien katholisch. Bin selber als Lutheraner erzogen. Was hast du nach dem Krankenhaus gemacht?«
    »Hab' eine Zeitlang in der Provinz gearbeitet. ABR-Abteilung für berufliche Rehabilitation - sollte mir helfen, zurück zur Schule zu gehen, sobald ich aus Hillside wegkönnte. Aber ich wollte nicht. Bin mit einem Freund auf einen Ausflug, und wir landeten für den Rest des Jahres beim Holzfällen in Oregon. In Oakland habe ich als Handlanger in einem Theater gearbeitet. Habe ich dir nicht davon erzählt . . . Nein, das war das Mädchen im Park. Ich bin viel herumgereist, hab' auf Schiffen gearbeitet. Schule habe ich noch ein paar Mal probiert, nur so für mich - einmal, in Kansas ein Jahr lang, als ich einen Job als Aufseher in einem Studentenwohnheim hatte. Dann noch mal in Delaware.«
    »Wie weit bist du gekommen?«
    »Im ersten Trimester gut, überall. Hab das zweite sausen lassen. Ich hatte aber keinen neuen Breakdown oder so. Ich habe auch nicht getrunken. Ich hatte einfach die Nase voll. Habe ich bei Jobs nicht so. Nur bei Schule. Ich arbeite. Ich reise. Ich lese viel. Dann bin ich weitergereist: Japan. Runter nach Australien-obwohl, das war nicht so gut. Proviantboote bei Mexico und Mittelamerika.« Er lachte. »Siehst du, ich bin nicht irre. Nicht richtig jedenfalls. Ich bin schon lange nicht mehr richtig irre gewesen.«
    »Du bist aber hier, oder?« Taks germanisches Gesicht (mit der komischen negroiden Nase) spottete sanft. »Und du weißt nicht, wo du bist.«
    »Yeah, aber das ist nur, weil ich mich nicht an meinen . . .«
    »Daheim, daheim.« Tak bog in einen Eingang und ging die hölzernen Stufen hinauf. Kurz vor der obersten sah er sich um. »Komm.«
    An beiden Ecken war keine Laterne.
    Am Ende des Blocks lag in einem See aus Glas ein umgestürztes Auto. Davor saßen zwei Lastwagen auf räderlosen Naben -ein Ford Kleinbus Pickup und ein Taxi, General Motors -, Windschutzscheiben und Fenster waren kaputt. Auf der anderen Straßenseite über der

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