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Dhalgren

Dhalgren

Titel: Dhalgren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samuel R Delany
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hierherwollten. Er fand das sehr merkwürdig, weil zuletzt in den Zeitungen stand, daß hier die Nationalgarde stehen würde.«
    »Das hatte ich auch gehört«, meinte Kid. »Aber das war eine Weile, bevor ich kam. Ich habe keine gesehen.«
    »Wie lange sind Sie schon hier?«
    »Ich weiß es nicht. Bestimmt schon eine ganze Zeit. Aber ich kann es Ihnen wirklich nicht sagen.« Kid zuckte mit den Schultern. »Manchmal . . . wüßte ich gern mehr als das.«
    Kamp versuchte, nicht die Stirn zu runzein. »Roger hatte gemeint, Sie seien eine interessante Person. Sie sind es wirklich.«
    »Ich kenne ihn gar nicht.«
    »Das hat er mir gesagt.«
    »Ich vermute, Sie wissen nicht, wie lange Sie bleiben wollen?«
    »Nun, ich habe mich noch nicht entschieden. Als ich hierherkam, habe ich eigentlich nicht an eine Art Ferien gedacht. Aber ich bin jetzt ein paar Tage hier, und ich möchte sagen, besonders wegen dieser Sache da heute nachmittag, ich weiß nicht so recht, was ich damit anfangen soll.«
    »Sie sind auch interessant«, sagte Kid nach einem Augenblick. »Aber ich weiß nicht, ob es deswegen ist, weil Sie auf dem Mond gewesen sind, oder weil Sie einfach interessant sind. Ich mag Sie.«
    Kamp lachte und nahm sein Bier. »Kommen Sie, da wir nun schon so ungeheuer versuchen, zueinander ehrlich zu sein: Welchen Grund könnten Sie möglicherweise haben, mich zu mögen?«
    »Weil Sie, obwohl Sie eine bekannte Persönlichkeit sind - und bekannte Leute sind toll, wenn man dazugehört - kommt doch Ihre eigentliche Persönlichkeit durch. Ich habe den Eindruck, Sie sind sehr stolz darauf, was Sie getan haben und auch bescheiden, und Sie wollen nicht darüber reden, es sei denn ernsthaft - selbst spaßig ernsthaft. Um diese Bescheidenheit zu erhalten, glaube ich, mußten Sie einiges tun, worüber Sie nicht allzu glücklich sind.«
    Nachdenklich sagte Kamp: »Ja, aber was haben Sie davon, wenn Sie mir das sagen?«
    »Weil ich Sie mag, möchte ich, daß Sie mir ein bißchen vertrauen. Wenn ich Ihnen zeige, daß ich ein wenig von Ihnen verstehe, werden Sie es vielleicht tun.«
    »Aha, ha!« Kamp lehnte sich zurück und spottete unangemessenerweise irgendwie theatralisch. »Nur als Gegenargument: Angenommen, Sie wissen etwas über mich, wie kann ich wissen, daß Sie es nicht gegen mich verwenden?«
    Kid blickte auf die optischen Steine um sein Handgelenk, drehte es: Zwei Venen trafen sich am Daumenballen und liefen unter die Kette. »Das ist das dritte Mal, daß mich jemand das fragt. Ich denke, ich muß mir eine Antwort für die Öffentlichkeit überlegen.«
    Tak sprach mit jemandem an der Tür. Unrasiert und leicht wild aussehend, betrat Jack die Bar. Tak wandte sich dem jungen Deserteur zu, der sich umblickte und Captain Kamp ansah. Tak nickte zu irgend etwas seine Zustimmung. Jack drehte sich um, hob etwas auf, das ein an die Wand gelehntes Gewehr gewesen sein konnte und rannte praktisch aus der Bar.
    »Ich glaube, ich habe mir schon eine Antwort überlegt«, sagte Kid.
    Captain Kamp sagte: ». . . mmm«, und dann: »Ich auch.« Kid grinste, »gut.«
    »Wissen Sie« - Kamp blickte an der Theke entlang -, »es gibt wirklich einige Dinge, über die ich nicht glücklich bin. Aber das sind genau die Sachen, die man nicht gerne erzählt . . . jedenfalls normalerweise nicht diesen . . . nun, einem von euch Typen mit struppigem Haar, den komischen Kleidern, den Ketten und so . . .« Er blickte hoch. »Ich bin mit meinem Leben und meiner Arbeit nicht zufrieden. Es ist eine sehr unbestimmte Unbehaglichkeit, und ich möchte nicht hören, ich soll Dope nehmen und mir die Haare wachsen lassen. Ich meine, das ist das letzte, was ich hören möchte.«
    »Warum nehmen Sie denn kein Dope und lassen sich nicht die Haare wachsen? Ist doch nicht schlecht? Jetzt, wo das Schlimmste passiert ist, können Sie doch darüber reden. Ich höre einfach zu.«
    Kamp lachte. »Ich bin mit meinem Leben auf der Erde nicht zufrieden. Wie finden Sie das? Unklar, glaube ich. Sehen Sie, ich bin nicht mehr die vernünftige Person, die zum Mond flog -vielleicht ist es das, wonach Sie gefragt haben. Vielleicht gehört es zu den Dingen, die man nur einem Menschen erzählen kann. Aber ich habe es ein paar Dutzend erzählt. Sie wissen, daß die Welt rund ist und der Mond nur eine kleine Kugel, die sie umkreist. Aber Sie leben in einer Welt mit oben und unten, wo das Land eine Ebene ist. Aber für mich gibt es die visuelle Kontinuität von der flachen Oberfläche zu einer

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