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Dhalgren

Dhalgren

Titel: Dhalgren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samuel R Delany
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fand er unter den Erinnerungen von Schlägen und Schmerz keine Motivation.
    Er stand auf dem hinteren Balkon und massierte seine Schulter, lauschte dabei den Leuten, die jetzt wieder in dem anderen Zimmer hin und her gingen.
    »Kid . . .?«
    Mit dem Mädchen, das Dollar gestern abend geknutscht hatte (an ihrer Kleidung sah Kid, daß sie kein Skorpion war) im Arm kam Copperhead, der immer noch keuchte, auf die Veranda. Spitt und Glas drängten sich hinter ihm.
    »Was?« Kid drückte sich die Schulter. »Was wollt ihr?« Der Kratzer mit der Latte hatte mehr Schaden angerichtet als Dollars Biß. Tollwut, dachte er. Jetzt bekomme ich von diesem Bastard Tollwut.
    »Laß uns rausgehen und es ihm besorgen, okay? Er hängt hier ums Haus herum. Er wird wieder Theater machen. Wir geben ihm eine Abreibung, und dann wird er wieder ruhig und nett sein, wenn es ihm besser geht. Ich weiß nicht, worauf du hinauswillst«, sagte Copperhead, »aber anders geht es nicht.«
    »Mir ist es egal«, gab Kid zurück, hauptsächlich, weil seine Schulter schmerzte, »was du mit ihm machst, solange du es draußen erledigst.«
    Copperhead sah die beiden anderen Skorpione an. »Okay«, sagte er mit belegter Stimme. »Kommt.«
    Das Mädchen stand allein in der Tür und fingerte am Bund ihrer dunkelroten Jeans. »Das sollten sie nicht machen«, sagte sie mit einem Florida-Akzent und besorgtem Gesichtsausdruck.
    So klar sich Kid vor einigen Augenblicken noch gefühlt hatte, so stumpf fühlte er sich jetzt. Mit geöffnetem Mund nickte er ihr zu.
    Später stakste er durchs Haus und ignorierte alle anderen. Er stand an der Eingangstür, drehte sich dann abrupt um und ging zur Veranda, blieb dort an der Tür stehen, doch sah nicht in den Hof. Als er sich dessen bewußt wurde, ging er in die Küche.
    Vor dem Fenster fragte ein Mädchen: ». . . drinnen? Weißt du ob er da drin ist? Der große . . .« Kid öffnete die Tür.
    Die Knöchel fuhren zum Kinn. Das blonde Haar unter einer Kappe mit Plastikblumen glitt über die Schulter, als sie den Kopf umwandte.
    »Du bist acht Blocks von Jackson entfernt«, sagte Kid.
    June schüttelte den Kopf. »Ich habe nicht . . .«
    Rabe (einer der Skorpione, denen die Harley gehörte) rieb die schmutzigen Hände an der Weste, drückte das lange schwarze Haar zusammen, nahm die Spange aus den Zähnen und drehte sich einen Knoten so groß wie sein Kopf. »Ich weiß nicht, was sie will.«
    »Sie . . . Sie wohnen hier?« fragte June.
    Kid nickte. »Was wollen Sie? Wenn sie nicht auf der Suche nach George sind, was suchen Sie?«
    Ihre Hand fiel Knopf für Knopf vor der Bluse herab. »Meinen Bruder.«
    Kid runzelte die Stirn.
    »Meinen großen Bruder. Edward.«
    »Oh . . .« Kids Stirnrunzeln wurde stärker. »Warum suchen Sie ihn hier?«
    »Jemand hat . . . gesagt . . . gerade . . .« Sie blickte Rabe an. Er hatte den Daumen hinter den Gürtel gehakt und sah sie an.
    Kid bat sie mit einem Nicken herein. Seitlich trat sie durch die Tür. Weil der Spülstein wieder voll war, hatte jemand den suppenrestverklecksten Kessel mitten auf den Boden gestellt. June richtete ihre Augen auf Kid.
    Kid versuchte sich zu erinnern, wie lange er um ihn herumgegangen war.
    »Jemand hat meiner Mutter erzählt, daß sie . . . sie hatten gedacht, sie hätten jemanden gesehen, der . . .« Sie gingen nach nebenan.
    »Meine Eltern wissen nicht, daß ich hier bin«, sagte sie. »Sie hätten nicht gewollt, daß ich hier . . .«
    Zwei schwarze Mädchen drehten sich um, um sie zu betrachten. Ein blonder Junge trat hinter sie, lehnte sich auf ihre Schultern, zog die Unterlippe schnalzend nach innen und stöhnte: »Shit!« Die drei lachten. »Er ist nicht einer von denen?« fragte Kid. »Oder?«
    Sie blickte auf die Spitzen ihrer schwarzen Schuhe. Auf den Wangen verbreiteten sich rote Flecken.
    »Wollen Sie sich umschauen?«
    Sie nickte und eilte voran, um sich zwischen die grienenden Skorpione und ihn zu stellen. Zwei andere kamen an der Tür vorbei, die kurzhaarige weiße Frau (mit einer Tätowierung auf dem Arm) und D-t, begegnetem ihrem Blick, bis sie plötzlich ruckartig den Kopf zur Seite bewegte und den Mund schloß.
    »Kommen Sie. Ich führe Sie herum.«
    Im Flur sprach das Mädchen in der dunkelroten Jeans mit Siam. June sah die Photographie mit dem gesprungenen Glas an, während Siam und das Mädchen ihn anblickten.
    Es ist nur, merkte, weil sie so nervös und weit von mir entfernt steht, daß sie sie so anstarren. Sie kreist, kreist immer noch,

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