Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dhalgren

Dhalgren

Titel: Dhalgren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samuel R Delany
Vom Netzwerk:
ein bißchen Wein. Ich wollte nicht, daß mir auf deiner Party schlecht wird. Ich wollte nur, mir sagt jemand, was ich tun soll.«
    Sie tauchten wieder aus der Brückenunterführung auf.
    Der Weg bog sich wie ein Bumerang zwischen die Felsen.
    »Wißt ihr? Wenn mir doch nur jemand sagte . . .«
    »Warum hältst du dich nicht von Leuten fern, die dir was wollen?« fragte Glas.
    »Nein, das meine ich nicht«, antwortete Dollar. »Alle sagen mir immer nur, was ich nicht tun soll. Bleib da weg. Halt dich da raus. Laß die anderen in Ruhe. Wenn mir bloß mal jemand sagen würde, was ich tun soll, ich würde mir den Arsch dafür wundreiben.«
    »Nur jetzt würdest du das tun«, sagte Glas. »Weil dich gerade jemand zu Tode erschreckt hat.«
    »Doch«, gab Dollar zurück. »Das würde ich wirklich.«
    »Komm nur mit mir«, meinte Glas. »Okay?«
    Über ihnen warteten an dem schwarzen Geländer zwischen den kleinen Bäumen Copperhead, Spitt und das Mädchen mit der dunkelroten Jeans auf sie.
    Dollar blinzelte Kid an und strich mit dem Daumen über den ausgefransten Mundwinkel. Er sah traurig und ängstlich aus.
    »Wir tun dir nichts«, sagte Glas. »Wir haben auch schon unsere Prügel bezogen. Wir sorgen nur dafür, daß du hier auf Kids Party keinen Ärger mehr bekommst.«
    Kid ließ zweifelnd Dollars Arm los.
    »Ich wollte nur, mir sagte jemand, was ich nun tun soll.«
    »Geh mit ihnen«, sagte Kid.
    Glas und Kid kletterten den Abhang hinauf durch die Büsche und Bäumchen.
    Kid drehte sich um, bevor Dollar die Spitze erreicht hatte.
    Ich möchte nur, daß von all diesen Leuten, die meinetwegen gekommen sind, einer herkommt, mich auf die Schulter klopft und fragt, ob alles okay ist, ob ich mich okay fühle, daß er sagt, »Komm mit, laß uns einen trinken. Danach brauchst du doch bestimmt einen!« Und verdammt, ich möchte nicht wie ein Hund hinter irgend jemandem herlaufen, der sich dazu verpflichtet fühlt. Ich möchte einfach, daß es passiert. Manchmal läßt der Druck der Bilder gegen die Retina oder der Geräusche gegen das Trommelfell nach. Wo habe ich mich verloren? Wo liegt die Ursache für dieses Gefühl? Durch diesen Garten zu gehen ist, als ob die nervöse Oberfläche der Gedanken das Verstreichen der Zeit selber registriert und durch diese Tätigkeit aufgerieben und entzündet wäre. Habe ich geschrieben . . .?
    Das Wiederauftauchen dieses Gedankens war, als ob er auf ein Fliesenmuster hinabblickte, über das er seit Stunden gegangen war.
    Habe ich . . .?
    Der dichteste Augenblick, an den ich mich erinnern kann (dachte Kid) war, als ich nackt unter dem Baum saß, mit dem Notizbuch und Stift und ein Wort an das andere reihte und lauschte, wie sie sich verbanden, während der Himmel gegen Morgen grauer wurde. Oh, bitte, was immer ich auch noch verlieren werde, bitte laß mich das nicht verlieren -
    »Hey, Kid!«
    »Huh?«
    Doch Ripper hatte es nur im Vorbeigehen gerufen, gewunken und war weitergegangen.
    Kid nickte zögernd zurück. Dann runzelte er die Stirn. Und konnte sich um sein Leben nicht mehr erinnern, an was er gerade gedacht hatte.
    Spinne saß allein im Oktobergarten auf dem Boden, halb im Dunkeln, halb unter Flutlicht und rieb sich den Bauch mit einem Knäuel Zeitungspapier. Vor dem spiegelnden Glas knisterte es blutig.
    »Bist du in Ordnung?« fragte Kid.
    »Huh? Yeah.« Spinne knüllte den Papierball kleiner zusammen. »Du hast mich nur gekratzt. Es hat nicht so doll geblutet.«
    »Tut mir ehrlich leid«, sagte Kid. »Fühlst du dich okay? Ich hatte dich nicht gesehen.«
    Spinne nickte. »Ich weiß.« Er knüllte das Papier zusammen. »Ich bin ziemlich schmutzig -« Er zog die Stiefel unter sich und kam auf die Füße - »Aber es war nur ein Kratzer.« Er hielt die Weste auf und wischte sich mit dem Papier ab, drückte es an sich. »Es hat auch nur an einer Seite stark geblutet.«
    Kid blickte zu dem gesenkten Gesicht des schwarzen Jungen hoch. »Bist du sicher, alles ist wieder gut?«
    »Ich glaub' schon. Jetzt jedenfalls. Mann, ich hatte vielleicht Angst, daß ich plötzlich mein Gedärm auf dem Boden liegen sehe.«
    »Tut mir leid, Mann. Laß mich mal sehen.« Spinne starrte hinab.
    Sein Bauch sah aus, als hätte jemand Farbe über die Teakfar-bene Haut geschmiert. Aus einem Ende des Schnitts tröpfelte es auf den Gürtel. Die linke Seite des Hosenbeins war dunkelrot. Wieder tupfte er seinen Bauch ab.
    »Du blutest wie ein Schwein«, sagte Kid.
    »Ist aber nur ein Schnitt.« Spinne berührte mit

Weitere Kostenlose Bücher