Dhalgren
angefangen? Den Aufstand, meine ich?«
Joaquim bog seinen Kopf schräg zur Seite. »Weiß du, niemand hat es richtig mitbekommen. Irgend etwas fiel.«
»Huh?«
»Einige sagen, daß ein Haus zusammenstürzte. Andere sahen, wie ein Flugzeug mitten in Jackson abstürzte. Jemand anders erzählte, daß ein Junge auf das Dach der Second City-Bank kletterte und jemanden niederschoß.«
»Wurde jemand getötet?«
»Klar. Es soll ein weißer Junge gewesen sein auf dem Dach und ein Neger, der erschossen wurde. Also fingen sie einen Aufstand an.«
»Was stand in den Zeitungen?«
»Alles so ungefähr, wie ich es gesagt habe. Keiner weiß, was wirklich passierte.«
»Wenn ein Flugzeug abgestürzt wäre, wüßte es doch jemand.«
»Das war ganz am Anfang. Alles war viel mehr durcheinander. Viele Gebäude brannten. Und das Wetter änderte sich. Die Leute haben da noch versucht, rauszukommen. Es waren viel mehr Menschen hier. Und sie hatten Angst.«
»Warst du damals hier?«
Joaquim preßte die Lippen aufeinander, bis sich Schnurrbart und Bart nicht mehr voneinander unterschieden. Er schüttelte den Kopf. »Ich habe nur von dem Zeitungsartikel gehört. Und von den Bildern.«
»Wo kommst du her?«
»Ahhhhh.« Faust schüttelte spöttisch schimpfend den Zeigefinger. »Du mußt lernen, daß man solche Fragen nicht stellt. Ich habe dich nicht ausgefragt, oder? Ich habe dir meinen Namen gesagt und du mir deinen nicht.«
»Es tut mir leid.« Er war verdutzt.
»Du wirst eine ganze Menge Leute treffen, die sich schrecklich aufregen, wenn du sie fragst, was sie waren, bevor sie nach Bellona kamen. Ich sage dir das lieber, sonst bekommst du Ärger. Besonders« - Faust hob den Bart hoch und legte einen Daumen an die Kette - »Leute, die so etwas tragen. Wie wir. Ich wette, wenn ich dich nach deinem Namen fragte, oder wie alt du bist, oder warum du eine Orchidee an deinem Gürtel hast, würde ich dich ganz schön nerven. Oder?«
Er fühlte sich unbehaglich, als habe er Bauchschmerzen. »Ich komme von Chicago. Vor kurzem. Davor Frisco.« Faust griff hinab und hielt ein Bein seiner Schlaghose vom Körper weg. »Ein Hippiegroßvater, yeah? Ich bin reisender Philosoph. Reicht das?«
»Tut mir leid, daß ich gefragt habe.«
»Denk nicht mehr dran. Ich habe gehört, Bellona war so wie es war. Das muß jetzt sein. Ich bin hier. Reicht das?« Wieder nickte er, verwirrt.
»Ich habe einen guten, ehrlichen Job. Hab die Tribe an der Ecke Markt und Van Ness verkauft. Jetzt bin ich der älteste Zeitungsjunge von Bellona. Reicht das?
»Yeah. Weißt du, ich hab's nicht . . .«
»Irgend etwas, mein Junge, irgend etwas gefällt mir nicht. Ist . . .« Lider zogen sich faltig hinter der goldgeränderten Brille zusammen . . . »du bist nicht farbig, oder? Du bist nämlich ganz schön dunkel, irgendwie ausgeprägt. Ich könnte dich zwar jetzt, wie die jungen Hüpfer, >Spade< nennen. Aber als ich hierherkam, und wo ich herkam, waren es Nigger. Für mich sind es immer noch Nigger, und ich meine nichts dabei. Ich will, daß es ihnen gutgeht. Ich wünsche ihnen alles Gute.«
»Ich bin Indio-Amerikaner«, entschloß er sich mit resigniertem Kummer.
»Oh.« Joaquim schüttelte wieder abschätzend den Kopf. »Nun, wenn du kein Nigger bist, dann mußt du aber auf ihrer Seite stehen.« Er betonte das Wort, trotz der diskriminierenden Bedeutung, die es immer noch hatte. »Ich auch. Ich auch. Sie würden es mir nur niemals glauben. Würde ich auch nicht, wenn ich sie wäre. Junge, ich muß meine Zeitungen austragen. Komm - hier nimm eine. Ja - so, hier.« Faust rückte das Bündel unter seinem Arm gerade. »Du interessierst dich für Neger, die einen Aufstand machen - und das tun alle anderen auch« - der Nebensatz wurde sehr theatralisch ausgesprochen - »sieh dir die frühen Nummern an. Hier ist Ihre Zeitung, Reverend.« Er schritt über den Bürgersteig und gab dem schwarzen Geistlichen im bodenlangen Talar, der im Eingang der Kirche stand, eine Zeitung.
»Danke, Joaquim.« Die Stimme war . . . Alt? Anzeichen von . . . Brüsten unter der schwarzen Robe. Das Gesicht war rund, sanft genug für eine Frau.
Jetzt sah der Geistliche ihn an, als Joaquim die Straße hinunterging. »Faust und ich spielen immer ein bißchen«, erklärte sie - es war eine Sie - auf sein Erstaunen hin. »Du mußt dich nicht darüber aufregen.« Sie lächelte, nickte und ging hinein.
»Entschuldige, Reverend . . .«
Sie drehte sich um. »Ja?«
»Eh . . .« Er war
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