Dhalgren
gehabt hättest, oder?«
Er nickte, aber hauptsächlich, um den Greis zum Weiterreden zu bringen - worum er keine Angst zu haben brauchte.
»Ich glaube, es ist das Zeichen für eine Art Initiation. Du wußtest nur nicht, daß du initiiert wurdest? Und das hat dich nervös gemacht, oder?«
Wieder nickte er.
»Ich heiße Faust«, sagte der alte Mann. »Joaquim Faust.« »Wakeem . . .?«
»Du hast es richtig ausgesprochen. Aus deinem Akzent hätte ich geschlossen, daß du es anders schreiben würdest als ich.«
Er griff nach Joaquims ausgestreckter Hand: Joaquim ergriff sie mit Radfahrergriff. »Du sagst«, Joaquim runzelte die Stirn, bevor er ihn wieder losließ - »du hast deine auf dem Weg hierher gefunden? Vor Bellona?«
»Das stimmt.«
Joaquim schüttelte den Kopf und sagte dabei: »Mmmmmmmmmmm«, während ein Brummen, das in den letzten Sekunden stärker geworden war, über ihren Köpfen anlangte. Sie sahen hoch. In dem Nebel war nichts zu erkennen. Die Flugzeuge blieben eine erstaunlich lange Zeit da, ehe sie verschwanden. Das Orgeltonband hörte sich danach leise an.
»Auf der Uhr«, sagte Joaquim, »auf der Vorderseite. Der kleine Pflock da war der Minutenzeiger. So kann man sich ungefähr ausrechnen, wie spät es ist.«
»Und was ist mit den Stunden?«
Joaquim zuckte die Achseln. »Ich bin ungefähr um elf im Büro weggegangen. Zumindest habe ich gedacht, es sei elf Uhr. Und so lange war ich nicht unterwegs.«
»Was ist denn mit den Zeigern passiert?«
»Die Nigger. Es war, glaube ich, in der ersten Nacht. Als die Blitze da waren. Sie wurden verrückt. Waren überall. Haben hier alles heruntergerissen - Jackson ist gerade da unten.«
»Jackson?«
»Jackson Avenue. Da wo die meisten Nigger leben. Gelebt haben. Du bist neu?« Er nickte.
»Sieh zu, daß du die Zeitung von dem Tag bekommst. Die Leute sagen, daß man noch nie solche Bilder gesehen hat. Es brannte. Und sie hatten Leitern und brachen in die Fenster ein. Mir hat jemand erzählt, daß da ein Bild war, wie sie auf die Kirche kletterten. Und die Zeiger abgebrochen haben. Haben sich auch gegenseitig zerrissen. Da soll eine Sequenz von Bildern sein, dieser riesige Bock, der hinter einem kleinen weißen Mädchen herrennt . . . eine ganze Menge dreckiger Bilder. >Vergewaltigung< ist das häßliche Wort, das sie in der Zeitung nicht gedruckt haben, aber es war Vergewaltigung. Die Leute haben gesagt, daß Calkins sie nicht hätte drucken sollen. Aber weißt du, was er tat?«
»Nein. Was?« fragte er vorsichtig.
»Er ging da runter und suchte sich den Nigger, der auf den Bildern war und ließ ihn von jemandem interviewen. Er hat alles gedruckt. Und wenn du mich jetzt fragst, was er nicht hätte drucken sollen, dann war es das Interview. Ich meine, Calkins ist sehr an Bürgerrechten und so interessiert. Wirklich. Die Farbigen hatten es ziemlich mies hier in der Stadt, glaube ich, und er hat sich darum gekümmert. War richtig engagiert. Aber dieser Nigger hatte das dreckigste Maul und redete nichts außer Dreck. Ich glaube, er wußte nicht einmal, was ein Zeitungsinterview war. Ich meine, ich weiß, daß die Farbigen es falsch mitbekamen. Aber wenn man helfen will, dann druckt man nicht das Bild des größten, dreckigsten, schwarzen Bocks, der ein kleines, blondes siebzehnjähriges Mädchen zu fassen kriegt und läßt ihn dann über zwei Seiten lang sagen, wie gut es war, jedes zweite Wort >fuck< und >shit< und >whoopey<, und wie er sich noch ein paar mehr holen wird, sobald er kann, und wie einfach alles ist, wenn keine Bullen herumlaufen! Ich meine, nicht, wenn man helfen will, oder? Und wegen dieses Artikels ist Harrison - er hieß George Harrison - bei allen Schwarzen, die übriggeblieben sind in Jackson, eine Art Held, und ich glaube, für alle anderen auch. Das zeigt dir, mit was für Leuten du es hier zu tun hast.«
»Du hast es aber nicht gesehen, oder?«
Faust winkte ab.
»Da ist dieser andere Farbige aus dem Süden, ein militanter, wenn es um die Bürgerrechte geht, Mr. Paul Fenster? Er kam gerade hier an, als es passierte. Calkins kennt ihn auch, glaube ich, und schreibt viel darüber, was er macht. Ich würde sagen, der Junge meint es gut, aber was hatte er zu dieser George-Harrison-Sache zu sagen, huh? Ich glaube, es ist so,« - er sah sich um - »als ob nicht viele vernünftige Leute übriggeblieben wären. Und auch nicht mehr viele Nigger in Jackson.«
Er legte Neugier und Ärger in die höfliche Frage: »Wie hat es
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