Dhalgren
hinab.
» - in einem Apartment hier im Haus«, sagte sie. »Die Wände und Decken hier sind so dünn. Man hört alles. Alles.« Als sie hochblickte, dachte er: Warum fühlt sie sich so unwohl? . . . liegt es an mir? Sie sagte: »Wir möchten, daß Sie uns helfen, die Wohnung oben aufzuräumen. Sie ist im neunzehnten Stock, am anderen Ende des Flurs. Sie hat einen Balkon. Wir dachten, das ist schön. Wir haben in dieser Wohnung keinen Balkon.«
»Heh, Mama, ist - «
Er erkannte sie, als sie kaum im Flur war. »Ja, June?«
»Oh . . .« Das war kein Wiedererkennen, doch sie lehnte sich an die Wand und blinzelte ihn an. Ihr gelbes Haar fiel fast bis auf die Schultern. Sie runzelte vor der grünen Wand, etwas heller als der Teppich, die Stirn. »Ist Bobby hier?«
»Ich habe ihn Brot holen geschickt.«
Wieder: »Oh« und zurück in ihr Zimmer.
»Ich bin«, sie hielt inne, bis er sie wieder ansah, »Mrs. Richards. Mein Mann, Arthur, wird bald hier sein. Kommen Sie doch herein. Ich erzähle ihnen dann, was wir gemacht haben wollen.«
Der Wohnraum bestand fast ausschließlich aus Fensterbildern. Hinter halb heruntergelassenen Jalousien erstreckte sich ein grasbewachsener Hügel zwischen Steinmauern.
»Setzen Sie sich doch« - der Finger fiel vom Kinn herab und deutete - »hierher.«
»Ich hatte heute kaum Gelegenheit, mich ordentlich zu waschen, und bin ziemlich schmutzig.« Jetzt merkte er, daß dies genau der Grund gewesen war, warum sie ihm diesen Platz angeboten hatte. »Nein, danke.«
»Sie wohnen . . .?«
»Im Park.«
»Setzen Sie sich doch«, sagte sie, »bitte. Bitte setzen Sie sich.«
Er setzte sich und versuchte, den nackten Fuß nicht hinter die Sandale zu ziehen.
Sie balancierte am Rand der L-förmigen Couch. »19-A, wo wir hinziehen wollen, ist - offen gesagt - ein Schutthaufen. Das Apartment selber ist in einem guten Zustand, die Wände, Fenster - so viele Fenster sind zerbrochen. Wir haben an die Verwaltung geschrieben. Wären aber kaum überrascht, wenn der Brief verlorengegangen wäre. Nichts klappt mehr richtig. So viele Leute sind schon gegangen.«
Draußen im Flur klapperte und schlug etwas. Dann hämmerte jemand gegen die Tür!
Während er versuchte, seine Überraschung zu verbergen, löste sich das abgerissene Flüstern in Gelächter auf.
Mrs. Richards saß aufrecht mit geschlossenen Augen da; die kleinen Knöchel preßte sie sich in die Magengrube, die andere Hand grub sich in das Sofa. Das lose Fleisch zwischen den Falten über ihrem Kragen pulsierte entweder unter langsamen Herzschlägen oder schnellen Atemstößen.
»Ma'am . . .?«
Sie schluckte, stand auf.
Wieder klopften Sie: Er konnte sehen, wie die Kette zitterte.
»Geht weg!« Ihre Hände waren jetzt wie Tatzen. »Geht weg! ich habe gesagt: geht weg!«
Schritte - von drei oder vier Personen, eine auf hohen Absätzen - echoten plappernd.
»Mutter . . .?« June stürzte herein.
Mrs. Richards öffnete die Augen, den Mund und holte Luft. »Sie haben das heute« - drehte sich zu ihm - »zweimal gemacht. Zweimal. Gestern war es nur einmal.«
June hielt immer noch die Knöchel am Mund. Hinter ihr war die Wand mit grober grüner Tapete bedeckt. Auf Regalbrettern Topfpflanzen in Messingtöpfen, zu hoch, um begossen werden zu können.
»Wir werden in eine andere Wohnung ziehen.« Wieder holte Mrs. Richards Luft und setzte sich. »Wir haben an die Verwaltung geschrieben. Wir haben keine Antwort bekommen, aber wir werden es tun.«
Er legte sein Notizbuch auf den Tisch neben seinen Stuhl und blickte zur Tür. »Wer sind sie?«
»Ich weiß es nicht. Ich weiß es nicht. Es ist mir auch egal. Aber sie treiben mich« - Sie hielt inne und riß sich zusammen - »zum Wahnsinn. Ich glaube, es sind . . . Kinder. Sie sind in der Wohnung hier drunter. So viele Leute sind weg. Wir werden nach oben ziehen.«
June sah weiter über ihre Schulter. Ihre Mutter sagte: »Es muß sehr schwierig für Sie sein, im Park zu leben.« Er nickte.
»Sie kennen Mrs. Brown schon lange? Es ist nett von ihr, daß sie jemanden vorbeischickt, der uns hilft. Sie geht viel aus, trifft Leute. Ich für meinen Teil fühle mich nicht sicher, wenn ich in der Stadt herumlaufe.«
»Mutter geht kaum aus dem Haus«, sagte June, sehr schnell, doch mit dem Zögern, das er auch in der vergangenen Nacht an ihr bemerkt hatte.
»Es ist nicht sicher, und ich sehe keinen Grund, warum eine Frau dieses Risiko eingehen sollte. Vielleicht würde ich es anders beurteilen, wenn ich
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