DHAMPIR - Blutsverrat
zugemörtelt.
Leesil reichte Magiere seine Lampe, und sie nahm den Werkzeugkasten ab, den er sich auf den Rücken gebunden hatte. Er holte einen gebogenen Draht aus dem Fach hinter der Deckelverkleidung und gab Magiere den Kasten zurück, die ihn wieder hinter die Stricke auf seinem Rücken schob. Leesil steckte den Draht in die Fuge über den oberen Steinen.
Er verschwand ganz darin, ohne auf Widerstand zu stoßen, bis ihn Leesil schließlich nur noch mit den Fingerspitzen hielt. Langsam tastete er damit durch den Spalt, holte ihn heraus und steckte ihn wieder hinein. Dicht neben der Mitte ließ sich der Draht nur noch etwa zwei Zentimeter weit einführen, bevor er auf etwas traf.
Leesil bewegte den Draht und hörte, wie er über etwas Metallisches kratzte. Schließlich zog er ihn aus der Fuge und verstaute ihn in der Unterarmscheide.
»Die Wand lässt sich drehen«, sagte er. »Macht euch bereit. Wir erfahren erst, was sich auf der anderen Seite befindet, wenn es schon zu spät ist.«
Leesil presste die Schulter an die linke Seite. Stein knirschte auf Stein, und Magiere beugte sich an ihm vorbei und drückte mit beiden Händen.
Die Wand drehte sich tatsächlich, und zwar an einer Achse in der Mitte, die vermutlich aus einem Stahlstab bestand. Die linke Seite schwang nach innen, die rechte nach außen. Mit dem Stilett in der Hand ging Leesil in die Hocke und spähte durch die Öffnung auf seiner Seite.
Er sah einen leeren Raum mit weiteren Steinwänden, so klein, dass kaum genug Platz blieb, sich auf dem Boden auszustrecken. Auf der gegenüberliegenden Seite befand sich eine recht robust wirkende Holztür mit einem Guckloch unter einer Metallklappe. Es schien sich um eine Gefangenenzelle zu handeln.
Magiere beugte sich durch die Öffnung auf der anderen Seite und trat dann mit gezogenem Falchion in den kleinen Raum. Leesil folgte ihr, ging zur Tür und stellte fest, dass sie abgeschlossen oder verriegelt war. Was alles noch schlimmer machte: Er konnte kein Schlüsselloch entdecken.
»Und jetzt?«, fragte Magiere.
Byrd ging langsamer und blieb immer weiter zurück. Als Emêl hinter der sanften Wölbung des Tunnels verschwand, machte er halt und wandte sich in die Richtung, aus der sie gekommen waren.
Bei jedem Schritt lauschte er aufmerksam und ging schneller, als er sicher sein konnte, dass die anderen sein Verschwinden nicht bemerkt hatten. Er erreichte das Ende des Tunnels, kletterte die in der Wand eingelassenen Sprossen hoch und kroch durchs Loch im abgestorbenen Baum. Er war gerade erst daraus hervorgekommen, als zwei Gestalten aus der Dunkelheit traten.
Beide trugen Kapuzen über den Köpfen und Tücher vor den unteren Gesichtshälften. Die Zipfel ihrer Mäntel hatten sie an der Taille zusammengebunden. Ihre ganze Kleidung zeigte eine Mischung aus Dunkelgrau und Waldgrün.
Byrd kannte diese Männer, aber trotzdem bewegte er sich vorsichtig, bis er ihre großen bernsteinfarbenen Augen sah. Silberweißes Haar hing dem Anführer in die dunkle Stirn. Brot’an war Byrds Hauptkontakt.
»Du hast einen Weg in die Festung gefunden?«, fragte Brot’an.
Elfen stellte man sich groß und schmächtig vor, doch Brot’an war recht kräftig gebaut und überragte Byrd um fast einen Kopf. Selbst im Dunkeln waren dünne Falten in seinen Augenwinkeln zu erkennen; siewiesen darauf hin, dass er kein junger Mann mehr war. Das auffälligste Merkmal waren die geraden, blassen Narben in der rechten Gesichtshälfte. Vier Linien reichten über die fedrige Braue, setzten sich unter dem Auge auf der Wange fort und verschwanden unter dem Gesichtstuch. Wenn man ihn ansah, konnte man den Eindruck gewinnen, dass das betreffende Auge durch Käfigstäbe aus vernarbter Haut starrte.
Brot’ans Gefährten hatte Byrd nur zweimal gesehen. Er war jünger und hager, und die unter der Kapuze sichtbaren Strähnen waren vielleicht hellblond. Tageslicht hätte das Haar vermutlich noch heller gemacht. Den Namen dieses jungen Mannes kannte Byrd nicht.
»Ja«, beantwortete er Brot’ans Frage. »Wie habt ihr die Stadt verlassen?«
»Auf dein Signal hin haben wir den Karren abgepasst und sind unter ihn gekrochen. Während der Fahrt zum Wald waren wir bei euch.«
Der jüngere Mann trat zum abgestorbenen Baum, sah ins Loch und wandte sich dann an Brot’an. » Bithâ cæilleach slighe vo lhohk do dân’gneahk. «
»Wo endet der Tunnel?«, fragte Brot’an.
»Irgendwo unter der Festung«, sagte Byrd. »Einer von euch ist bereits da. In
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