DHAMPIR - Blutsverrat
mehr daran gedacht. Es steckte durchaus Wahrheit in Magieres Worten, aber in Wirklichkeit ging es ihr um etwas anderes. Es war nur eine weitere Sache, die bei der dummen Rückkehr in seine Vergangenheit schiefgegangen war.
»Wir können nicht alle retten«, sagte er und konzentrierte sich wieder auf den Tunnel vor ihnen. »Manchmal können wir nur uns selbst retten.«
So hatten es seine Eltern über viele Jahre hinweg gesehen, und jetzt kamen solche Worte über seine eigenen Lippen.
Der Tunnel war so lang, dass Leesil unruhig zu werden begann, doch dann fiel das Licht der Lampe auf die Wand am Ende.
»Leesil!«, rief Emêl.
Er sah zurück und hob die Lampe, und Magiere drehte sich ebenfalls um. Emêl stand allein da und blickte in die Richtung, aus der sie gekommen waren.
»Was ist?«, fragte Leesil. »Wo ist Byrd?«
»Weg«, erwiderte Emêl leise. »Ich habe ihn die ganze Zeit über dicht hinter mir geglaubt, aber jetzt ist er nicht mehr da.«
Leesil trat an Chap vorbei, doch der Tunnel bot nicht genug Platz, um auch an Magiere und Emêl vorbeizukommen. »Wann habt Ihr ihn zum letzten Mal gesehen?«
Emêl ließ zischend den Atem entweichen. »Ich weiß nich t … vor einer ganzen Weile. Ich habe zurückgesehen, als eben das Ende des Tunnels in Sicht geriet, und da war er nicht mehr da.«
Leesil verfluchte sich, weil er zugelassen hatte, dass Byrd ganz hinten gegangen war. Die Gedanken an Magiere und Wynn hatten ihn abgelenkt.
»Warum sollte er uns verlassen?«, fragte Emêl.
Magiere blinzelte mehrmals, bevor sie Leesil ansah. »Du solltest es ihm sagen. Ich weiß nicht, was wir machen sollen, und er kann uns vielleicht helfen.«
Das hielt Leesil nicht für eine gute Idee. Immerhin gehörte der Baron zu Darmouths Günstlingen. Wie sonst hatte er all die Jahre überlebt und außerdem Progaes Tochter als Lohn für seine Loyalität erhalten? Andererseit s … Ein Adliger, der Vertrauen genoss, eignete sich besonders gut dafür, Darmouth vor einem Mordanschlag zu warnen. Letztendlich aber führte das vielleicht dazu, dass alle verhaftet wurden, die jemals Byrds Gasthof besucht hatten.
»Sag es ihm«, drängte Magiere.
»Was soll er mir sagen?«, fragte Emêl. »Schluss mit der Geheimniskrämerei.«
Als Leesil weiterhin still blieb, sagte Magiere: »Wir glauben, Byrd plant, Darmouth zu ermorden.«
»Magiere!«, entfuhr es Leesil.
»Und mit der Unterstützung geschickter Helfer hat er große Aussichten auf Erfolg«, fügte Magiere hinzu.
Leesil seufzte. Jetzt konnten sie Emêl genauso gut den Rest erzählen. »Euer tyrannischer Herr muss gewarnt un d … geschützt werden. Wenn er jetzt stirbt, werden die hiesigen Adligen übereinander herfallen und versuchen, seinen Platz einzunehmen. Oder die Herrscher der anderen Provinzen fallen hier ein, um alles an sich zu reißen.«
Emêl schwieg einen Moment und musterte Leesil und Magiere misstrauisch. »Ihr hättet mir dies früher sagen sollen, bevor wir die Stadt verließen.«
»Behauptet nur nicht, Ihr hättet etwas tun können«, entgegnete Leesil scharf. »Ihr hättet nicht lange genug überlebt. Byrd ist nicht irgendein Informant, dem es allein ums Geld geht. Er hätte Euch keine Gelegenheit gegeben, das Schwert zu ziehen.«
Magiere lehnte sich verärgert an die feuchte Tunnelwand. »Er hat uns nur geholfen, weil er diesen Tunnel finden wollte. Jetzt ist er weg, und das bedeutet: Er macht sich daran, seinen Mordplan in die Tat umzusetzen.«
Emêls Argwohn wich Verwirrung, als er Magiere und Leesil erneut musterte. Schließlich richtete er den Blick allein auf Leesil.
»Du!«, zischte er, und jetzt verzichtete der Adlige auf die höfliche Anrede. »Ich kann mir vorstellen, was du damals für Darmouth getan hast. Es dürfte kaum besser gewesen sein als das, was man über jene Móndyalítko in Darmouths Schatten munkelt. Warum sollte dir an dem gelegen sein, was hier mit irgendjemandem geschieht?«
Leesils Kopf fühlte sich an, als könnte er jeden Moment platzen. Sein Zorn entlud sich in Emêls Richtung.
»Du hast allein deine Gefährtin im Sinn«, erwiderte er gepresst. »Wie oft hast du die Augen verschlossen und bist vor Darmouth gekrochen, während andere litten und starben? Wage es nicht, meine Motive infrage zu stellen.«
Mühsam unterdrückter Zorn veränderte Emêls Gesicht, und im Schein der Lampe wurde es fast zu einer Fratze.
»Gibt es in der Festung jemanden, dem wir trauen können?«, fragte Magiere plötzlich, und Emêls Blick glitt
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