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DHAMPIR - Blutsverrat

DHAMPIR - Blutsverrat

Titel: DHAMPIR - Blutsverrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barb & J. C. Hendee
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Eilleans Gedanken. Er nahm das Bild und schickte es zusammen mit dem des Jungen namens Léshil zurück.
    Die Falten gruben sich noch etwas tiefer in Eilleans Stirn, als dächte sie über etwas Unmoralisches nach.
    Chap hob eine Pfote auf ihr Knie, schob die Schnauze ihrem braunen, dreieckigen Gesicht entgegen und bellte einmal.
    Eine von Eilleans langen, geschwungenen Brauen wölbte sich nach oben. Chap schickte die Erinnerungen durch ihr Bewusstsein und fügte ihnen ein neuerliches Bellen hinzu. Sie ergriff ihn mit ihren schmalen dunklen Händen und hob ihn hoch.
    Ihre Berührung fühlte sich kalt an, ohne Liebe oder auch nur Zuneigung. Doch Chaps Erinnerungsmanipulationen hätten nicht funktionieren können, ohne dass es etwas Herzenswärme in ihr gab. Eillean zog den lockeren Stoff an ihrem Hals nach vorn, damit er den unteren Teil des Gesichts bedeckte, und dann trug sie ihn fort vom Dorf. Chap spürte, dass er etwas Wichtiges verlor: das liebevolle Lecken der Zunge seiner Mutter und die Wärme seiner Geschwister, wenn sie dicht beieinander schliefen.
    Eillean verließ das Dorf, aber sie blieb nicht allein. Sie wartete im Wald, und jemand kam zu ihr.
    Brot’ân’duivé .
    »Hund im Dunkeln« war ebenso gekleidet wie Eillean, und über dem Stoff in seinem Gesicht waren nur die großen Augen und der Nasenrücken zu sehen. In Eilleans Erinnerungen sah Chap mehr von ih m – sein dünnlippiger Mund bildete fast immer eine gerade, strenge Linie. Das silbrige Haar gab zu erkennen, dass er alt war, wenn auch nicht so alt wie die Frau. Er überragte Eillean um einen halben Kopf, war selbst für einen Elfen groß und kräftiger gebaut als die meisten Angehörigen seines Volkes.
    Chap spürte einen inneren Konflikt in dem älteren Elfe n – er schien enttäuscht und desillusioniert zu sein, seines Platzes in der Welt überdrüssig. Dadurch fühlte er sich einsam bei den Anmaglâhk , vielleicht sogar bei Eillean.
    Die lange Reise führte durch mehrere Elfenwälder bis in eine abgelegene kalte Bergregion. Chaps Begleiter sprachen nur wenig. Vielleicht gab es für sie kaum etwas zu sagen, oder sie schwiegen, weil sie einander nichts preisgeben wollten. Chap verlor bald die Übersicht darüber, wie viele Tage und Nächte vergingen. Er zitterte in Eilleans Armen, denn manchmal lag der Schnee zu hoch für seine kurzen Beine. Auf der anderen Seite der Berge ging der Weg durch ein bewaldetes Hügelland weiter, und sie mieden die Straßen, auf die sie dann und wann stießen. Als sie schließlich eines Abends ihr Ziel erreichten, erkannte Chap es sofort.
    Der See und die Festung aus Eilleans Erinnerungen.
    Rot und orangefarben glühende Feuer brannten auf den vier Ecktürmen, und zum ersten Mal roch Chap Tod und Verwesung. Der scharfe Geruch stach in seiner Nase und auch in seinem Inneren.
    Sie wanderten halb um den See herum, bis sich die Feste zu ihrer Linken befand und die Häuser der Stadt dahinter zu sehen waren. Brot’an wartete stumm, während Eillean Chap in der einen Armbeuge hielt und einen silbernen Spiegel hervorholte. Sie sah auf, und Chap folgte ihrem Blick zum Mond, der hell am Himmel leuchtete, ohne einen Wolkenschleier.
    Eillean fing den Mondschein mit dem Spiegel ein und lenkte ihn zum gegenüberliegenden Ufer des Sees. Chap schien es unmöglich, dass dieser Strahl genügte, aber Eillean blinkte mit dem Spiegel, bis drüben im Fenster eines Hauses dreimal ein Licht aufleuchtete. Es war das gleiche Haus, das Chap in ihren Erinnerungen gesehen hatte. Es dauerte nicht lange, bis sich Schritte durch den Wald näherten.
    Eine junge Elfin erschien in Kniehose und Hemd unter einem dunkelgrauen Mantel. Chap bemerkte sofort ihre Ähnlichkeit mit Eillean. Weißblondes Haar reichte bis auf ihre Schultern, und ihre bernsteinfarbenen Augen blickten so kühl wie die ihrer Mutter. Eillean hob Chap hoch und wandte sich in ihrer Sprache an die jüngere Frau.
    »Cuirin’nên’a, meine Tochte r … für den Jungen.«
    Cuirin’nên’a, »Seerosenherz«, nahm Chap, und ihre Hände fühlten sich anders an als die ihrer Mutter. Vorsichtig drückte sie ihn sich an die Brust, um ihn zu wärmen. Die verborgene Zärtlichkeit in ihrer Berührung strafte die Kühle in ihrem Blick Lügen, und diese Zärtlichkeit wurde noch deutlicher, als Chap die Erinnerungen der Tochter an ihren Sohn empfing. Sie nannte den Jungen anders als ihre Mutter: Leesil.
    »Danke«, sagte sie. »Ein Freund ist ihm vielleicht eine Stütze bei dem, was wir ihm

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