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DHAMPIR - Blutsverrat

DHAMPIR - Blutsverrat

Titel: DHAMPIR - Blutsverrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barb & J. C. Hendee
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in ihm aufsteigen, und auf diese Weise lernte er, was die Worte bedeuteten, indem er sie mit den Bildern in Verbindung brachte.
    Ihre Unterkünfte bestanden zum größten Teil aus lebenden Dingen, denen sie Form gegeben hatten. Die Elfen erweiterten Hohlräume in dicken Baumstämmen, bis sie genug Platz boten, dass man darin schlafen konnte. Efeu und Sträucher grenzten Bereiche ab, in denen Familien und Freunde mittags ausruhten und gemeinsame Mahlzeiten einnahmen. Gelbgrünes Moos bedeckte den Boden des Dorfes, und auf diesem weichen Teppich balgte sich Chap oft mit seinen Geschwistern.
    Er rollte sich vor dem Eingang zusammen, durch den man in eine hohle Zeder gelangte. Der Baumstamm war so dick, dass ihn selbst ein Dutzend Männer nicht mit ihren ausgestreckten Armen umfassen konnten, und sein hohles Innere war das Heim einer Familie. Dort wartete Chap und überhörte die Einladungen seiner Geschwister, an ihrem Spiel teilzunehmen.
    Als der Abend dämmerte, kam eine ältere Frau.
    Ihre Kleidun g – Kniehose, Hemd und Kapuzenmante l – zeigte ein dunkles Grün, das manchmal wie das dunkle Grau von Schatten wirkte, und sie hatte einen sehr ernsten Gesichtsausdruck. Falten in den Augen- und Mundwinkeln wiesen darauf hin, dass sie nach den Maßstäben der Elfen recht alt war, wenn auch noch keine hundert Jahre. Chap sah ihr in die Augen und spürte Sorge, Bedauern und Schmerz, aber auch Entschlossenheit.
    Zwei junge Elfen, ein Mädchen und ein Junge, das Haar hinter die spitzen Ohren gesteckt, schauten aus der Baumhöhle.
    »Eillean!«, flüsterte das Mädchen voller Bewunderung und Ehrfurcht.
    Ein sanftes Lächeln umspielte die Lippen der Frau, aber Chap sah es nur als höfliche Antwort, mehr nicht.
    Eine Erinnerung regte sich in dem Mädchen, die Chap beobachten konnte: wie es im Wald spielte und dabei Eillean und ihre vermeintlichen großen Taten nachahmte. Es stand dabei vor einer großen Eiche und stellte sich den Baum als Aoishenis-Ahâre vor, als Ältesten Vater. Wie die große Eillean wollte das Mädchen in die Dienste seines Volkes treten.
    Es verwunderte Chap, warum jemand etwas anderes sein wollte als das, was er wa r – derartige Wünsche mussten unerfüllt bleiben. Er sah die ältere Frau in den Erinnerungen des Mädchens, und die Bilder sagten ihm mehr als Worte. Er erfuhr nicht nur, wer die Frau war, sondern auch, was sie war.
    Anmaglâhk .
    Überaus geschickte Krieger, Wächter und Gesandte des Ältesten Vater s – sie opferten Heim und Herd und ließen das Refugium der Elfen hinter sich zurück, um es zu schützen. Die Anmaglâhk bildeten eine eigene Kaste außerhalb der üblichen Clanstruktur. In geheimer Mission reisten sie durch die Länder der Menschen, um sicherzustellen, dass nichts von dort eine Bedrohung für ihr Volk darstellen konnte.
    Bevor Eillean den offenen Bereich des Dorfes betrat, übertrug das Geräusch ihrer leisen Schritte auf dem Moos eine weitere Botschaft der Feen für Chap.
    Diese Frau wird dich zu dem Jungen bringen.
    Eillean, deren Name »Wasserläufer« bedeutete, beobachtete Chaps Geschwister beim Herumtollen. Als sich ihr Blick auf Chap richtete, empfing er eine Erinnerung von ihr.
    Er sah einen jungen Halbelfen mit weißblondem Haar, der hinter einem Haus am See hockte. Eilleans Enkel Léshi l – »von Regen gefärbt« oder »Farbton der Welttränen « – war seiner Großmutter nie begegnet. Wenn sie durch das Land kam, in dem er lebte, beobachtete sie ihn von der anderen Seite des Sees. Eine Festung ragte aus dem Wasser, und der Junge blickte verstohlen auf, drehte sich um und verschwand im Haus.
    Eilleans Blick glitt erneut zu Chaps Geschwistern, und dann ging sie vor ihm in die Hocke.
    Chap setzte sich und sah in die großen bernsteinfarbenen Augen der Frau.
    Seine Präsenz weckte eine Kindheitserinnerung in ihr, und in jenen Bildern schaute sie einem jungen Majay-hì hinterher, der durch den Wald lief. Chap nahm diese Erinnerung auf und gab sie ihr zurück, wiederholte sie immer wieder, zusammen mit dem Bild des einsamen Halbelf-Jungen. Die beiden Erinnerungen verschmolzen miteinander.
    Kein Elf würde einen Majay-hì aus dem Wald nehmen, denn es waren freie Geschöpfe des Landes. Chap wusste, dass er der Frau seinen Willen aufzwingen konnte, aber er verzichtete darauf.
    Eillean runzelte die Stirn und sah auf den Welpen hinab. Je länger sie auf ihn hinabsah, desto mehr wurde das, was sich ihren Augen darbot, zu einer Erinnerung.
    Chap sah sich selbst in

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