Dhampir - Götterjagd
musste.
Die beiden Untoten knurrten aufgeregt. Jakeb schlug mit einer Hand an einen Baum und deutete nach Süden. Sabel ergriff Chanes Arm.
»Chhhhaaan«, krächzte sie und zog Chane ein Stück an Jakebs Baum vorbei.
»Was ist los?«, fragte Welstiel.
»Ich weiß nicht«, antwortete Chane. »Ihre Sinne sind empfindlicher als meine, obwoh l … «
Er unterbrach sich und starrte in die Nacht.
»Leben?«, flüsterte Chane. »Sie können nicht so nahe sein un d … Oh, jetzt ist es weg.«
Welstiel trat zu ihm. Chanes Geruchssinn war besser als seiner, aber er bezweifelte, dass Magiere so nah sein konnte. Oder? Seine Ungewissheit verwandelte sich in Sorge.
War sie oder einer ihrer Begleiter verletzt worden? Oder hatte sie etwas anderes aufgehalten? Welstiel durfte nicht zulassen, dass Magiere von seiner Gruppe erfuhr.
»Warte hier!«, sagte er. »Sorg dafür, dass die Diener ruhig bleiben! Bring sie in die Zelte, wenn ich bis morgen früh nicht zurück bin!«
»Bis morgen früh?«, wiederholte Chane überrascht. »Wohin gehst du?«
»Befolge meine Anweisungen!«
Welstiel ging durch den Wald und mied den Strand. Wenn sich Magiere vor ihm befand, würde ihn der Ring vor Entdeckung schützen. Während er nach Süden wanderte, zeigte sich zwischen den Bäumen gelegentlich das Meer. Nach einer Weile begann er zu schnüffeln und nahm schließlich Witterung auf.
Er schlich weiter, und der Geruch, den ihm der Wind entgegentrug, wurde stärker. Schließlich schien er nicht mehr vom Strand zu kommen, sondern ihn im Wald zu umgeben. Welstiel blieb stehen und öffnete seine Sinne so weit wie möglich.
Der Duft von Lebensblut stieg ihm in die Nase, aber er war anders und irgendwie vertrau t … erdiger und aromatischer, nicht so muffig wie der von Menschen. Welstiel schloss die Augen und wartete auf Erinnerunge n …
An die Kellergewölbe von Darmouths Festung.
An einen hochgewachsenen Mann in einem graugrünen Mantel, der einen anderen über der Schulter trug.
Welstiel öffnete die Augen.
Elfen.
Er ging weiter, doch der Geruch schwand im Wind. Langsam trat er zurück, bis die Witterung wieder stärker wurde. Doch er sah nichts, als er sich im Kreis drehte.
Die Elfen waren hie r – er musste sich in ihrer unmittelbaren Nähe befinden.
Hkuan’duv hörte Schritte auf gefallenen Blätter n – etwas näherte sich von Norden. Es war noch ein ganzes Stück entfernt, als er die anderen weckte und ihnen bedeutete, in die nahen Bäume zu kletterten und sich in ihren dichten Kronen zu verbergen.
Er blieb stehen, den Blick nach Norden gerichtet, und als er die Bewegungen nicht nur hörte, sondern auch sah, wich er zu einer großen Tanne zurück und glitt hinter ihren Stamm. Dort zog er sich das Gesichtstuch bis zur Nase hoch und die Kapuze noch tiefer in die Stirn, damit die Augen in ihrem Schatten verschwanden.
Die Ruhe der Gedanken ist Stille, ungehört und unbemerkt.
Die Stille des Fleisches lässt nur Schatten, undurchdringlich und ungreifbar.
So hatte Eillean, Léshils Großmutter, es einst zu beschreiben versucht, während einer langen Nacht in Crijheäiche. So selten hatten sich ihre Wege gekreuzt. Während jener Nacht waren zwei Greismasg’äh bestrebt gewesen, die Geheimnisse von Stille und Schatten zu erklären. Zum Schluss hatten sie beide geschmunzelt, denn wer konnte diese Mysterien in Worte fassen?
Vorsichtig nahm Hkuan’duv die Zipfel des Mantels und band sie an der Taille zusammen. Er dachte an nichts und verwandelte sein Bewusstsein in ein leeres Gefäß, das die Wahrnehmungen seiner Sinne aufnahm. Er sank in eine Stille, die Geist, Körper und Seele betraf, und ließ sich von den Schatten umhüllen.
Ein Fremder kam aus der Nacht und betrat den Platz, wo eben noch Hkuan’duvs Gefährten geruht hatten.
Der Mann war bleich, selbst für einen Menschen, und hatte dunkles Haar mit weißen Stellen an den Schläfen. Sein Mantel war schmutzig und abgenutzt, die Stiefel zerschrammt, als wäre er viele Meilen in ihnen gewandert.
Der Fremde blieb stehen und schnupperte.
Er drehte sich einmal im Kreis, ging über die Lichtung, kehrte in ihre Mitte zurück und schnupperte erneut. So nahe kam er, dass seine Schultern die Zweige der Tanne berührten, hinter der sich Hkuan’duv verbarg.
Die Augen des Mannes waren fast farblos.
Ohne sich zu bewegen und ohne einen Gedanken atmete Hkuan’duv durch die Nase. Ein schaler Geruch ohne den von menschlichem Schweiß lag unter dem der Tanne.
Welstiel witterte mehr
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