Dhampir - Halbblut
Überraschung, als er sie ansah. Es scherte sie nicht, was er von ihr dachte, obgleich sie wusste: Sie sah fix und fertig aus.
»Wann hast du zum letzten Mal geschlafen?«, fragte er.
»Keine Ahnung. Ich bin nicht hierhergekommen, um meine Schlafgewohnheiten mit dir zu besprechen.«
Magiere hatte zuvor nicht bemerkt, wie schwarz seine Brauen waren. Sie bildeten einen starken Kontrast zu den weißen Stellen an den Schläfen.
»Warum bist du gekommen?«, fragte Welstiel und blieb ruhig sitzen.
»Ich habe gehofft, dass du diesmal vielleicht bereit bist, echte Hilfe zu leisten, anstatt nur immer in Rätseln zu sprechen.«
Das Fehlen von Fenstern und das unnatürliche Licht von der Glaskugel verunsicherten Magiere ein wenig.
»Ich habe ein Gerücht gehört«, sagte Welstiel. »Angeblich hast du einige Fischer und Hafenarbeiter in deine Dienst genommen.«
»Es ist kein Gerücht.«
Welstiel stand auf, und in seinem gelassenen Gesicht zeigte sich ein Hauch von Ärger.
»Schick sie heim. Sie alle. Du bist ein Dhampir . Wenn du auf gewöhnliche Leute zurückgreifst, entsteht nur Chaos. Diese ganze Angelegenheit hätte schon vor Tagen erledigt werden müssen.«
Magiere verschränkte die Arme. »Gut. Dann schlage ich vor, dass du zusammen mit Loni einige Pflöcke vorbereitest und mit mir kämpfst.«
Der Ärger verschwand aus Welstiels Gesicht, und er lächelte.
»Ich fürchte, das ist nicht möglich, meine Liebe. Ich habe dich einmal für klug gehalten, aber vielleicht verstehst du noch nicht. Du bist ein Dhampir . Der Sinn deiner Existenz besteht darin, Untote zu vernichten.«
Eine Mischung aus Zorn und Frustration erfüllte Magiere. Instinktiv zog sie ihr Falchion.
»Ich habe deine Spielchen satt! Wenn du auch nur halb so viel weißt, wie du vorgibs t … Heraus damit!«
Der Blick seiner dunklen Augen glitt über die Klinge und kam dann wieder nach oben.
»Spürst du, wie sich der Zorn in dir ausbreitet, wenn du gegen jene Geschöpfe kämpfst? Ein Zorn, der dir Kraft gibt.« Welstiel senkte die Stimme. »Hast du jemals die dumme alte Redensart gehört, man könnte das Böse nur mit dem Guten besiegen? Es ist eine Lüge. Das Böse kann nur vom Bösen bezwungen werden. Jene blutdürstigen Wesen sind unnatürlich und gehören nicht in die Welt der Lebenden. Doch eins von ihnen muss so klug oder selbstlos gewesen sein, dich zu erschaffen.«
Magiere ließ ihr Schwert sinken. »Was bedeutet das?«
Welstiel trat näher.
»Ich habe mich lange mit der Existenz von Vampiren befasst. In den ersten Tagen nach der Verwandlung ist es noch möglich, dass einer von ihnen ein Kind zeugt. Was deine Eltern betriff t … Einer von ihnen muss ein Vampir gewesen sein, vermutlich dein Vater. Die Hälfte deines Wesens gehört zur dunklen Welt: eine negative Seite, die Leben suchen und aufnehmen muss, um zu existieren. Aber deine sterbliche Seite ist stärker. In Dhampiren erzeugt dieses Ungleichgewicht Hass auf die unnatürliche Hälfte, die nicht kontrolliert werden kann. Indem sie die Kraft ihrer dunklen Seite nutzen, werden Dhampire zur einzigen lebenden Waffe, die Vampire besiegen kann. Verstehst du jetzt?«
Welstiels Worte drangen wie eine Klinge in sie ein. Magiere wollte ihm nicht glauben, aber sie konnte die jüngsten Ereignisse nicht leugnen.
»Woher weißt du über mich Bescheid? Ich meine, woher weißt du, was ich bin?«
Er deutete auf Lederschnur und Kette an ihrem Hals. »Die Amulette, die du unter deiner Kleidung versteckst. Wer hat sie dir gegeben?«
Magiere zögerte, und plötzlich ergab vieles einen Sinn.
»Man hat mir erzählt, dass sie von meinem Vater stammen. Er hinterließ mir auch die Lederrüstung und das Falchion. Aber wenn er ein Vampir wa r … Warum hat er mich gezeugt und mir Waffen hinterlassen, damit ich Geschöpfe seiner Art töten kann?«
Welstiel streckte die Hand aus, zögerte dann aber. Vielleicht spürte er Magieres Kummer. »Setz dich«, sagte er.
Sie rührte sich nicht von der Stelle.
»Manche Vampire genießen ihre Existenz und finden großen Gefallen daran«, sagte Welstiel. »Aber andere werden gegen ihren Willen geschaffen. Ich halte es für möglich, dass ein Vampir die eigene Art hasst.«
Er schien offen und aufrichtig zu sein, und Magiere wusste nicht, ob sie dafür dankbar sein oder es bedauern sollte. Sie hatte ihr Leben damit verbracht, die Vergangenheit zu vergessen. Es gab darin ohnehin kaum Dinge, an die es sich zu erinnern lohnte. Ihr Vater hatte sie verlassen, und ihre
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