Dhampir - Halbblut
flechten.
Lonis Angebot war wie ein Beitrag für das, was Magiere für die Stadt leistet e – die Geste eines Verbündeten, nicht die eines Freundes. Nach dem Umziehen wollte sie die beiden Amulette unter dem weißen Hemd verschwinden lassen, überlegte es sich dann aber anders und ließ sie baumeln, für alle deutlich zu sehen. Vielleicht konnte der Topas sie rechtzeitig warnen.
Kurz nach Sonnenuntergang ging Magiere durch die Straßen von Miiska heim. Ihre neue Lederrüstung wartete im »Seelöwen«, und sie fühlte sich bereit für das, was ihr bevorstand.
Irgendwann würde sie sich mit ihrer Vergangenheit befassen, der sie so lange keine Beachtung geschenkt hatte.
Knoblauchknollen hingen in jedem Fenster, an dem Magiere vorbeikam. Wie oft war sie durch ein Dorf gegangen, dessen Bewohner Knoblauch an Türen und Fenster gehängt hatten, manche Knollen noch mit Blättern und Blüten versehen?
Suchte sie nach Vergebung? Warum hatte sie im Gegensatz zu Leesil nie an Flucht gedacht?
DieStraßenwarenleerundverlassen.DieBürgervonMiiska,dienichtkämpfenwolltenundsehrwohlumdieGefahrwussten,verbargensichinihrenHäusern.Magierekonnteesihnennichtverdenken.Alssieden»Seelöwen«erreichte,gingsiezurRückseitederTaverne.DieKüchentürstandoffen,undeinseltsamerAnblickerwartetesie.
BrendensaufgebahrteLeichelagaufdemTisch.ErtrugeingrünesHemd,einedunkleKniehoseundglänzendeStiefel.DerKragendesHemdesbedecktedenHals.AmEndedesTischessaßLeesilaufeinemStuhlundtauchteArmbrustbolzeninsbrauneWassereinesgroßenEimers.Erbewegtesichlangsam,alsbereiteteihmselbstdiekleinsteMühe Schmerzen. Die Verbände an der Brust hingen lose herab.
»Du solltest im Bett liegen«, sagte Magiere von der Tür.
Leesil rang sich ein Lächeln ab. »Normalerweise würde ich dir da nicht widersprechen, aber uns steht eine lange Nacht bevor.«
Magiere trat ein, blieb neben dem Tisch stehen und blickte auf Brendens geschlossene Augen hinab.
»Er scheint nur zu schlafen«, sagte sie. »Man könnte meinen, er hätte sich nur für ein Nickerchen hingelegt.«
Es blieb Magiere nicht genug Zeit, richtig um Brenden zu trauern. Sie erinnerte sich daran, wie mutig er im Kampf gegen die Untoten gewesen war.
»Ich weiß«, sagte Leesil. »Es war ein makabrer Anblick. Mehr als zehn Personen haben hier zusammen mit mir gearbeitet. Ich habe versucht, Brenden zu ignorieren, wie er so dalag, aber dann musste ich die anderen fortschicken, damit sie ihre Plätze einnehmen, und seitdem bin ich mit ihm allein. Ich habe sogar mit ihm gesprochen und ihn gescholten, weil er bei der Arbeit eingeschlafen ist. Klingt verrückt, nicht wahr?«
Magiere berührte Brendens steife Schulter. »Nein, es klingt nicht verrückt. Ich habe ihm nie dafür gedankt, dass er mich aus dem Tunnel getragen hat.«
»Er hat keinen Dank erwartet. Nicht von uns.«
Überall standen Töpfe und Pfannen, manche leer, andere mit Knoblauchwasser gefüllt.
Magiere seufzte. »Ich hole meine Lederrüstung. Sind wir bereit?«
»Ich denke, schon. Oh, es gibt da einen verborgenen Keller unter einem Stall die Straße hinauf. Ich habe Rose und die anderen Kinder dort untergebrach t … so viele der Kleinsten, wie dort Platz fanden.«
»Gut. Wo wirst du sein?«
»Bei Karlin und den anderen ›Schützen‹. Jemand muss ihnen sagen, was sie tun sollen, wenn der Kampf beginnt.«
Magiere blinzelte. »Leesi l … Du kannst kaum gehen.«
»Schon gut. Caleb hat mir übel riechende Baumrinde zum Kauen gegeben. Sie dämpft Schmerzen und schmeckt noch schlimmer als sie riecht. Ich muss nur die nächsten Stunden überstehen.«
Der Instinkt sagte Magiere, dass sie ihn von hinten niederschlagen und zusammen mit Rose in dem Keller unterbringen sollte. Aber er hatte recht. Die anderen brauchten jemanden, der ihnen Anweisungen gab, jemanden, der einen kühlen Kopf bewahrte und sie zusammenhielt. Andernfalls würde die Hälfte von ihnen bei Rasheds Anblick weglaufen.
Leesil war so ruhig, und er hatte so viel hinter sich.
»Sei vorsichtig«, sagte Magiere schlicht.
»Du auch.«
Als Rashed erwachte, teilten ihm seine Sinne mit, dass die Sonne schon vor einer ganzen Weile untergegangen war. Der Rumpfboden fühlte sich hart an. Er drehte sich auf die Seite und stellte fest, dass er allein war.
»Teesha?« Er stand auf, von einem Augenblick zum anderen hellwach. »Teesha?«, rief er lauter.
Er kletterte durch die Falltür aufs Deck des alten Schiffes, tastete dort mit seinen Gedanken umher und suchte nach Teeshas
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