Dhampir - Halbblut
Mutter war tot. Beide verschwanden aus Magieres Leben, als sie noch nicht einmal alt genug gewesen war, sich ihre Gesichter zu merken. Manchmal hatte sie Leesil beneidet, weil er wusste, woher er kam, auch wenn er es vermied, darüber zu sprechen. Jetzt glaubte dieser arrogante Verrückte, dass sie jenen Geschöpfen ähnelte, die sie zu vernichten versuchte.
Magiere wollte diese Gedanken nicht mit Welstiel teilen, aber er schien mehr zu wissen als sonst jemand. Wenn er auch nur teilweise recht hatte, so mochte ihr Vater irgendwo in dieser Welt noc h … existieren.
»Du glaubst, mein Vater wurde gegen seinen Willen verwandelt und schuf mich als Waffe gegen Vampire?«
»Es wäre möglich.«
»Aber warum hat er mich verlassen? Er ließ mich in einem Dorf mit abergläubischen Bauern zurück, die mich hassten.« Magiere weinte nie und hatte nie geweint, aber ihre Stimme vibrierte ein wenig. »Warum hat er das getan?«
»Ich weiß es nicht«, antwortete Welstiel. »Vielleicht wollte er, dass du stark wirst.«
Magiere musterte den Mann ihr gegenüber und sah die Intelligenz in seinen Augen. »Woher weißt du von diesen Dingen? Bitte sag es mir.«
Er zögerte. »Ich lese und beobachte, und ich bin weit herumgekommen. Ich hörte, dass eine Jägerin der Untoten beabsichtigte, sich in Miiska niederzulassen, und ich wollte sie mit eigenen Augen sehen. Als ich dich zum ersten Mal erblickte, wusste ich Bescheid. Erinnerst du dich? Du warst in der Taverne und trugst dieses Kleid, das sich damals noch in einem besseren Zustand befand. Und du hast die Amulette wie jetzt versteckt.«
»Ja«, sagte Magiere. »Ich erinnere mich.«
»Setz dich.« Welstiel deutete aufs Ende des schmalen Bettes.
Diesmal kam sie der Aufforderung nach. Erneut zeigte er auf den Halsausschnitt des Kleids.
»Weißt du, was es damit auf sich hat?«, fragte er.
Magiere blickte nach unten, zog die Amulette aber nicht hervor.
»Ich bin mir nicht sicher. Der Topas glüht offenbar, wenn ich mich in der Nähe eines Vampirs befinde.«
Welstiel nickte. »Wie der Hund hat er die Aufgabe zu warnen. Der Topas reagiert auf die Nähe einer negativen Existenz. Das Knochenamulett ist anders. Ich habe davon gelesen, aber deins ist das erste, das ich sehe. Untote, die Blut trinken, nehmen Lebenskraft in sich auf. Sie sind wie ein leeres Gefäß, das ständig neu gefüllt werden muss. Eine negative Lebenskraft, wenn du so willst. Der Verzehr von Leben sichert ihre eigene Existenz und lässt ihre Körper so schnell heilen.
Aber du bist ein lebendes Wesen«, fuhr Welstiel fort. »Dieser Knochen hat durch einen Zauber besondere Eigenschaften bekommen. Der Kontakt mit einem lebenden Geschöpf ermöglicht es der betreffenden Person, ebenfalls Lebenskraft aufzunehmen und sie auf die gleiche Weise umzusetzen wie die Edlen Toten. Das einzige mir bekannte lebende Wesen, das Blut trinken und wie du dadurch heilen kann, ist ein Dhampir . Durch das Amulett wird mehr daraus als einfach nur die Aufnahme von Blut. Es erlaubt dir, dem Blut Lebenskraft zu entnehmen.«
»Woher könnte es stammen?«, fragte Magiere.
Welstiel runzelte die Stirn. »Du hast gesagt, dein Vater hätte es dir hinterlassen. Ich kenne nicht alle Antworten. Aber wenn ich deine Fähigkeiten hätte, würde ich nicht hier sitzen und mit mir reden. Ich würde mich auf den Kampf vorbereiten.«
»Ich verliere jedes Mal gegen Rashed«, sagte Magiere. »Wie kann ich gegen ihn gewinnen?«
»Halte dich nicht zurück. Werde einer von ihnen. Deshalb fürchten sie dich, weil du ihre Kraft gegen sie verwenden kannst. Kämpfe ohne Gewissen oder Moral. Nutze alle deine Talente.«
Welstiels Rat entsprach nicht dem, was Magiere hören wollte. Plötzlich wurde sie zornig auf seine Ehrlichkeit, als könnte es ihr Erleichterung verschaffen, den Boten für die schlechten Nachrichten verantwortlich zu machen. Magiere wusste, dass es sinnlos war, Vorwürfe gegen ihn zu erheben, aber es fiel ihr schwer, sich im gleichen Zimmer aufzuhalten wie er. Sie stand auf und ging zur Tür.
»Wir sehen uns nicht wieder«, sagte sie. »Nach heute Abend wird das nicht mehr nötig sein.«
19
Loni hatte sein Versprechen erfüllt und für Magiere neue Kleidung bereitgelegt: eine schwarze Kniehose, ein weißes Hemd und eine gut sitzende Lederweste. Darin bewegte sich Magiere nun viel leichter als in dem schweren Kleid. Als der Elf es anbot, erlaubte sie dem Hausmädchen, ihr das Haar zu kämmen und mit Lederschnüren zu einem langen Zopf zu
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