Dhampir - Seelendieb
um dich zu warnen.«
»Warum sollte dir etwas daran gelegen sein?«, fragte Toret.
»Es ist ein Glück für dich, dass unsere Ziele übereinstimmen. Welchen Verlauf nähme diese Angelegenheit, wenn du nicht einmal von ihrer Präsenz wüsstest?«
Toret trat näher, und daraufhin sah Chane beide Männer durch die Augen seines Helfers. Wie lächerlich Toret neben dem Besucher wirkte. Er war klein und von niedriger Geburt. Sein violetter Kasack und die schwarzen, auf Hochglanz polierten Stiefel ließen ihn wie einen Hausjungen aussehen, der sich verkleidet hatte.
»Na schön, was schlägst du vor?«, fragte Toret schließlich.
»Die Dhampir und ihr Partner wohnen in der ›Klette‹ im Süden der Stadt. Du weißt, dass sie gegen einen Schwertkämpfer bestehen kann. Rashed war geschickt und stark, doch das nützte ihm nichts. Sie hat es nie mit Magie zu tun bekommen, und Rashed trat allein gegen sie an. Zwing sie, deinem arkanen Diener gegenüberzutreten, dem Beschwörer. Vergrößere deine Streitmacht. Sorg dafür, dass sie gegen mehr Gegner antreten muss.«
Toret nickte. »Ich habe bereits Vorbereitungen getroffen.«
Chane wusste nicht, was er von mehr Personen im Haus halten sollte. Er wollte frei sein von Toret, aber ihm war auch klar: Nachdem er ihn, Chane, in einen Untoten verwandelt hatte, war Toret zunächst sehr schwach gewesen. Die Erschaffung von mehr als einem neuen Diener schwächte und desorientierte ihn vielleicht so sehr, dass Chane einen Weg fand, sich von ihm zu befreien.
Das Gespräch steuerte offenbar dem Ende entgegen. Chane hätte gern alles gehört, doch er brauchte Zeit, um in den zweiten Stock zurückzukehren, bevor Toret dort eintraf. Er zog seine Wahrnehmung zurück und rief die Ratte zu sich. Als sie den Keller erreichte, nahm er das Tier, eilte zu seinem Zimmer und brachte es dort wieder im Käfig unter.
Er kramte in seinen Sachen, öffnete Schachteln und Beutel, bis er schließlich ein Kartenspiel fand. Damit kehrte er zur Öffnung in der Kellerwand zurück und eilte erneut durch den Geheimgang.
Warum hatte Toret keine weiteren Fragen in Hinsicht auf die Hilfsbereitschaft des Besuchers gestellt? Die Worte des Mannes deuteten auf eigene Pläne hin. Chane wäre erst dann bereit gewesen, den Rat des Fremden zu beherzigen, wenn er nicht den geringsten Zweifel an seiner Zuverlässigkeit gehabt hätte. Toret verhielt sich wie jemand, der mehr daran gewöhnt war, Anweisungen entgegenzunehmen als sie zu erteilen.
Im zweiten Stock verließ Chane den Geheimgang und ging durch den Flur zu Saphirs Zimmer. Als er eintrat, kämmte sie noch immer ihr Haar und sah ihn erwartungsvoll an.
»Hast du ein Kartenspiel gefunden?«
Er hob es, und Saphir klatschte in die Hände.
»Was sollen wir spielen?«, fragte sie.
»Zwei Könige. Und ich gebe.«
Eine schnelle Kutsche brachte Welstiel von Torets Haus zu einem bescheidenen, aber ordentlichen Gasthof namens »Bei Calabar« im zweiten Kreis der Stadt. Lanjow hatte nach ihm geschickt, und er wollte ihn nicht warten lassen. Als er eintraf, saß der Vorsitzende des Stadtrats an dem gewohnten Tisch, doch in den letzten Wochen hatte sich Lanjows Gesicht verändert. Falten rings um die Augen ließen ihn müde wirken.
An diesem Abend schien noch mehr auf ihm zu lasten, und Welstiel spürte eine sonderbare Furcht bei ihm. Er rutschte unruhig hin und her und sah sich immer wieder um, als wollte er nicht erkannt werden. Dann bemerkte er Welstiel.
»Deine Nachricht hat dringend geklungen«, sagte Welstiel ruhig.
Lanjow lächelte schief und wirkte erleichtert. »Ja, mein Freund. Bitte setz dich zur mir.«
Welstiel nahm auf der anderen Seite des Tisches Platz. »Was besorgt dich?«, fragte er.
Lanjow bedeutete dem Wirt, ihnen zwei Becher Wein zu bringen.
»Morgen schicke ich die Dhampir fort. Das sollst du als Erster wissen. Du hast mir dabei geholfen, sie zu finden, und deshalb wollte ich keinen Zweifel an meiner Dankbarkeit aufkommen lassen.«
»Du willst sie wegschicken?« Welstiel lehnte sich überrascht zurück. »Gibst du die Suche nach Chesnas Mörder auf?«
»Nein, natürlich nicht. Aber die Dhampir hat die verrückte Vorstellung, dass der Mörder ein Adliger ist, de n … den Chesna kannte. Es ist doch lächerlich, dass sich ein solches Geschöpf für einen von uns ausgeben könnte.«
Welstiel faltete die Hände auf dem Tisch. »Wie kommt sie zu ihrer Annahme?«
»Sie scheint eine Art Vision gehabt zu haben, als sie und das Halbblut mich zu
Weitere Kostenlose Bücher