Dhampir - Seelendieb
Rattenjunge durch fließendes Wasser folgen?
Weiter vorn führte der Tunnel durch einen breiten Torbogen und stieg abrupt an. Als Leesil näher kam, bemerkte er oben am Torbogen spitze Zacken, die sich bei einem weiteren Tor am Ende der Steigung wiederholten. Erhöhte Gehwege säumten das nach oben führende Tunnelstück, und Leesil hörte das Plätschern von Wasser. Chap passierte das erste Tor und setzte den Weg fort. Ein gelbes Glühen wurde neben Leesil von der Wand reflektiert, und er senkte den Blick.
Das Topas-Amulett leuchtete heller.
»Komm zurück, Chap!«, rief er.
Ketten rasselten im Tunnel, und die Spitzen eines Falltors zielten auf Leesils Kopf. Rasch sprang er zurück.
Leesil glaubte, einen Schemen zu sehen, der sich unter dem Eisentor zur anderen Seite rollte, bevor es heruntersauste. Salzwasser spritzte, und er schirmte seine Augen ab. Weiter oben an der Steigung hob Chap den Kopf, und sein Heulen hallte weit durch die Kanalisation.
Leesil leuchtete mit der Fackel und sah durchs Tor. Hinter dem oberen Tor kehrte der Tunnel in die Horizontale zurück und führte in einen großen, runden Raum. Es ließ sich nicht erkennen, ob es dort weitere Tunnel gab. Er hörte Chaps Knurren, doch der Hund befand sich inzwischen hinter der höchsten Stelle, außer Sicht.
Eine vertraute Stimme erklang.
»Schade, dass dich das Tor nicht getroffen hat.« Rattenjunges fast schrilles Lachen hallte von den steinernen Wänden wider. »Jetzt kannst du beobachten, wie ich das Tier töt e – du wirst nie wieder mit seiner Hilfe meine Spur finden.«
»Chap, komm zum Tor!«, rief Leesil, aber er hörte bereits das Platschen von Füßen in seichtem Wasser und wusste, dass sich Rattenjunge dem Hund näherte.
Chap war ein geborener Verfolger und Kämpfer, wie die Bärenhunde der Kriegsländer, die von Lords und Tyrannen für die Jagd auf Bären gezüchtet wurden. Jene Hunde scheuten keine Mühen, um der Beute zu folgen, und sie stürzten sich Hals über Kopf in den Kampf, wenn man sie nicht zurückhielt. Viele starben bei der ersten Jagd. Chap war sogar noch eigensinniger als die Bärenhunde.
Leesil fragte sich, welchen Zweck das Tor eigentlich erfüllen sollte. Weiter zur Bucht hin gab es andere, die von den Stadtwächtern geschlossen worden waren. Er suchte nach einer Möglichkeit, es zu öffnen, entdeckte aber nur Halterungen zu beiden Seiten. Eine von ihnen nahm die Fackel auf, und dann griff Leesil mit beiden Händen nach dem Tor und versuchte, es zu heben.
Es rührte sich nicht von der Stelle.
Chaps Knurren wurde lauter, ebenso das Platschen.
»Lass ihn in Ruhe!«, rief Leesil. »Komm zu mir.«
Selbst wenn Chap von seinem Gegner abließ – Rattenjunge verzichtete bestimmt nicht auf die Chance, den Hund zu töten.
Etwas huschte am zweiten Torbogen vorbei und ließ Leesil innehalten. Dort war es so dunkel, dass selbst er keine Einzelheiten mehr erkennen konnte. Er nahm die Fackel und warf sie durch den Tunnel auf den erhöhten Gehweg, so weit er konnte. In ihrem Schein beobachtete er, wie Rattenjunge im oberen Tor um Chap herumsprang, dessen Fell durch das Licht der Fackel einen goldenen Ton bekam.
Rattenjunge wich zur Seite aus, schlug mit einem kurzen Schwert zu und verfehlte nur knapp Chaps Hals.
» Valhachkasej’â! «, fluchte Leesil und bedauerte, Vàtz nicht die Armbrust abgenommen zu haben, bevor der Junge losgelaufen war.
Chap sprang auf Rattenjunge zu und hinter ihn, schnappte nach seinem Knie. Der Untote schrie, wirbelte herum, trat und traf den Hund an der Seite. Chap fiel und geriet außer Sicht.
Das laute Platschen wiederholte sich.
Rattenjunge fauchte, hob sein Schwert und machte Anstalten, dem Hund zu folgen.
Leesil zog seine rechte Klinge und schlug auf die Gitterstäbe des Tors ein. Stahl traf auf Eisen, hinterließ aber nur eine kleine Scharte.
Rattenjunge sah in seine Richtung und grinste spöttisch, wandte sich dann wieder dem Hund zu. Leesil schlug erneut aufs Tor ein, und noch einmal, doch der Untote schenkte ihm keine Beachtung mehr.
Hinter dem Tor sauste ein silbriger Schemen von rechts heran.
Rattenjunges Kopf ruckte zur Seite, und er taumelte. Er richtete sich wieder auf und hob die freie Hand.
Ein Stilett aus hellem Metall steckte in seinem Hals.
Leesil beendete das sinnlose Einschlagen auf das Gitter und starrte verwundert. Auf diese Weise hätte er ebenfalls von einem Stilett Gebrauch gemacht, wenn es ihm sinnvoll erschienen wäre.
»Hör auf«, erklang eine glatte,
Weitere Kostenlose Bücher