Dhampir - Seelendieb
l – oder ich gebe ihn Leesil.«
Magiere sah zur Seite. Das gemeinsame Geld in Leesils Obhut?
»Dann sollte ich ihn besser verwahren«, sagte sie.
»Was soll das denn heißen?«, fragte Leesil und runzelte die Stirn.
Die Wahrheit lautete: Sie brauchten das Geld, und Magiere nahm es mit einem kurzen Nicken entgegen. Wenige Sekunden später erreichte das Ruderboot die von der Anlegestelle herabhängende Leiter. Chap winselte leise, und sein wedelnder Schwanz stieß gegen Karlins Kni e – dann sprang er vom Kai herunter ins Boot. Das kleine Skiff schaukelte heftig, und die beiden Ruderer begannen zu fluchen. Chap setzte sich zwischen die Sitzbänke und sah zu den anderen hinauf, während sein Schwanz mit dumpfem Pochen auf den Bootsboden schlug.
Leesil sah auf Chap hinab und wandte sich dann wieder an Magiere. »Ihn müssen wir nicht überreden«, meinte er scherzhaft.
Und dich ebenso wenig, dachte Magiere. Sie half ihm mit der Truhe und merkte dabei, dass Karlin am Kai entlangsah.
»Was ist?«, fragte sie.
»Oh, Pojesk steht in der Tür seines Lagerhauses und beobachtet uns«, erwiderte er.
Magiere folgte seinem Blick und sah den dürren Mann am Ufer.
»Er ist der Eigentümer jenes Lagerhauses«, stellte sie fest. »Vielleicht ist er aus geschäftlichen Gründen hier.«
»Vielleicht«, sagte Karlin langsam. »Aber er war dagegen, dass wir euch das Angebot aus Bela auch nur zeigten. Das Letzte, was er sich wünscht, ist Konkurrenz durch ein von der Stadt geführtes Lagerhaus.«
Die beiden Ruderer halfen den Passagieren, ihre Sachen an Bord zu bringen. Der Schoner mit Fracht für Bela hatte Miiska angelaufen, um eventuelle Reisende an Bord zu nehmen. Außer Magiere und Leesil warteten drei Männer mit ein wenig Gepäck. Aufgrund ihrer Kleidung hielt Magiere sie für arbeitslose Hafenarbeiter.
Sie bedauerte plötzlich, dass Karlin gekommen war, um sie zu verabschieden. Dadurch wurde alles noch schwerer.
»Nu n … « Sie zögerte unsicher.
»Alles Gute, Karlin«, sagte Leesil. »Wir sehen uns bald wieder.«
»Ja.« Karlin lächelte. »Bald. Und jetzt los mit euch. Chap wartet.«
Die fröhlichen Worte machten es etwas leichter. Magiere nickte Loni zu und kletterte dann ins Boot. Leesil folgte ihr.
Die Ruderer lösten die Leinen und legten ab. Magiere kniete an der Seite des Boots und ließ die Finger durchs blaugraue Wasser streichen. Es war kalt, viel kälter als die frische Luft. Als sich das sanft schaukelnde Ruderboot dem Schoner näherte, schien sich der Hafen dem Meer weit zu öffnen. Der wolkenverhangene Himmel wirkte größer und weiter als von Land aus, und Magiere fühlte sich ein wenig schuldig, weil sie in Gedanken so streng mit Leesil gewesen war. Plötzlich übte die Reis e – einige Tage auf Se e – auch auf sie einen gewissen Reiz aus. Sie sah den neben ihr sitzenden Leesil an: Lächelnd blickte er übers Wasser, und der Wind zupfte an einigen weißblonden Strähnen, die unter dem Tuch hervorragten. Er schien in Gedanken versunken zu sein und beobachtete, wie der Kai immer weiter hinter ihnen zurückblieb. Weiter vorn ragten die beiden Masten des Schoners auf, mit zusammengerollten Segeln und knarrender Takelage.
»Was denkst du?«, fragte Magiere.
»Ich denke, wie sehr ich jenen Elf hasse«, antwortete Leesil. »Für wen hält er sich? Einfach so deine Hand zu nehme n … «
Magiere schüttelte den Kopf. »Vielleicht sehen wir ihn nie wieder. Möglicherweise kehren wir nie hierher zurück.«
»Mach dich nicht lächerlich«, erwiderte er. »Natürlich kehren wir hierher zurück.«
»Du weißt, was uns erwartet.«
Leesil zögerte. »Wie viel Geld hat Karlin dir gegeben?«
»Ich habe es nicht gezählt. Warum?«
»Wenn wir in Bela sind, muss ich zu einem guten Schmied und mir einige neue Klingen anfertigen lassen.«
Magiere sah ihn groß an.
»Ja, ich habe zugehört, und ich weiß, was uns erwartet«, sagte er.
Eine Veränderung erfasste sein Gesicht, als er in Richtung der Anlegestelle sah. Sein Blick glitt in die Ferne, und er zog die Brauen zusamme n – er schien über etwas nachzudenken. Nicht der Schatten eines Lächelns lag auf seinen Lippen. Die Kiefermuskeln mahlten kurz, und er wirkte sehr ernst, hatte seine Ironie völlig verloren.
»Ich habe einige Idee n … um zu gewährleisten, dass wir lebend zurückkehren«, sagte er.
Der Ausdruck in Leesils Gesicht besorgte Magiere, und seine Worte überraschten sie.
»Du willst also zurück?«, fragte sie.
Verwirrte
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