Dhampir - Seelendieb
Gebäude zu errichten.«
Wynn musste die Antwort des Vorsitzenden teilweise für Tilswith übersetzen. Als sie damit fertig war, blitzte es in den grünen Augen des alten Gelehrten. Fast hätte Wynn erleichtert gelächelt, denn sie hoffte, dass ihrem Vorgesetzten dies genügte. Vielleicht würde Lanjow ihnen wirklich helfen.
»Ja, ja«, sagte Tilswith. »Beste Lösung. Wann?«
Lanjow seufzte. »Ich werde dafür sorgen, dass der Rat die Angelegenheit bespricht. Doch derzeit gibt es einfach nicht genug Geld für ein Projekt solcher Größe.«
Wynn sah sich in dem Büro um, wie auch Tilswith, und runzelte dabei argwöhnisch die Stirn. Lanjow rutschte auf seinem Stuhl verlegen zur Seite.
An den Wänden hingen dunkelblaue Gobelins, cremefarben eingefasst. Eine Wand zeigte ein Porträt von Chesna, der Tochter des Vorsitzenden, und gegenüber hing ein Bild des Königs. Der sumanische Teppich war dick genug, dass man darauf hätte schlafen können, und ein Teeservice aus Porzellan mit dazu passender Kanne stand auf einer Kirschholzkommode neben der Seitentür des Büros. Lanjows Tischtintenfass und die Spitze des mit einem kristallenen Griff versehenen Federkiels bestanden aus Silber.
»Ja«, sagte Tilswith. »Wir sehen Proble m … mit Geld.«
Wynns Hoffnung löste sich auf, als aus dem höflichen Bedauern in Lanjows Gesicht Ablehnung wurde.
»Ich respektiere die Gilde und freue mich, dass ihr in der Stadt seid«, sagte der Vorsitzende ernst. »Aber ganz ehrlich, Tilswith: Derzeit müssen wir uns um dringendere Angelegenheiten kümmern. Nein, sieh mich nicht so an, als wäre ich taub. Es gibt Ding e … kriminelle Ding e … die unsere Aufmerksamkeit erfordern.«
Diese Worte verstand der Domin, und er zögerte einige Sekunden.
»Das mit deiner Tochter mir leid tut«, sagte Tilswith. »Sie nettes Mädche n … unschuldig.«
Auch in Wynn regte sich Mitgefühl. Lanjow litt sehr unter dem Tod der Tochter, die direkt vor seinem Haus ermordet worden war. Wynn hatte nur wenige Einzelheiten gehört, doch die Beschreibung der Leiche genügte ihr völlig.
»Ich helfe, wenn ich kann«, fügte Tilswith hinzu.
Lanjow nickte steif. »Ja, ich weiß, dass du dazu bereit bist. Wir geben uns alle Mühe, den Mörder zu finden. Der Stadtrat hat einen Brief nach Miiska geschickt und um die Entsendung eines Dhampirs gebeten.« Er richtete einen fragenden Blick auf Tilswith. »Weißt du von solchen Geschöpfen?«
Beide Weisen sahen ihn an. Tilswith runzelte verwirrt die Stirn, beugte sich zu Wynn und erhoffte sich eine Erklärung von ihr.
Wynn wandte sich an Lanjow. »Was ist ein Dhampir?«
»Ein Jäger der Tote n – oder der Untoten«, erwiderte der Vorsitzende des Stadtrats. »Ja, ja, ich weiß, es klingt schrecklich abergläubisch, abe r … « Er unterbrach sich, und deutliches Unbehagen erschien in seinem Gesicht. »Ein übernatürliches Wesen hat meine Tochter getötet, daran habe ich nicht den geringsten Zweifel. Die Stadt braucht eine ebenso ungewöhnliche Person, um es zu jagen.«
»Aber was ist ein Dhampir?«, wiederholte Wynn.
Lanjow seufzte erneut. »Nach den Legenden handelt es sich dabei um den Nachkommen eines Vampirs und eines Sterblichen. Ein solches Geschöpf soll in der Lage sein, Untote zu vernichten.«
Wynn zögerte skeptisch, bevor sie die Worte für Tilswith übersetzte. Der alte Weise schnaufte abfällig.
»Kindermärchen«, sagte er. »Wir ähnliche Geschichten kennen über Àrdadesbàrn .«
»Wir sprechen von ›Todeskind‹«, erklärte Wynn. »Allerdings ist damit das Kind eines Wiedergängers gemeint, nicht das eines Vampirs. Wie viel bezahlt ihr diese m … Dhampir?«
»Überall an der Küste erzählt man sich von jener Person«, sagte Lanjow und überhörte die Frage nach der Bezahlung. »Offenbar entsprechen die Geschichten zumindest zu einem Teil der Wahrheit, so wie jedes Gerücht in seinem Kern etwas Wahres enthält. Die Dhampir und ihr Begleiter haben in Miiska mindestens drei Untote gejagt und besiegt, wie uns der Stadtrat jenes Ortes bestätigte.« Lanjow schüttelte langsam den Kopf. »Untot e … Allein der Gedanke, dass sie mehr sind als nur der Aberglaube einfacher Bauer n … «
Tilswith schnaufte erneut, aber Wynn war neugierig. Eine halbe Untote?
Der Domin schien auf das Thema des Gildenquartiers zurückkommen zu wollen, als es an der Seitentür klopfte.
»Herein«, sagte Lanjow fast erleichtert.
Crias Doviak, Sekretär des Stadtrats, öffnete die Tür und sah ins
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