Dhampir - Seelendieb
Schulter, und Darien trat zur anderen Seite. Der wortkarge Konstabler trug, wie für ihn angemessen, ein Hemd aus Leder und am Gürtel ein Kurzschwert und einen Knüppel.
»Aber jetzt ist alles geklärt?«, fragte er höflich. »Die Lieferung der bezahlten Waren erfolgt am Nachmittag?«
Pojesk lächelte und zeigte dabei seine gelben Zähne. Er wich noch etwas weiter zurück. »Ja, natürlich. Sie bekommt alles, bevor dieser Tag zu Ende geht.«
Magiere fiel auf, dass die Nähe des Konstablers Pojesk sehr unruhig werden ließ. Seine Nervosität erschien ihr zu groß für den Versuch, einer Kundin noch etwas mehr Geld abzuknöpfen, und Dariens Missbilligung ging über das normale Maß eines Stadtkonstablers hinaus. Magiere fragte sich, wen Pojesk sonst noch zu erpressen versuchte, und sie wollte es nicht so einfach dabei bewenden lassen. Doch Karlins Hand schloss sich etwas fester um ihre Schulter und zog sie sanft in Richtung Tür. Darien folgte ihnen nach kurzem Zögern. Magiere sah zu Pojesk zurück.
»Ich hoffe, es müssen keine weiteren Missverständnisse aus der Welt geschafft werden. Und du solltest besser hoffen, dass dir ein Besuch meines Partners Leesil erspart bleibt.«
Meister Pojesk lächelte nur.
Als sie das Lagerhaus verließen, hob Magiere die Hand und schirmte sich im hellen Sonnenschein die Augen ab.
»Er kann von Glück sagen, dass ihr beide gekommen seid.« Sie blinzelte und ließ die Hand sinken.
Karlin antwortete nicht und ging langsam in Richtung Ufer. Darien und sie folgten ihm.
»Wir möchten mit dir über den ›Seelöwen‹ reden«, begann Karlin langsam. »Als Caleb meinte, dass du zu den Anlegestellen gegangen bis t … Da dachten wir: Machen wir einen kleinen Spaziergang; vielleicht finden wir sie dort.«
»Ihr habt mich gefunden«, stellte Magiere fest. »Stimmt was nicht?«
»Ja und nein«, sagte Karlin. »Dir ist sicher klar, dass sich die Dinge in Miiska geändert haben. Als du und Leesi l … als Rasheds Lagerhaus niederbrannte, veränderte sich die Ökonomie der Stadt.«
Magiere atmete tief durch. Wieder lief alles auf Rasheds Lagerhaus hinaus.
»Wo es zuvor genug Geld gab, ist jetzt die Börse leer«, warf Darien ein. Er sprach ruhig, aber unverblümt. »Die Besitzer der kleinen Lagerhäuser behaupten, keinen Gewinn zu erwirtschaften, und die Stadt hat vor Monaten einen großen Teil ihrer Mittel dafür verwendet, den Bürgern zu helfen, die durch das Feuer ihren Lebensunterhalt verloren. Sie ist derzeit sehr knapp bei Kasse.«
Magiere setzte weiterhin einen Fuß vor den anderen und seufzte innerlich. Die Finanzkrise der Stadt interessierte sie kaum.
»Kann ich irgendetwas daran ändern?«, fragte sie.
»Ja«, antwortete Karlin geradeheraus. »Indem du deine überfälligen Steuern bezahlst.«
Magiere blieb abrupt stehen, und ihr verwirrter Blick wanderte zwischen dem beleibten Bäcker und dem schlaksigen Konstabler hin und her. »Überfällige Steuern?«
»Es gibt eine Steuer auf Handel und Geschäft, und sie wird aufgeteilt zwischen Mitteln für die Stadt und Abgaben für das Königreich. Zum Glück sind wir eine freie Stadt und brauchen nichts an einen Lehnsherrn abzuführen. Das weißt du natürlich. Du hast Miiska so sehr geholfen, dass es der Stadtrat bisher nicht über sich brachte, die Steuern von dir zu verlangen. Aber wir stecken in einer Krise, und alle müssen helfen, sie zu überwinden. Da der ›Seelöwe‹ jetzt wieder öffnet, erwarten wir auch Zahlungen von dir.«
Solche Worte hatte Magiere von Karlin gewiss nicht erwartet. Warum war sie bisher nie darauf hingewiesen worden?
Für Miiskas Befreiung von den Untoten hatten sie und Leesil etwas Geld erhalten, aber fast alles war für den Wiederaufbau der Taverne verwendet worden. Mit dem Rest hatte Magiere alle notwendigen Dinge für die Wiedereröffnung gekauft. Doch das konnte sie Karlin und Darien nicht sagen.
»Leesil kümmert sich um unsere Buchhaltung«, sagte Magiere und räusperte sich. »Ich muss mit ihm darüber reden.«
»Natürlich.« Karlin nickte. »Wir wissen, dass die Taverne gerade wiedereröffnet wird und es derzeit noch nicht zum Besten bestellt ist. Wie dem auch sei, ich muss jetzt gehen. Für heute Nachmittag ist eine Sitzung des Stadtrates anberaumt worden. Es geht dabei um einen Brief aus Bela, der offenbar so wichtig ist, dass er sofort besprochen werden soll. Heute Abend schaue ich im ›Seelöwen‹ vorbei.«
Darien nickte einen kurzen Gruß und ging dann in Richtung Stadt.
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