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Dhampir - Seelendieb

Dhampir - Seelendieb

Titel: Dhampir - Seelendieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barb & J. C. Hendee
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erwartungsvolle Freude wich aus Saphirs Gesicht, und sie richtete einen finsteren Blick auf Toret.
    »Du weißt nichts von dem zu schätzen, was ich für dich tue«, sagte sie scharf. »Den ganzen Tag und auch den Abend musste ich hier drin verbringen, während du draußen unterwegs gewesen bist, damit Chane seinen stinkenden Krimskrams für was auch immer besorgen konnte. Ich langweile mich! Ich langweile mich, hast du gehört? Was nützt ein neues Kleid, wenn niemand da ist, der es bewundert?«
    »So lasse ich dich nicht nach draußen«, wiederholte Toret. »Es gibt eine Grenze dafür, wie viel Aufmerksamkeit wir riskieren können. Geh und zieh dir etwa s … weniger Auffälliges an.«
    In Torets Worten erklang kein eifersüchtiger Zorn, sondern Vernunft, und das gab Chane zu denken. Seit der Nacht, in der Toret die Nachricht erhalten hatte, war er nicht nur nervös geworden, sondern auch vorsichtig. Vielleicht war bereits jemand auf sie aufmerksam geworden; das mochte die Erklärung dafür sein, warum Toret die Aufgabe dieses Abends schnell erledigen wollte.
    Saphir wirbelte herum und rauschte die Treppe hoch. Auf dem ersten Absatz warf sie einen verdrießlichen Blick über die Schulter und setzte den Weg dann fort.
    Chane blieb still, als sich Toret mit einer Hand übers Gesicht strich. Ganz gleich, was er gesagt hätte, er wäre dadurch nur zu einer Zielscheibe für den Zorn seines Herrn geworden. Es war besser, Toret kochen zu lassen.
    Chane nahm ein mentales Flattern wahr und glaubte, einen vorbeihuschenden Schatten zu sehen. Er ging durch den Salon zum Fenster.
    »Was ist?«, fragte Toret und folgte ihm.
    »Tihko«, antwortete Chane.
    »Hat er etwas gefunden?«, fragte Toret aufgeregt.
    »Das erfahren wir gleich.«
    Chane strich den Vorhang beiseite, öffnete den Schnappriegel und zog die beiden Fensterflügel auf. Als er den Fensterladen zur Seite klappte, kam ein großer Rabe zum Vorschein, der auf dem Sims gelandet war.
    Der Vogel trat vom einen Bein aufs andere, streckte die Flügel und neigte den Kopf. Chane bot ihm den Handrücken an, und der Rabe sprang darauf.
    »Was hat er gesehen?«, fragte Toret.
    »Bitte hab einen Moment Geduld, Herr.« Chane widmete dem Vogel seine volle Aufmerksamkeit.
    Sein Name bedeutete »Stille«. Wenn Tihko so nahe war, fühlte Chane prickelnde Wärme von der kleinen Messingkapsel, die an einer Kette unter seinem Hemd hing. Er schloss die Augen und verdrängte alles andere aus seiner Wahrnehmung. Tihkos Rückkehr bedeutete, dass sein Helfer zumindest einen Teil des Auftrags erfüllt hatte.
    Die Krallen des Vogels bohrten sich in Chanes Handrücken.
    Die Luft rauschte um ihn herum, und in der Dunkelheit hinter den geschlossenen Augen formte sich ein Bild. Chane zwang das kleine Selbst des Raben, sich zu konzentrieren, bis Erinnerungen Konturen gewannen.
    Es war noch immer neu und ungewohnt für Chane, mit den Augen des Raben zu sehen, und leider mangelte es dem Gedächtnis des Vogels an Klarheit und Struktur. Aus so großer Höhe gesehen wirkte Bela immer sehr klein. Chane flog weit über den nächtlichen Dächern der Stadt und beobachtete leere Straßen. Nur wenige Leute waren unterwegs, und die Höhe machte sie zu Punkten, die sich hier und dort im Licht der Straßenlaternen bewegten. Und doc h …
    Erkennen.
    Die Stadt sprang Chane entgegen, und ihm drehte sich der Magen um.
    Er schwebte in der leichten Brise, etwa zweimal so hoch wie das höchste Gebäude der Stadt. Auf der linken Seite sah er die Schlossmauern am Hang, und sie genügten ihm als Hinweis: Er flog über dem südlichen Händlerviertel im mittleren Kreis der Stadt.
    Von oben sah er helles Haar, zu hell für die meisten Menschen. Chanes Blick strich über die durch die Straße gehende Gestalt hinweg. Die Haut schien einen goldenen Ton zu haben, und es handelte sich um einen Mann. Er hob die Hände und band sich etwas um den Kopf, das sein Haar verbarg.
    Das Bild wackelte, und Chanes Blick durch die Augen des Raben reichte kurz zum sternenbesetzten Nachthimmel empor, bevor er sich wieder auf den nördlichen Bereich der Stadt richtete. Mehr hatte Tihko nicht gesehen, und deshalb war er zurückgekehrt.
    Chane öffnete die Augen, und der Rabe bewegte sich unruhig auf seiner Hand.
    »Nun?«, fragte Toret. »Hat er etwas gefunden oder nicht?«
    »Vielleicht«, sagte Chane ruhig. »Es könnte der Halbelf gewesen sein, oder vielleicht ein anderes Halbblut. Sie sind selten, aber auf der anderen Seite des Hafens liegt

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