Dhampir - Seelendieb
galt, und wieder prickelte Zorn in ihr. Doch stattdessen glitt Wynns Blick zum schlafenden Hund auf dem Bett.
Nach einer zu kurzen Ruhepause stellte Leesil fest, dass es bei ihren Plänen zu einer kleinen Veränderung kam. Hauptmann Schetnick hatte beim Wirt des Gasthofes eine Nachricht für Magiere hinterlassen. Sie lautete schlicht: Ich muss mit dir über den Zwischenfall im »Eschenwald« reden.
Sie entschieden gemeinsam, jenes Treffen so lange wie möglich hinauszuschieben. Leesil wollte herausfinden, wie weit der Schmied mit seinen neuen Waffen war, und Magiere beabsichtigte, die Gilde der Weisheit zu besuchen und Wynn möglichst viele Informationen in Hinsicht auf die Art des gesuchten Gebäudes zu geben. Ganz oben auf der Liste standen Häuser aus Stein mit Kellern. Leesil fand, dass sich Magiere zu sehr über die Bereitschaft der jungen Frau freute, ihnen zu helfen. Wynn konnte sich als nützlich erweisen, aber sie wussten nichts über die angeblichen Gelehrten von jenseits des Ozeans.
Leesil vereinbarte mit Magiere, dass sie sich mittags in Lanjows Bank treffen würden, und dann machte er sich auf den Weg zu Balgaví, mit Chap an seiner Seite. Als sie sich der Schmiede näherten und der Hund den Geruch von Feuer und Metall wahrnahm, lief er voraus.
Leesil trat ein, und ein plötzliches Zischen aus der Werkstatt begrüßte ihn. Überrascht stellte er fest, dass Chap an der westlichen Wand entlangtänzelte. Waffen aller Art hingen dor t – Speere, Schwerter und sogar einige Streitkolbe n – , und der Hund schien entschlossen zu sein, jede von ihnen zu beschnüffeln. Der bärgroße Schmied mit seiner ledernen Schürze beobachtete den Hund und sah dann Leesil an, doch es zeigte sich kein Ärger in seinem Gesicht. Stattdessen lächelte er.
»Gehört er dir? Ist er ein Jagdhund?«
»Etwas in der Art«, sagte Leesil. »Chap! Lass das und komm her.«
»Er scheint sich mit Waffen auszukennen«, brummte der Schmied anerkennend. »Sieh nur, er läuft immer wieder zur Saufeder. Damit könnte man einen ausgewachsenen Stier aufspießen.«
»Komm her, Chap!«, wiederholte Leesil.
Manchmal war Chaps Präsenz ein Segen, und bei anderen Gelegenheiten konnte das Verhalten des Hunds peinlich sein. Chap gehorchte, aber auf dem Weg zu Leesil beschnüffelte er alles, sah dann zum Schmied auf und wedelte mit dem Schwanz.
»Prächtiges Tier, ziemlich groß«, sagte Balgaví. »Ein solches Fell habe ich nie zuvor gesehen. Mein Vater hielt sich Wolfshunde, aber ihr Fell wurde struppig und rau, als sie heranwuchsen. Zu welcher Rasse gehört er?«
»Keine Ahnung, er war ein Geschenk«, erwiderte Leesil kühl. »Sind meine Waffen fertig?«
Balgaví stutzte, als er den Ton hörte. »Eine ja. An der anderen arbeiten wir noch.«
»Du hast von einigen Tagen gesprochen«, erwiderte Leesil scharf. »Das Stilett, das ich dir gegeben habe, ist zehnmal so viel wert wie die in Auftrag gegebenen Klingen.«
Ein Schatten fiel auf das schweißfeuchte Gesicht des Schmieds, und er drehte sich abrupt um, ging zum Arbeitstisch und nahm dort ein seltsames, schaufelartiges Objekt, das in einer Scheide steckte.
»Zwei Gesellen haben allein hieran gearbeitet. Wenn du in zwei Tagen etwas Besseres findest, so kannst du dein Stilett gern zurückhaben.«
Balgaví zog die Klinge aus der Scheide und reichte sie Leesil.
Der nahm sie entgegen und betrachtete sie aufmerksam. Das vordere Ende war wie ein flacher Spaten geformt und verjüngte sich ganz vorn. Auf der anderen Seite zeigte sich eine quergerichtete ovale Öffnung, die es erlaubte, die Klinge von hinten zu ergreifen und damit zuzuschlagen. Das Teil hinter dem Oval war der Griff, in Leder gehüllt. Wenn man die Waffe dort hielt, reichte die Außenkante der Klinge am ganzen Unterarm entlang und endete dicht unter dem Ellenbogen.
Leesil ergriff sie und schwang langsam den Arm.
Die Waffe war schwerer als erwartet, was einen Geschwindigkeitsverlust bedeutete. Zwei kleine, kurze Klingen boten ein Mehr an Agilität, doch dies hier entsprach genau seinen Vorstellungen.
Chap wedelte mit dem Schwanz, bellte und sah zu Leesil auf. Balgaví beobachtete sie beide neugierig, und sein Ärger verflog.
»Wogegen willst du damit kämpfen?«
Leesil begriff, dass er unfreundlich gewesen war, und er änderte seine Manieren.
»Du würdest es mir nicht glauben. Aber dies ist genau das, was ich mir erhofft habe. Wie lange brauchst du für die andere Klinge?«
»Noch einmal zwei Tage, schätze ich. Du hast
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