Dhampir: Steinerne Flut (German Edition)
mehr daran ändern.
»Nur was Hochturm betrifft«, sagte sie. »Seht Euch um. Ich habe Lebensmittel mitgebracht. Splitter arbeitet zu hart und zu lange, um zum Markt zu gehen, und Eure Mutter ist zu …«
»Nein, nein«, warf Mutter Eisenborten ein und klopfte ihrem Sohn auf die Brust. »Es geht uns gut, und du bist zurückgekehrt.« Sie drehte den Kopf halb zu Wynn. »Sprich nicht so, damit vertreibst du ihn!«
Erz-Locken schnitt eine Grimasse, als er diese Worte hörte. Vorsichtig nahm er die Hände seiner Mutter und bedachte Splitter mit einem nicht besonders freundlichen Blick. Sie antwortete mit einem noch unfreundlicheren.
Wynn wusste nichts von der Lebensweise der Steingänger, aber sie hatte eine Vorstellung davon, wie schwer es Erz-Locken gefallen war, nach Hause zu kommen.
»Nimm Platz und beruhig dich«, sagte er und führte seine Mutter zum Tisch.
Splitter hatte noch immer kein Wort des Grußes an ihn gerichtet. Aber sie trat ihm jetzt entgegen und ergriff Mutter Eisenborten an den Schultern.
»Nimm die Hände von ihr!«, zischte sie.
Erz-Locken wich zurück, und Splitter half ihrer Mutter in den einen Sessel.
Der Anblick seiner Familie bedrückte Erz-Locken ganz offensichtlich – er schien sich weit weg zu wünschen und sah zur Tür. Splitter verschränkte die Arme und erwartete offenbar, dass ihr Bruder ging, doch er blieb. Mutter Eisenborten streckte die Hand nach ihm aus, aber er sah wieder Wynn an. Die junge Weise versuchte ruhig zu bleiben, was ihr allerdings sehr schwerfiel.
»Ich hatte noch keine Gelegenheit, mich vorzustellen«, sagte sie. »Ich …«
»Ich weiß, wer Ihr seid«, brummte Erz-Locken.
Kälte erfasste Wynn. Die Herzogin hatte ihm – und vielleicht auch den anderen Steingängern – von ihr erzählt. Sie waren vor ihr gewarnt.
»Ja, ich habe die Texte von meinen Reisen mitgebracht«, bestätigte sie. »Ich bin verantwortlich für das Übersetzungsprojekt, vor dem Ihr und Meister Asche-Splitter Hochturm gewarnt habt.«
Erz-Locken löste behutsam die Hand der Alten von seinem Hemd und wich noch etwas weiter zurück.
»Verzeih mir, Mutter«, sagte er. »Hier gibt es jede Menge Verrat, und ich kann nicht bleiben.«
»Verrat?«, wiederholte Splitter und sah zu Wynn. »Von ihr?«
Mutter Eisenbortens verzweifelter Blick ging zwischen Sohn und Tochter hin und her. »Was bedeutet dies? Worüber redet ihr da?«
»Nein!«, sagte Wynn scharf, und ihre Worte galten Erz-Locken. »Ich muss die Texte sehen, um unser aller Sicherheit willen. Bitte …«
»Das reicht!«, rief Splitter und trat einen Schritt auf ihren Bruder zu. »Du sprichst von Verrat? Sieh dich selbst an! Wir haben genug gelitten, auch ohne den falschen Vorfahren, den du zu uns gebracht hast!«
Diesmal verzog Erz-Locken keine Miene und begegnete dem Blick seiner Schwester.
»Wir wollen nicht Teil von dir sein, oder von dem, was du geworden bist«, fuhr Splitter fort. »Ich werde nicht zulassen, dass du uns noch mehr besudelst. Hinaus!«
Der Wortwechsel verwirrte Wynn.
»Ich hätte nie gedacht, dass Hochturm gehen würde«, flüsterte Erz-Locken. »Aber so sehr du unsere Vergangenheit auch leugnest … Dadurch ändert sich nichts. Einer von uns, der lange vor unserer Zeit existierte, verlangte meine Dienste, und jetzt bin ich nicht mehr Teil dieser Welt.«
Erz-Locken trat in die halbdunkle Schmiede, und seine Mutter begann mit einem lauten Wehklagen.
Wynn eilte zur Tür. »Erz-Locken, bitte wartet!«
Er hatte bereits die Eingangstür erreicht und drehte sich nicht um. Wynn suchte verzweifelt nach einer Möglichkeit, ihn aufzuhalten. Über die Texte wollte er nicht reden, aber es musste etwas geben, das ihn innehalten ließ, wenn auch nur für einen Moment.
»Wer ist Thallûhearag?«, fragte sie.
Erz-Locken blieb stehen.
»Nein, Tochter!«, rief Mutter Eisenborten.
Wynn hörte Schattens Knurren, bekam aber keine Gelegenheit mehr, sich umzudrehen.
Etwas traf ihren Hinterkopf und stieß sie nach vorn, durch die Tür des Hinterzimmers. Sie fiel auf den Boden der Schmiede, und Schatten bellte in der Nähe, schnappte nach etwas. Wynn versuchte, sich herumzurollen und hochzustemmen, doch etwas stach in ihre Hände, als sie sie auf den Boden drückte.
Schatten stand zwischen ihr und der Tür des Hinterzimmers, das Rückenfell gesträubt, die Ohren angelegt und den Kopf drohend gesenkt. In der Tür sah Wynn die Schmiedin, eine Mischung aus Verblüffung und Abscheu in ihrem breiten Gesicht. Sie hielt sich den
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