Dhampir: Steinerne Flut (German Edition)
Chuillyon helfen«, sagte sie. »Auf den harten Zwergenbetten kann er kaum schlafen.«
Der Leibwächter antwortete nicht, und beide betraten das Gebäude, auf das Chane gezeigt hatte.
»Zuvor waren ihre Stiefel und der Mantelsaum nass von Meerwasser«, flüsterte Chane. »Ich habe es gerochen.«
»Meerwasser?«, wiederholte Wynn leise.
Ihr Kopf schmerzte; Schatten und sie hatten noch nichts gegessen. Eine von der Herzogin stammende Erinnerung an einen seltsamen Raum mit Wasser und einem Gitter stieg in ihr auf.
Wie von jemand herbeigerufen entstand das Bild vor ihrem inneren Auge.
Wynn senkte den Blick und stellte fest, dass Schatten sie beobachtete.
Etwas hatte sich in der Dunkelheit hinter dem Gitter bewegt.
»Wir sollten zu unserem Gasthof zurückkehren«, sagte sie. »Beim Essen reden wir über alles.« Sie sah zu Chane hoch und fügte hinzu: »Wir müssen erneut unsere Taktik ändern.«
Wynn bezahlte den Gastwirt für zwei Mahlzeiten, trug die beiden Teller aufs Zimmer und stieß die Tür mit der Hüfte zu. Es war gut, eine Weile mit Schatten und Chane allein zu sein. Einen Teller stellte sie für Schatten auf den Boden, die hungrig zu fressen begann, und setzte sich dann aufs harte Zwergenbett.
»Du solltest ebenfalls essen«, sagte Chane und nahm am Fußende des Bettes Platz.
Wynn war zu müde, um zu widersprechen, und zu besorgt, um etwas zu essen. Sie berichtete noch einmal von den Ereignissen bei der Begegnung mit Erz-Locken. Chane hörte aufmerksam zu und beugte sich vor.
»Du hast dir alle Mühe gegeben«, sagte er. »Es gelang dir, ihn zur Schmiede zu locken, und vielleicht hast du sein Interesse geweckt, aber er wollte seiner Neugier nicht nachgeben. Es ist nur konsequent, dass er seine Loyalität über persönliche Wünsche stellt, wenn ihm seine Berufung wichtiger ist als die Familie. Vielleicht ändert er seine Meinung, wenn er sich noch einmal alles gründlich durch den Kopf gehen lässt.«
Chanes Worte vermittelten keinen neuen Gesichtspunkt, aber Wynn fühlte sich trotzdem etwas besser.
»Vielleicht habe ich den Bruch in der Familie endgültig besiegelt«, sagte sie leise.
»Und wenn schon. Es geschieht jeden Tag, dass Familien auseinanderbrechen. Und einige von ihnen verdienen es nicht, gerettet zu werden.«
Chanes Kälte erstaunte Wynn. Sie wusste fast nichts über seine Vergangenheit.
»Leben noch einige Angehörige deiner Familie?«, fragte sie.
»Mein Vater, soweit ich weiß.« Er wandte den Blick ab. »Viscount Andraso von Rùrik, von Bela aus die halbe Halbinsel hinauf nach Guèshk. Meine Mutter nahm sich das Leben, kurz nachdem ich Toret begegnete, meinem Schöpfer, den man auch Rattenjunge nannte. Wenn man bedenkt, wie mein Vater sie behandelte, war der Tod ein Segen für sie.«
Wynn war überrascht und wusste nicht, was sie dazu sagen sollte. Etwas anderes fiel ihr ein.
»Wenn dein Vater stirbt …«, sagte sie. »Erbst du dann seinen Titel, sein Land, seinen Reichtum?«
Chane lachte humorlos. Es klang nach einem krächzenden, heiseren Schnauben.
»Toret hat damals das übernommen, was ich besaß. Allzu viel war es nicht, du hast es in Bela gesehen. Ich bin der einzige Erbe der Andraso, aber Tote erben nichts von Toten. Und selbst wenn das der Fall wäre … Ich bezweifle, dass mich der Adel anerkennen würde.«
»Nun, wenn uns meine nächste Idee in Schwierigkeiten bringt …«, sagte Wynn. »Dann gibt es wenigstens einen Ort, an den du dich zurückziehen kannst, wenn ich im Gefängnis von Calm Seatt ende.«
Chane kniff die Augen zusammen. »Was hast du vor?«
»Gleich«, sagte Wynn und sah zu Schatten.
Die Hündin hatte ihren Teller geleert und versuchte, die letzten Reste abzulecken. Wynn schnippte mit den Fingern, und Schatten hob den Kopf, kam näher und stieß Wynns Hand mit der Schnauze an.
Wynn strich ihr mit den Fingern über den Kopf, schloss die Augen und stellte sich Herzogin Reine vor. Sie ließ Bilder von dem feuchten Tunnel folgen, der zum Raum mit dem Wasser und dem Gitter führte.
Schatten schickte das Bild viel deutlicher zu ihr zurück.
»Ich sehe Reines Erinnerungen, mit ihren Augen«, sagte Wynn leise zu Chane. »Sie ist so tief unten, dass die Wände immer feucht sind und glänzen, und das einzige Licht stammt von Mineralienadern in den Wänden.«
Sie beschrieb, was sie zuvor gesehen hatte: wie Reine den Raum mit dem Wasser aufgesucht hatte, der verschlossen gewesen war, und dass sie den anderen Raum nicht betreten hatte. Sie gab Chane
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