Dhampir: Steinerne Flut (German Edition)
Wo wären sie besser untergebracht gewesen als in der Obhut der Steingänger?
Nach vorn … und sieh!
Dieser Befehl galt der Steinspinne, die sofort über die Tunneldecke huschte.
Während Sau’ilahk wartete, vergewisserte er sich, dass ihm der Steinwurm bis hierhergefolgt war. Kurz darauf kehrte die Spinne zurück und berichtete, dass der Weg frei war, und daraufhin setzte er sich wieder in Bewegung. Es dauerte nicht lange, bis er eine Abzweigung erreichte, wo drei Tunnel in drei verschiedene Richtungen führten. Dort verharrte er und sah sich jeden einzelnen Tunnel an.
Er konnte nicht so lange warten, bis seine Diener jeden der Tunnel untersucht hatten. Jederzeit konnte jemand zurückkehren oder der Aufzug nach oben gerufen werden.
Direkt voraus, in dem vom Aufzugschacht kommenden Tunnel, sah er mattes Licht.
Sau’ilahk drehte sich, blickte in die anderen Tunnel und wählte schließlich den mit dem Licht. Er brachte ihn nach kurzer Strecke in eine natürliche Höhle.
Das Licht dort kam nicht nur von phosphoreszierenden Mineralienadern in den Wänden, sondern auch von kleinen, dampfenden orangefarbenen Kristallen; es fiel auf zusammengewachsene Stalaktiten und Stalagmiten. Schatten machten den Ort zu einem Labyrinth aus dunklen Säulen. Zwischen ihnen bemerkte Sau’ilahk weitere dunkle Tunnelöffnungen.
Die Unterwelt fühlte sich ganz anders an als die Höhlen und Wege im Seatt weiter oben.
Hier waren die Wände nicht geglättet und die natürlichen Höhlen nicht erweitert, damit sie besser den Bedürfnissen der Zwerge entsprachen. Andere hätten diesen Ort vielleicht als unheimlich empfunden, aber Sau’ilahk fühlte sich irgendwie mit ihm verwandt. Die Felsen um ihn herum schienen für immer und ewig zu existieren, so wie er selbst.
Er bewegte sich in einer geraden Linie, schwebte durch Stalaktiten und Stalagmiten und näherte sich einer Öffnung, die ihm nicht ganz so dunkel erschien wie die anderen. Der Raum dahinter war kleiner als die erste Höhle, und es gab in ihr nur einige tropfende Stalaktiten an der Decke. Mehrere waren abgebrochen worden, um Platz zu schaffen. In der Mitte stand ein steinernes Rechteck, glatt und perfekt, und darauf lag ein Krieger-Thänæ in voller Rüstung.
Sau’ilahk näherte sich und verweilte bei Hammer-Hirschs Leichnam.
Der Zwerg war gewaschen und trug saubere Sachen, doch sein bleiches Gesicht war noch immer von Zorn und Schmerz gezeichnet. Die Augen waren erstaunlicherweise geöffnet. Die große Axt, die Sau’ilahk zu schaffen gemacht hatte, lag auf der breiten Brust, unter den Händen des Toten.
Ein steinerner Trog neben der Plattform enthielt trübes Wasser.
Sau’ilahk bemerkte eine Pritsche, die an der gegenüberliegenden Wand lehnte, bestehend aus einem Holzrahmen und Lederstreifen. Vier lange Eisenstäbe standen daneben. Sau’ilahk fragte sich, was dies zu bedeuten hatte. Tauchten Steingänger ihre Toten vor der Bestattung in Wasser? Ging es ihnen vielleicht darum, den Körper zu konservieren?
Er brauchte einen lebenden Steingänger, keinen toten Thänæ. Und wer auch immer sich um den Leichnam gekümmert hatte – wo befand er sich jetzt?
Sau’ilahk kehrte in die Haupthöhle zurück und hatte gerade ihre Mitte erreicht, als ein Donnerschlag durch die Unterwelt hallte. Er erstarrte.
Zwischen den natürlich gewachsenen Säulen sah er eine dunkle Gestalt. Sie kam aus einer der anderen Öffnungen und betrat die Höhle. Orangefarbenes Licht fiel auf dichtes rotes Zwergenhaar und einen Thôrhk am Hals.
Sau’ilahk flog der Gestalt entgegen, direkt durch die feuchten Säulen.
Der Zwerg riss einen großen Dolch von seinem Gürtel, und mit der anderen Hand schlug er an die Wand.
Ein weiterer Donnerschlag hallte durch die Düsternis.
Sau’ilahk hielt inne, als er ein Knirschen hörte. Schatten gerieten in Bewegung, und er wirbelte herum. Etwas kam aus der Höhlenwand.
Aus dunklem Fels entstand ein breites Gesicht und dann ein Körper.
Ein zweiter Steingänger kam direkt aus dem Felsgestein der Höhle.
Wynn versuchte ihre Gedanken zu sammeln, als man sie durch den Tunnel führte. Sie hielt Schatten am Rückenfell fest und sah sich nach Chane um. Ein junger Wearda richtete warnend das Schwert auf sie. Hinter ihm ging der entwaffnete Chane, bewacht vom anderen Leibwächter und dem Hauptmann.
Und der Hauptmann hielt ihren Stab.
Für einen Moment geriet Wynn fast in Panik. Um den Stab zu benutzen, brauchte sie ihre Schutzbrille. Sie rief sich das
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