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Dhampir: Steinerne Flut (German Edition)

Dhampir: Steinerne Flut (German Edition)

Titel: Dhampir: Steinerne Flut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barb Hendee , J. C. Hendee
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dünnen Band, die beiden von dünnem Leder überzogenen Holzdeckel von sprödem Zwirn zusammengehalten.
    Sie sah sich das Buch genauer an.
    Jemand hatte Teile des Zwirns durch Hanffäden ersetzt, und das Leder war mit etwas behandelt worden, das ihm die alte Geschmeidigkeit zurückgegeben hatte, obwohl es vom hohen Alter fleckig blieb. Als in Li’käns Schloss ihre Wahl auf dieses Buch gefallen war, hatte Wynn noch nichts von der Schriftrolle gewusst.
    Erz-Locken erschien neben ihr; er schien sich nicht mit der Rolle des stillen Beobachters begnügen zu wollen.
    »Warum ausgerechnet dies?«, fragte er.
    Wie Asche-Splitter hatte er sich gegen das Übersetzungsprojekt der Gilde ausgesprochen, doch jetzt zeigte er erstaunlich viel Interesse an den Texten.
    »Weil es vielleicht von jemandem namens Häs’saun geschrieben ist«, antwortete Wynn. »Einem weiteren vergessenen Diener des vergessenen Feindes. Er gehörte zu einer Gruppe namens ›Kinder‹: allesamt Vampire, eine andere Art von Edlen Toten, wie auch der Wrait. In Calm Seatt schien der Wrait vor allem an den Folianten interessiert zu sein, die die ›Kinder‹ betrafen.«
    Erz-Locken schaute aufmerksam zu, als Wynn den dünnen Band öffnete. Wie oft hatte sie versucht, ihren Vorgesetzten die Wahrheit über die Texte zu vermitteln. Es überraschte sie, dass dieser Steingänger ihre Worte nicht infrage stellte.
    »Worüber schreibt Häs’saun?«, fragte Erz-Locken.
    Hochturm hätte jetzt »Ruhe!« und »Kein Wort!« gebrüllt.
    »Drei Vampire und einige andere brachten etwas, das wir ›Kugel‹ nennen, bis in die Fernländer«, sagte Wynn. »In einem entlegenen Gebirge namens Pockenhöhen bauten sie ein Schloss. Ihre Aufgabe bestand offenbar darin, die Kugel zu bewachen.«
    »Warum? Was macht die Kugel?«
    »Das wissen wir nicht.«
    Diese Antwort entsprach der Wahrheit. Magiere, Leesil und Chap hatten die Ereignisse in der unterirdischen Höhle mit der Kugel unterschiedlich geschildert, aber eines stand fest: Nach der unabsichtlichen Aktivierung oder »Öffnung« durch Magiere hatte die Kugel sofort damit begonnen, alle Feuchtigkeit in Reichweite aufzunehmen.
    Das von Eis und Schnee weiter oben durchs Felsgestein sickernde Wasser war plötzlich ins brennende Licht der Kugel geregnet. Außerdem: Li’kän hatte sich über Jahrhunderte hinweg in dem Schloss aufgehalten, an einem Ort, wo sie keine Lebenskraft aufnehmen konnte; die Kugel hatte ihre Existenz irgendwie bewahrt.
    Erz-Locken runzelte die Stirn. »Wenn sich nur drei der Kinder auf den Weg zu den Pockenhöhen machten … Was ist dann mit den anderen? Ihr habt insgesamt dreizehn erwähnt. Wohin sind die übrigen verschwunden?«
    »Genau das möchte der Wrait vielleicht erfahren.«
    Und Wynn ebenfalls, insbesondere nachdem der Wrait so großes Interesse an Chanes Schriftrolle gezeigt hatte.
    »Lasst mich jetzt lesen«, sagte sie.
    Erz-Locken legte die Hände auf den Rücken und wandte sich stumm ab.
    Wynn schloss die dritte Truhe, benutzte sie als Tisch und legte Häs’sauns Text darauf. Sie nahm den zweiten Kodex, denn wenn ihre Vermutungen stimmten, musste sie feststellen, ob weitere Übersetzungen auf die Arbeit zurückgingen, die im ersten Kodex notiert war. Wieder fand sie Hinweise auf Abschnitte in nummerierten Büchern, aber woher sollte sie wissen, mit welcher Nummer welches Buch gemeint war?
    Sie blätterte durch Häs’sauns Text und bemerkte schließlich ein kleines, mit Tinte geschriebenes Zeichen in der linken oberen Ecke des Rückdeckels. Dieses Buch war als Nummer zwei markiert.
    Wynn nahm sich erneut den zweiten Kodex vor, öffnete auch den dickeren ersten und sah sich die Arbeitslisten an. Wie sich herausstellte, waren die in den beiden Kodizes genannten Buchnummern nicht fortlaufend. Die Datumsangaben überschnitten sich gelegentlich und reichten bis zum ersten Mond ihrer Ankunft in Malourné zurück. Auf welcher Grundlage hatte man entschieden, welche Übersetzungsarbeit in welchen Kodex eingetragen wurde?
    Weitere Überprüfungen konnte sich Wynn sparen. Die Oberen der Gilde hatten den zweiten Kodex vor ihr verborgen, und das bedeutete: Die Übersetzungen, die sie bereits gesehen hatte, waren nicht darin eingetragen.
    Die Bücher und Bündel in der dritten Truhe wirkten besonders alt und empfindlich, und Wynn beschloss, sich zuerst die Texte in den Regalen vorzunehmen. Sie suchte in ihnen nach Arbeitseinträgen oder weiteren Nummerierungen. Es gab ihr unbekannte Übersetzungen, die

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