Dhampir: Steinerne Flut (German Edition)
weiter und gelangte zu einem Abschnitt, der Vespana und Ga’hetman betraf, zwei andere Kinder. Es schien eine Art Reisebeschreibung zu sein.
Die Reise konnte nicht nach der in der Schriftrolle erwähnten »Trennung« der Kinder stattgefunden haben. Häs’saun wäre allein unterwegs gewesen, hätte also nichts von den Einzelheiten wissen können. Wynn verstand nur einige wenige Worte und suchte rasch nach Übersetzungen des Textes. Es gab welche, doch sie halfen ihr nicht viel weiter.
… im Westen des Angelpunkts der Welt … [geschwärzte Symbole, vielleicht eine Zahl] lange Nächte von K’mal … Khalidah wurde lästig … wich aber den Baumgeborenen aus … viele des unsauberen Blutes starben … einige füllten unsere Reihen …
Mit den Ortshinweisen konnte Wynn nichts anfangen, aber sie kopierte alles Wort für Wort, auch die Leerstellen, die auf fehlende oder nicht übersetzte Teile hindeuteten. Das eine oder andere war klar. Mit den »Baumgeborenen« waren vermutlich die Elfen gemeint, wahrscheinlich Vorfahren der Lhoin’na und An’Cróan. Und die vielen »unsauberen Blutes« bezogen sich vermutlich auf Menschen, und wenn bei Toten von »einige füllten unsere Reihen auf« die Rede war, so konnte das nur eines bedeuten.
Vespana und Ga’hetman hatten Untote geschaffen.
… wurden die Streitkräfte immer wieder … durch die Sâ’yminfiäl … ihre verrückten Gedanken verschlingen schwache erdgeborene Geister … wacher Schlummer und … die Rituale von Khalidah … die Drei mit dem verzerrten Flüstern des Gedankens … Versprechen und Ängste … die Wanderer in Erde, lenkten den Anker der Erde … fraßen sich durch die Wurzel des Berges …
Die Worte deuteten auf sonderbare Dinge hin. Am längsten dachte Wynn über »Wanderer in Erde« und »lenkten den Anker der Erde« nach. Der zweite Begriff erschien ihr seltsam – war damit vielleicht eine Belagerungsmaschine gemeint, die man gegen den Seatt eingesetzt hatte? Worauf auch immer sich die Worte bezogen, es gab einen Zusammenhang mit den Steingängern. Bei anderen Textstellen dauerte es länger, eine Verbindung zwischen ihnen herzustellen, und als es Wynn schließlich gelang, erschrak sie.
»Oh, nein, nein, nein«, flüsterte sie und las dann stumm weiter.
Die Rituale von Khalidah … die Drei mit dem verzerrten Flüstern des Gedankens … verschlingen schwache erdgeborene Geister …
Wynn wurde klar, was es mit den Sâ’yminfiäl, den Fressern der Stille, auf sich hatte. Es waren Zauberer.
Drei von ihnen hatten damals an der Belagerung von Bäalâle Seatt teilgenommen, zusammen mit Vespana und Ga’hetman.
Chane vermutete, dass der Wrait ein Beschwörer war; er konnte also nicht einer von ihnen sein. Was bedeutete: Khalidah war nicht der Wrait. Ein weiterer Name war einer der drei ihr bekannten Gruppen hinzugekommen, aber es blieben noch viele andere, die sich nicht zuordnen ließen. Noch gab es keine konkreten Anhaltspunkte, aber Wynn war immer mehr davon überzeugt, dass der Wrait unter den Ehrfürchtigen gedient hatte.
Aus irgendeinem Grund wollte er unbedingt herausfinden, wohin die dreizehn Kinder verschwunden waren. Und vielleicht ging es ihm auch darum, mehr über die Ereignisse bei Bäalâle Seatt zu erfahren.
Wynn wandte sich wieder Häs’sauns Text zu und sah sich mit einem weiteren alten Dialekt konfrontiert, den sie nicht beherrschte. Das wenige, das sich ihr erschloss, klang sehr sonderbar und rätselhaft. Sie öffnete ihr Tagebuch und blätterte zu den Einträgen der Namen aus den Übersetzungen.
Jeyretan, Fäzabid, Memaneh, Creif, Uhmgadâ, Sau’ilahk .
Der Wrait musste einer von ihnen sein. Sie wusste nicht, ob es etwas nützte, den Namen zu kennen. Vielleicht ging es nur darum, überhaupt etwas über den Feind zu wissen. Aber möglicherweise half es ihr dabei, andere Hinweise auf den oder die Ehrfürchtigen zu verstehen, auf das, was sie getan hatten, und auf eventuelle Verbindungen mit dem Wrait.
Sie las weiter, verstand nur jedes dritte Wort und war nicht sicher, ob sie richtig übersetzte und damit eine geeignete Grundlage schuf, um die anderen Worte zu erraten. Bald stieß sie auf einige seltsame Textfragmente, die offenbar in Beziehung zueinander standen.
… durch den Neid des Priesters auf uns … Gebete wie Flehen … mit dem dreischneidigen Segen des Geliebten … die Freude seiner dummen Eitelkeit …
Das war die beste Übersetzung, die sie zustande brachte, und sie konnte sich irren. Domin
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