Dhampir: Steinerne Flut (German Edition)
Sündenbock ändert nichts daran. Nur Ihr und die Königin …«
»Wollt Ihr sagen, dass nur die Königin und ich nicht an der Meeressehnsucht leiden können?«, fragte Reine bitter. »Dass nur wir nicht riskieren, einem Verlangen zum Opfer zu fallen, das nach und nach unseren Verstand frisst? Ein Grund mehr für mich, meinen Gemahl auf keinen Fall allein zu lassen!«
Chuillyon setzte zu einer Erwiderung an, aber Reine setzte sich auf.
» Schluss damit !«, sagte sie mit königlicher Schärfe.
Er klappte den Mund zu und runzelte verärgert die Stirn. Tristans Gesicht blieb ausdruckslos, aber es war trotzdem klar, dass er dem Elfen zustimmte. Sie in Sicherheit zu bringen war vermutlich seine Idee gewesen.
Jemand klopfte an die äußere Tür der Höhle mit dem Becken.
Die Störung war eine willkommene Ablenkung. Reine stand bereits, als Danyel die Tür öffnete.
»Es ist Meister Bollwerk, Hoheit!«, rief er.
Warum war er gekommen? Reine schritt durch die Höhle und blickte in den Gang. Meister Bollwerk wartete mit verschränkten Armen.
»Die Weise ist zurückgekehrt«, sagte er.
Hoffnung und Furcht durchströmten Reine. »Ihr habt sie nicht hierhergebracht?«
»Ich bin davon ausgegangen, dass Ihr sie nicht in der Nähe des Prinzen befragen wollt«, sagte der Steingänger. »Sie weilt bei ihren Gefährten.«
Reine traf eine Entscheidung. »Danyel, bleib beim Prinzen. Beobachte ihn aufmerksam. Tristan, Chuillyon …«
Sie traten bereits zu ihr.
Reine zögerte und sah zur anderen Höhle. Sie hatte Frey noch nie so lange während einer Flut allein gelassen, noch dazu während der höchsten des Jahres. Erneut wandte sie sich an Danyel.
»Wenn der Prinz erwacht … Sag ihm, dass ich nicht lange fort sein werde. Und lass ihn nicht in die Nähe des Beckens.«
Danyel blickte zum Gitter im Meerestunnel. »Und wenn sie erneut erscheinen?«
»Vertreib sie!«, befahl Reine.
»Reine!«, sagte Chuillyon scharf, obwohl er sie in Anwesenheit anderer Personen nur selten mit Namen ansprach. »Lasst Euch von Bitterkeit nicht dazu bewegen, ein älteres Bündnis in Gefahr zu bringen!«
»Du hast deine Anweisungen«, sagte sie zu Danyel.
Mit einem knappen Nicken reichte ihr der Wächter den Kamm mit dem Tropfen aus weißem Metall. Chuillyon seufzte laut, aber Reine achtete nicht darauf, verließ die Höhle und folgte Meister Bollwerk. Tristan und der Elf schlossen sich ihr an.
Sau’ilahk stand zwischen fünf toten Zwergen-Kriegern. Zwei waren gestorben, noch bevor sie begriffen hatten, was eigentlich geschah. Beim fünften hatte es zu lange gedauert, ihn zu töten. Sau’ilahk hatte sich beeilen müssen, und außerdem war es anstrengend gewesen, die Zwerge zu überwältigen, was bedeutete: Er hatte nicht einmal die Kraft eines ganzen Lebens erbeutet. Und der sechste Krieger war entkommen.
Doch Sau’ilahk hatte sich jetzt für einen bestimmten Weg entschieden und hielt an ihm fest.
Der Einsatz neuer Wächter bedeutete, dass eine Warnung erfolgt war. Bald würden andere von seinem neuerlichen Erscheinen erfahren. Er konnte nicht mehr den Kopf aus Wänden strecken und Leute überraschen, die sich in dem verborgenen Raum befanden.
Das Läuten einer fernen Glocke hallte mehrmals durch die Tunnel.
Sau’ilahk konzentrierte sich auf den nach unten führenden Gang hinter dem verborgenen Raum. Es war der einzige Ort auf dem Weg zur Unterwelt, an den er sich in aller Deutlichkeit erinnerte. Er blinzelte sich durch ein Dämmern und stand am Anfang des Tunnels.
Es würde sicher nicht lange dauern, bis die Wächter im verborgenen Raum vom neuen Zwischenfall erfuhren. Sau’ilahk schwebte durch den Tunnel, folgte seinen Biegungen und horchte aufmerksam, bis er schließlich den Alkoven am Ende sah.
Vier bewaffnete und gepanzerte Zwerge hielten dort vor der Tür Wache.
Sau’ilahk glitt in die Tunnelwand, bis nur noch sein Gesicht daraus hervorragte. Wenn er den Wächtern offen gegenübertrat, würden die Leute hinter der Tür ihre Rufe hören. Es hätte einen weiteren Alarm bedeutet, und einen Hinweis auf seinen aktuellen Aufenthaltsort. Außerdem wäre ihm dadurch weniger Zeit geblieben, das zu finden, was er suchte. Doch ohne wenigstens einen kurzen Blick durch die Tür fehlte ihm eine direkte Sichtverbindung, die er brauchte, um durch das Portal des Aufzugschachtes zu schlüpfen.
Seine Situation war alles andere als zufriedenstellend. Wenn er einen Diener für ein weiteres Ablenkungsmanöver einsetzte, so musste er damit
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