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Dhampir: Steinerne Flut (German Edition)

Dhampir: Steinerne Flut (German Edition)

Titel: Dhampir: Steinerne Flut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barb Hendee , J. C. Hendee
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den hüfthohen Steinblock erreichten, legte jeder von ihnen die Hand auf Hammer-Hirschs verhüllten Leichnam und flüsterte dem toten Thänæ einige Worte zu.
    Wynn erinnerte sich an die Ältesten der An’Cróan in den Fernländern. Sie waren groß gewesen, in Umhänge gehüllt, ihre Gesichter unbewegt. Die Zwerge hingegen waren klein und breit, gekleidet in Kniehosen und bunten Ornat – der Unterschied hätte kaum größer sein können.
    Eine weißhaarige Frau in einem dunkelblauen Gewand trat neben den Steinblock mit dem Toten. Im Gegensatz zu den Shirvêsh vor ihr hob sie den Kopf und blickte über die Menge der Versammelten hinweg.
    »Ich werde deine gute Stimme vermissen, und die Gerechtigkeit von Burskâp«, sagte sie laut und für alle.
    Wynn fragte sich verwundert, ob das letzte Wort eine Art Spitzname für Hammer-Hirsch war.
    »Freude sei mit dir, für immer«, sagte die Frau, beugte sich vor und küsste den verhüllten Kopf des Toten. »Möge Arhniká dir ihre Gunst schenken.«
    Wynns Augen wurden feucht.
    Arhniká, Vergoldetes Mahl, zählte zu den ältesten ihr bekannten Bäynæ, und man verehrte sie für die Tugend der Nächstenliebe. Ihre Shirvêsh halfen den Mittellosen, neue Berufe und Fertigkeiten zu erlernen, auf dass sie ein neues ehrenwertes Leben führen konnten. Wynn fragte sich, auf welche Weise ein Krieger wie Hammer-Hirsch die Zuneigung einer Anhängerin von Arhniká gewonnen hatte.
    Nacheinander traten die Shirvêsh zum Leichnam und sprachen den Segen für die von ihnen repräsentierten Ewigen. Schließlich kam die Reihe an Klöpfel. Mit geschlossenen Augen stand er da, und auch er flüsterte Hammer-Hirsch etwas zu. Auch er legte eine Hand auf den Toten und hob den Kopf.
    »Du warst unser starker Arm, der Kämpe für alle jene, die Hilfe brauchten«, sagte er. »In unseren Erzählungen wirst du weiterleben. Möge Bedzâ’kenge dich besingen.«
    Wynn wandte den Blick ab, ließ ihn über jene wandern, die auf der untersten Ebene des Theaters standen und das Ritual auf der Bühne beobachteten, und anschließend über die Sitzreihen. Plötzlich bemerkte sie ein vertrautes Gesicht.
    Splitter saß auf der anderen Seite der Bühne auf der untersten Stufe, noch immer wie eine Schmiedin gekleidet, als hätte sie ihren Arbeitsplatz gerade verlassen. Ihre Züge brachten deutlichen Abscheu zum Ausdruck.
    Wynn zog an Chanes Ärmel. »Sieh nur.«
    Chane folgte ihrem Blick, erkannte Hochturms Schwester und kniff in einem Anflug von Feindseligkeit die Augen zusammen. Dann zog er die Stirn kraus und schien ebenso verwirrt zu sein wie Wynn.
    Splitter musste die Schmiede für einige Tage geschlossen haben und mit der Tram hierhergereist sein, um an der Trauerfeier teilzunehmen. Es gab keine direkte Lift-Verbindung von Meerseite zum Gipfel des Berges. Hatte sie Hammer-Hirsch persönlich gekannt, oder war sie wie all die anderen hier, um ihm die letzte Ehre zu erweisen? Ihr Gesichtsausdruck deutete auf etwas anderes hin. Sie schien Wynn nicht zu bemerken und hielt den Blick starr auf die Bühne gerichtet beziehungsweise auf eine der beiden quadratischen Öffnungen in der Rückwand.
    Bevor Wynn weiter darüber nachdenken konnte, erhob sich ein dumpfer Ton im Amphitheater. Alle Shirvêsh begannen mit tiefen Stimmen zu singen, als sie nacheinander die Treppe von der Bühne heruntertraten. Ihr Gesang hallte von den Wänden wider und ließ den Boden unter Wynns Füßen vibrieren.
    Den Text des Liedes verstand sie nicht – vielleicht handelte es sich um einen alten Dialekt, der solchen Zeremonien vorbehalten blieb. Sie erkannte nur die Namen der Ewigen, aber die donnernde Melodie des Gesangs sagte ihr mehr als Worte. Schließlich kehrte auch Klöpfel vom Podium zurück, doch Wynn bekam keine Gelegenheit, sich mit neuen Fragen an ihn zu wenden.
    Drei in Rüstungen gekleidete und bewaffnete Zwerge erhoben sich auf der anderen Seite des Theaterrunds, zwei von ihnen mit Thôrhks ausgestattet. Der dritte Krieger wirkte irgendwie vertraut auf Wynn. Bei ihnen war ein junger Shirvêsh im weißen Gewand eines der drei Krieger-Bäynæ. Alle vier standen dicht beisammen und sprachen miteinander, und als Klöpfel vorbeikam, neigte der jüngere Krieger den Kopf.
    Plötzlich erkannte Wynn ihn. Es war Carrow, Hammer-Hirschs Stammesbruder aus dem Begrüßungshaus.
    Der Mönch streckte rasch die Hand aus, und Klöpfel gesellte sich der kleinen Gruppe hinzu.
    Sie standen nicht weit von der Stelle entfernt, wo Splitter saß, doch die

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