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Dhampir: Steinerne Flut (German Edition)

Dhampir: Steinerne Flut (German Edition)

Titel: Dhampir: Steinerne Flut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barb Hendee , J. C. Hendee
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zornig? Und warum hatte er ein solches Wort benutzt, um den Tod seines Stammesbruders zu beschreiben?
    Wynn beobachtete die Gruppe aufmerksam, bis sich Schatten plötzlich in Bewegung setzte. Sie wollte die Hündin festhalten, als sie ihre Wachsamkeit bemerkte: Mit aufgestellten Ohren stand sie da, den Blick auf Klöpfel und die anderen gerichtet. Wie angewidert wandte sich Carrow von den anderen ab – und Schattens Kopf bewegte sich.
    Die Aufmerksamkeit der Hündin galt nicht der ganzen Gruppe, sondern vor allem Carrow. Dann sah sie zu Wynn hoch und jaulte leise. Es klang so, als wüsste sie nicht, was sie tun sollte.
    Wynn legte ihr die Hand auf den Kopf, und als sie Schatten berührte …
    Erinnerungsbilder entstanden vor ihrem inneren Auge.
    Sie blickte durch einen langen Tunnel, erhellt von weit auseinanderstehenden Kohlenpfannen. Dann bewegte sie sich und ging durch diesen Tunnel. Große und kleine Steinbrocken lagen auf dem Boden. Wynn sah zur Seite, strich mit der Hand über Stein, fühlte Mulden und tiefe Furchen. Überall waren die Wände mit großer Kraft bearbeitet worden.
    Eine Mulde war so tief, dass ihre dicken Finger bis zum letzten Knöchel einsanken.
    Kälte breitete sich in Wynn aus. Die Hand war breit, schwer und voller Schwielen. Das Handgelenk erschien ihr mindestens dreimal so dick, wie es eigentlich der Fall sein sollte.
    Diese Erinnerung gehörte nicht ihr.
    Sie sah auf Schatten hinab, die Klöpfel beobachtete, wie er sich von der Gruppe löste und an anderen Zwergen vorbeiging. Ein weiteres Bild stieg in Wynn auf.
    Sie sah Hammer-Hirschs im Tod erstarrtes Gesicht, blass, schockiert und zornig. Das Gesicht des Toten verschwand und wich einem Bild, das einen der beiden Shirvêsh aus dem Tempel der drei Krieger-Bäynæ zeigte.
    Sie beobachtete, wie sie zu ihr sprachen, die Gesichter voller Anspannung, doch ihre Stimmen waren verzerrt und unverständlich. Wynn begriff plötzlich, dass diese Erinnerungen auch nicht von Schatten stammten.
    Sie nahm die Hand vom Kopf der Hündin und atmete schwer.
    »Was ist?«, fragte Chane. »Stimmt was nicht?«
    Schatten neigte den Kopf, und ein Ohr zuckte wie verwirrt.
    Wynn schauderte. Die Erinnerungen stammten nicht von Schatten, sondern von jemand anderem, vielleicht von einer Person, die sich hier an diesem Ort befand. Aber das war nicht möglich.
    Chap konnte aufgenommene Erinnerungen nicht weitergeben, und Wynn hatte andere wahre Majay-hì kennengelernt. Sie verfügten nicht über diese Fähigkeit, fremde Erinnerungen aus einiger Entfernung zu erfassen. Chap hatte ihr einmal von der »Erinnerungssprache« erzählt: Majay-hì konnten Erinnerungen weitergeben und auf diese Weise miteinander kommunizieren, aber dazu waren Berührungen notwendig. Erinnerungen von Dritten empfingen sie nur, wenn sie von jemandem weitergegeben wurden, der sie bei einem direkten Kontakt empfangen hatte. Das erklärte, wieso Schatten einige vage Erinnerungen von Seerose empfangen hatte, lange nachdem Chap fort war.
    Chaps doppelte Natur – ein Feenwesen, wiedergeboren in einem von Feen abstammenden Körper – und sein Bemühen, den Makel fehlerhafter Magie in Wynn zu beseitigen, hatten sie irgendwie in die Lage versetzt, seine geistige Stimme zu hören. Vielleicht erklärte das auch, warum Schatten allein bei ihr die Erinnerungssprache benutzen konnte.
    Aber nicht mit gestohlenen Erinnerungen.
    »Wie ist das möglich?«, flüsterte Wynn.
    Schattens blaue Augen wurden so groß, dass sich die gelben Flecken darin deutlich zeigten. Sie kam näher, beschnüffelte Wynn – und sprang plötzlich.
    »Nein!«, quiekte Wynn.
    Schatten stieß mit den Vorderpfoten an ihre Brust.
    Wynn fiel und landete auf dem Rücken. Schatten nutzte die gute Gelegenheit und drückte ihr die Schnauze an die Wange. Dem Kontakt folgte eine wahre Flut von Bildern.
    Ein zertrümmerter Tunnel …
    Hammer-Hirschs blasses, totes Gesicht, sein Haar voller grauer Strähnen …
    Zwei ältere Shirvêsh in weißen Gewändern, die Gesichter voller Sorge …
    »Lass sie in Ruhe!«, zischte Chane.
    Wynn war noch immer verwirrt und benommen, als sich Schatten von ihr abwandte und nach etwas oder jemandem schnappte. Die junge Weise setzte sich auf und stellte fest, dass die Hündin mit gesträubtem Fell dastand.
    Schatten sah in die andere Richtung und knurrte, zitterte dabei am ganzen Leib. Und Chane …
    Er stand zwei Schritte entfernt, hielt sich die Hand und starrte auf die Hündin hinab.
    Wynn begriff. Chane musste

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