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Dhampir: Steinerne Flut (German Edition)

Dhampir: Steinerne Flut (German Edition)

Titel: Dhampir: Steinerne Flut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barb Hendee , J. C. Hendee
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überrascht gewesen.
    »Natürlich«, hatte er gesagt. »Du kannst bei mir stehen.«
    Klöpfel hatte ihr erklärt, dass die Hassäg’kreigi nicht für alle gestorbenen Thänæ kamen. Nur jene, die würdig genug waren, für das Volk erhalten zu werden, gingen »ein in Stein«. Als Wynn gefragt hatte, was das bedeutete, hatte er nur mit dem Kopf geschüttelt. Es schien ihm schwerzufallen, ihre Fragen zu beantworten.
    Stein wurde wegen seiner Dauerhaftigkeit geschätzt; die Zwerge sahen in ihm gewissermaßen die Knochen der Welt. Selbst wenn sie brachen, bestanden sie noch immer aus Stein, und die einzelnen Teile würden eines Tages neu geboren werden. In den Stein einzugehen bedeutete, Teil dessen zu werden, was die Welt stützte und stabil hielt. Nur jene Thänæ, die sich als besonders tugendhafte Vorbilder erwiesen hatten, wurden von den Steingängern geholt. Die Knochen der Erde verdienten nicht weniger. Klöpfel wies darauf hin, dass er die Steingänger in all seinen Jahren nur zweimal gesehen hatte.
    Anschließend hatte Wynn gefragt, ob etwas nicht stimmte, und ganz deutlich erinnerte sie sich an den Ernst im Gesicht des alten Mönchs. Klöpfel hatte nicht geantwortet, aber den Eindruck erweckt, als gingen ihm finstere Gedanken durch den Kopf.
    Wynns Gedanken kreisten vor allem um die Steingänger, und dieser Umstand bescherte ihr Schuldgefühle. Der so starke und lebendige Hammer-Hirsch war nur eine Nacht nach ihrer ersten Begegnung gestorben. Der Tod schien zu oft in ihrer Nähe zu lauern. Und jetzt … Wie ehrte sie diesen Verlust? Mit einem Sakrileg, indem sie ihn als Köder missbrauchte. Sie brachte es kaum fertig, den Blick zur Bühne zu heben.
    Hammer-Hirschs Leichnam ruhte auf einem hüfthohen Steinblock, unter einem schimmernden grauen Tuch, das ihn vor den Blicken der Versammelten verbarg.
    Auf der einen Seite des Blocks stand ein älterer, weißhaariger Thänæ mit einem glänzenden Gürtel aus Stahlschienen und zwei Kriegsdolchen in Brustfutteralen. Auf der anderen warteten drei Shirvêsh, in weiße Gewänder gehüllt. Sie stammten aus einem Tempel, der drei Bäynæ namens Stálghlên, Skâpagi und Mukvadân gewidmet war: Reinstahl der Kämpe, Schützer der Wächter und Wilder Eber der Krieger.
    Die Bestattungsfeierlichkeiten dauerten schon seit einigen Tagen an. Zuerst war der Leichnam sorgfältig vorbereitet worden, obwohl Wynn nicht wusste, was das bedeutete. Es folgten Totenwachen der Familienangehörigen, des Clans und schließlich des Stammes. Dieser Abend bildete den Höhepunkt der Trauerfeier. Wenn die Steingänger nicht kamen, wurde Hammer-Hirsch eingeäschert oder begraben; es hing von den Wünschen der Hinterbliebenen ab. Wenn sie sich für das Verbrennen entschieden, würden sie seine Asche nachher zum Hügelgrab der Familie bringen.
    »Nimmt man zuerst das Tuch von ihm, oder wird er so fortgebracht?«, fragte Chane leise.
    Wynn sah ihn an. Er schien sich nicht wie sie schuldig zu fühlen; sein Gesicht zeigte nur Faszination.
    »Wenn die Steingänger kommen, um ihn in Stein eingehen zu lassen, wird man das Tuch vom Leichnam nehmen, damit ihn sein Volk noch einmal sehen kann«, sagte Klöpfel. »Wir müssen warten.«
    Wynn dachte erneut über die Worte nach: »in Stein eingehen«. Als sie mit dem Aufzug hinauf nach Alt-Seatt gefahren waren, hatte Klöpfel im Zusammenhang mit den Steingängern auch die »Unterwelt« erwähnt. Bedeuteten die beiden Begriffe dasselbe?
    Sie glaubte fest daran, dass die Steingänger kommen würden.
    Hammer-Hirsch war etwas Besonderes gewesen. Nach all den hier Versammelten zu urteilen, hatte er Größe in einer Welt erreicht, in der andere nur nach Macht und Reichtum strebten.
    Wynn merkte, dass Chane auf sie herabsah und sie musterte. Vielleicht bemerkte er ihre Scham oder ihre Trauer. Seit der Rückkehr zum Tempel sah er besser aus, kräftiger. Er war noch immer blass, aber ein Hauch von Farbe zeigte sich in seinem schmalen Gesicht. Das Ziegenblut musste geholfen haben.
    Die drei Shirvêsh auf der Bühne hoben die Hände, und das Stimmengemurmel im Amphitheater wich Stille.
    Die Menge um Wynn herum geriet in Bewegung.
    Die Shirvêsh vor dem Podium bezogen hintereinander Aufstellung. Klöpfel schloss sich ihnen an und bedeutete Wynn und Chane mit einer knappen Geste zu warten. Nacheinander gingen die Mönche die Stufen zur steinernen Bühne hoch, auf der die drei in Weiß gekleideten Shirvêsh die Augen schlossen und den Kopf senkten. Als die anderen Mönche

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