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Dhampir: Steinerne Flut (German Edition)

Dhampir: Steinerne Flut (German Edition)

Titel: Dhampir: Steinerne Flut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barb Hendee , J. C. Hendee
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weniger, und nach einer Weile fehlten sie ganz. Dunkelheit umfing ihn, als er durchs Allerheiligste seines Gottes schritt.
    Dass er hierherbestellt wurde, so lange nach seiner Bitte, hielt er für ein gutes Zeichen. Zwar hatten im Lauf der Jahre andere diesen Ort aufgesucht, aber nur er war jemals zurückgekehrt …
    Mit Ausnahme der Kinder.
    Schließlich erreichte er die Kluft und schätzte die Entfernung zu ihrem Rand mithilfe des sich verändernden Echos seiner Schritte. Er fragte sich, ob er ein Licht anzünden sollte, um sich zu orientieren. Es wäre eine Schändung dieses heiligen Ortes gewesen, aber wie sonst sollte er den Weg fortsetzen?
    Sau’ilahk hob die Hand und ließ vor seinem inneren Auge schimmernde Zeichen und Sigillen entstehen. Ein Funke glänzte in der Luft, und er dämpfte dessen Licht rasch von einem grellen Weiß zu einem matten bernsteinfarbenen Ton, in der Hoffnung, dass er weniger anstößig war.
    Er stand am Rand einer Kluft, die so tief war, dass ihr Boden von seinem Licht unerreicht blieb. Die Wände führten nicht glatt nach unten, sondern wiesen scharfkantige Vorsprünge und Vertiefungen auf, wirkten stellenweise wie geborsten, als hätte etwas vor Urzeiten den Boden an dieser Stelle aufgerissen. Weiter oben setzte sich die Öffnung fort, bis hin zum Gipfel. Auf der anderen Seite der Schlucht sah Sau’ilahk eine weitere Wunde im Stein des Berges.
    Sie war so groß, dass ein Dutzend Dickhäuter hindurchgepasst hätte.
    Aber es gab keine Brücke, die auf die andere Seite führte, und jene Höhle war so tief, dass sein Licht ihre pechschwarze Finsternis nicht durchdrang.
    Plötzlich hörte er ein Knirschen.
    Zunächst wurde es immer lauter, bis Sau’ilahk fürchtete, dass es vielleicht von der Kluft kam, die noch breiter zu werden drohte.
    Etwas bewegte sich in der Höhle auf der anderen Seite, etwas glitt über rauen Stein. Sau’ilahk glaubte, ein Glitzern in der Dunkelheit zu sehen, als würde sich sein Licht auf einem glatten, sich windenden Leib widerspiegeln.
    Sau’ilahk sank auf die Knie und verbeugte sich so tief, dass seine Stirn den Rand der Kluft berührte.
    »Mein Geliebter«, flüsterte er. »Ich bin gekommen, wie du mir befohlen hast.«
    Ein Zischen kam von der anderen Seite der Schlucht.
    Bist du würdig?
    Er hörte die Worte nur in Gedanken, und sie waren selbst in seinem Kopf ein vages Flüstern. Er hob den Oberkörper wieder, hielt den Blick aber gesenkt.
    Ob er was würdig war? Seiner Hoffnung, seines Wunsches?
    »Ja, mein göttlicher Gebieter«, hauchte er, doch Zweifel ließ ihn zittern. »Ich diene, immer. Hast du … Habe ich dir jemals Anlass gegeben, daran zu zweifeln?«
    Diesmal kam sein Blick ein wenig nach oben – Sau’ilahk konnte der Versuchung nicht widerstehen. Doch jenseits der Kluft sah er nur reglose Finsternis.
    Noch nicht.
    Sofort starrte er wieder zu Boden und betrachtete seine schmalen, braunen Finger, perfekt geformt wie auch sein Gesicht. Eitelkeit bedeutete seinem Gebieter nichts; diese kleine Sünde sah er ihm bestimmt nach. Manchmal ließ sich Sau’ilahk dazu hinreißen, die eigene Schönheit zu bewundern – sie trug dazu bei, dass man ihm mit Ehrfurcht begegnete. Doch sie erfüllte ihn auch mit Furcht, denn er wusste, dass Schönheit vergänglich war. Im Gegensatz zu den ewigen, unsterblichen Kindern.
    Ich bin zufrieden mit dir. Vielleicht zufrieden genug, um deine Gebete zu erhören.
    Sau’ilahk wünschte sich vor allem eins: Er wollte nie sterben müssen und für immer Ehrfurcht in den Augen jener sehen, die den Blick auf ihn richteten.
    »Ewiges Leben, mein Geliebter?«, wagte er zu fragen.
    Bist du sicher, dass es dein größter Wunsch ist?
    Sau’ilahk zögerte.
    Die Kinder waren Werkzeuge des Blutvergießens: mächtig und nützlich, ja, aber nur, weil der Geliebte sie so erschaffen hatte. Sie hatten nicht hart und aufopferungsvoll für ihn gearbeitet, ohne etwas dafür zu erwarten, bis jetzt. Dennoch wurden sie geschätzt und bevorzugt, genossen die besondere Zuneigung des Gottes. War es zu viel verlangt, dass er, Sau’ilahk, ebenfalls ewig leben durfte, so ergeben wie er war?
    Dann soll es so sein, wie du es dir wünschst.
    Sau’ilahk wurde unruhig, hob ein wenig den Kopf und wartete darauf, dass … etwas geschah.
    Vielleicht hatte er damit gerechnet, dass er anders empfand, aber er fühlte sich wie immer. Doch sein Gott hatte gesprochen und ihm die einzige Gnade erwiesen, um die er jemals gebeten hatte.
    All das ungeduldige,

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