Dhampir: Steinerne Flut (German Edition)
Kopf. »Auch wenn wir ein anderes Portal finden, es könnte genauso beschaffen sein wie das hier. Keine Wächter, keine sichtbaren Verriegelungen … aber nicht zu öffnen.«
Das war typisch für ihn: erst neue Hoffnung zu wecken und sie dann gleich wieder zunichtezumachen. Wynn wollte eine entsprechende Bemerkung machen, aber Chane stand schon auf.
»Hier gibt es nichts mehr für uns zu entdecken«, sagte er. »Doch Splitters Besuch läuft auf eine Einladung hinaus.«
»Dieser Gedanke ist mir bereits durch den Kopf gegangen.«
Wynn erhob sich ebenfalls, unter Chanes wachsamem Blick. Auch in dieser Nacht hatten sie bei ihren Bemühungen einen Fehlschlag hinnehmen müssen und einen Preis bezahlt – Chanes Schwert war beschädigt.
»Nach Meerseite?«, fragte er.
»Zuerst holen wir unsere Sachen aus dem Tempel.«
Als sich Wynn umdrehte, saß Schatten bereits vor der nächsten Kurve des Tunnels, aber die junge Weise war so abgelenkt, dass sie nicht darauf achtete.
Wieder wartete Sau’ilahk außerhalb des Amphitheaters. Er war Wynn vom Tempel aus gefolgt und hatte beobachtet, wie sie und ihre beiden Begleiter hineingegangen waren. Er wagte es nicht, ihnen auch ins Theater zu folgen, denn dort kannte er sich nicht aus, und vielleicht sah man ihn, wenn er sich zu orientieren versuchte.
Die Beschwörung auch nur eines Dieners kostete zu viel Kraft – er war so geschwächt, dass die Anstrengung vielleicht sofortiges Dämmern für ihn bedeutet hätte. Er befürchtete, Wynn zu verlieren, wenn sie einen Weg durch die Tür fand, doch er musste bei Bewusstsein bleiben, das war wichtiger als alles andere.
Wenn sie nicht zurückkehrte, musste er bis spät in die Nacht warten, um dann mit der Suche zu beginnen. Vielleicht wäre es ihm gelungen, eine Spur von ihr zu finden. Außerdem brauchte er neue Nahrung, und es war sehr riskant, hier im Freien auf dem Berggipfel Lebensenergie aufzunehmen.
Das Warten setzte ihm zu, und er hielt es nur deshalb aus, weil er sich dem Ziel nahe glaubte. Als der Mond seinen höchsten Stand erreichte, kamen gedämpfte Stimmen aus dem nächsten Tunnel, und Sau’ilahk wich zwischen die Gebäude zurück.
Wynn kam zusammen mit ihren Gefährten aus dem Amphitheater.
Was hatte sie herausgefunden? War es ihr gelungen, einen Weg in die »Unterwelt« zu finden, was auch immer das sein mochte? Und wenn ja: War sie bereits dort gewesen und wieder zurückgekehrt?
Das hielt Sau’ilahk für unwahrscheinlich.
Er sah keine große Enttäuschung in Wynns Gesicht, als sie mit zielstrebigen Schritten über die Straße ging, aber er erkannte auch keinen Triumph darin. Da so spät in der Nacht sonst niemand unterwegs war, fiel es ihm nicht schwer, dem Trio zu folgen. Wynn und ihre Begleiter ließen sich erneut vom Aufzug nach unten tragen, und als sie die Haltestation von Bergseite erreichten, zögerten sie vor dem Eingang der großen Markthöhle.
Wohin wollte Wynn?
Nach einem kurzen Wortwechsel eilte Chane über die Straße und geriet außer Sicht. Wynn und Schatten blieben auf der anderen Seite des Höhleneingangs stehen.
Sau’ilahk wahrte sicheren Abstand und wartete hinter der Haltestation. Nach einiger Zeit kehrte Chane mit drei Rucksäcken zurück, und Sau’ilahk erlebte einen Moment der Panik.
Wynn wollte fort. Hatte sie die Suche nach zu vielen Misserfolgen aufgegeben?
Zusammen mit ihren Gefährten betrat Wynn die Höhle, und Sau’ilahk wusste nicht, was er davon halten sollte. Erstaunt glitt er näher. Um diese Zeit waren selbst in der Markthöhle nur wenige Leute unterwegs. Als er ihren Eingang erreichte, schritt Wynn zum Tunnel der Tram-Station.
Aber warum?
Er blinzelte sich durch ein kurzes Dämmern und erinnerte sich an den dunklen Tunnel hinter der Tram. Dort erwachte er, und es folgten einige nervenaufreibende Momente neuerlichen Wartens, bis die junge Weise schließlich erschien. Das Trio näherte sich dem Bahnsteig für Meerseite.
Sau’ilahk wich halb in die Tunnelwand zurück und beobachtete.
Es dauerte eine Weile, bis die Tram eintraf. Der Hund wich zurück und fletschte die Zähne, als Wynn versuchte, ihn in einen der Wagen zu ziehen. Es gelang erste, als Chane ihr dabei half. Alle drei setzten sich, der große Kristall ganz vorn leuchtete auf, Dampf wogte, und die Tram setzte sich in Bewegung.
Wynn war wieder nach Meerseite unterwegs.
Die plötzlichen Veränderungen machten Sau’ilahk unsicher. Ihm blieb nicht genug Zeit, seine Kräfte zu erneuern, und er hatte nicht
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