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Dhampir: Vergessene Zeit (German Edition)

Dhampir: Vergessene Zeit (German Edition)

Titel: Dhampir: Vergessene Zeit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barb J. C. Hendee
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erinnerte sie an Seeroses Blick bei ihrer ersten Begegnung.
    Mit einem leisen Schnauben machte die Hündin einen Schritt nach vorn.
    Wynn rührte sich nicht, hielt die Hand ausgestreckt, aber die Majay-hì zögerte, schien auf etwas zu warten. Schließlich wich sie wieder zurück, und der Moment der Annäherung war vorbei.
    Auch dem Majay-hì-Rudel war es schwergefallen, sich an Wynn zu gewöhnen. Das alte Oberhaupt der Gruppe hatte sie nie richtig akzeptiert. Seerose war damals die Erste gewesen, die sie in ihre Nähe gelassen hatte.
    Die Hündin stellte erneut ihre Ohren auf.
    Selbst Seerose hätte sich ohne Chaps Präsenz nicht von ihr anfassen lassen. Wie sollte sie das Vertrauen dieser Majay-hì gewinnen, ohne bei dem Versuch gebissen zu werden?
    Wynn beugte sich vor, die Hand noch immer ausgestreckt, bis sie sich mit der anderen auf dem Boden abstützen musste. Alle paar Zentimeter zögerte sie, um die Hündin nicht zu erschrecken.
    Die Majay-hì streckte erneut den Kopf, bis ihre feuchte Nase Wynns Mittelfinger berührte.
    Fremde Erinnerungen zogen plötzlich durch Wynns Bewusstsein. Die verschiedenen Bilder huschten so schnell vor ihrem inneren Auge vorbei, dass sie kaum Einzelheiten erkennen konnte.
    Chap, mit seinem silbergrauen Fell, auf das Sonnenlicht durchs Blätterdach des Waldes fiel …
    Seerose, die in der Nähe lief. Ihr weißes Fell schien zu leuchten, wo der Sonnenschein darauftraf …
    Sie liefen an Farnen mit violetten Tönen vorbei, irgendwo im Reich der Elfen …
    Wynn zog die Hand ruckartig zurück, schnappte nach Luft und sank auf ihren Allerwertesten.
    So vage und verschwommen die Erinnerungsbilder auch sein mochten, irgendetwas stimmte mit ihnen nicht. Sie war nie mit Chap und Seerose unterwegs gewesen, nie auf die Weise, die sie gerade gesehen hatte.
    Die Hündin legte den Kopf auf die Seite und schnaufte kurz.
    Wynn fröstelte, trotz der Wärme des Fiebers.
    Chap konnte Erinnerungsbilder wachrufen, die er schon einmal gesehen hatte, und manchmal nutzte er diese Fähigkeit, um nichtsahnende Personen zu manipulieren. Aber er hatte das Reich der Elfen vor fast zwei Jahren verlassen.
    Und die Bilder waren durch eine Berührung übertragen worden.
    Nur Majay-hì waren zu so etwas imstande. Untereinander kommunizierten sie mit der »Erinnerungssprache«. Aber diese Sprache stand Wynn oder anderen Menschen nicht offen. Eines Abends, in der Nähe des Rudels, hatte sie den Majay-hì »gelauscht«, aber nichts empfangen, nicht ein einziges Bild.
    Wynn hatte Chap und Seerose im Wald gesehen, als wäre sie mit ihnen gelaufen, doch jenes undeutliche, verschwommene Bild stammte nicht aus ihrem Gedächtnis. Und es konnte kein fremdes Erinnerungsbild sein, denn sie war nicht imstande, so etwas von einem Majay-hì zu empfangen. Außerdem: Ein so junges Tier konnte Chap gar nicht kennen.
    Was war gerade geschehen?
    Langsam und flach atmend kroch Wynn auf den Knien nach vorn. Diesmal wich die Hündin nicht zurück. Ganz im Gegenteil: Sie kam zwei Schritte näher. Erneut streckte Wynn die Hand aus und berührte das weiche Fell zwischen den Ohren des Tiers. Es hob den Kopf, und Wynns Hand glitt über den Hals.
    Wynns Finger strichen durch dichtes Fell, und unter dem dunklen Grau sah sie fast cremefarbene Unterwolle. Sie senkte den Blick, begegnete dem des Tiers.
    Wynn sah in hellblaue Augen mit kleinen gelben Flecken.
    Wieder erschien inmitten von Wynns Gedanken ein Bild, das ihr Seerose zeigte.
    Diesmal stammte das Erinnerungsbild eindeutig von ihr selbst, vom ersten Mal, als sie Seeroses Kopf streicheln durfte. Der plötzliche Erinnerungsstrom fühlte sich vertraut an, so wie damals, als Chap absichtlich solche Bilder in ihr wachgerufen hatte. Noch mehr Bilder zogen durch ihren Geist …
    Vier Welpen lagen bei einer cremeweißen Mutter mit gelben Flecken in den Augen, jeder von ihnen mit einer anderen Fellfarbe. Zwei männliche waren silbergrau, ein weiterer stahlgrau. Der letzte Welpe, ein Weibchen, war dunkelgrau.
    Bilder kamen und gingen.
    Vier junge Hunde spielten vor einem umgestürzten Baum, der Stamm moosbewachsen …
    Kleine pelzige Körper, größer und stärker geworden, liefen mit ihrer Mutter durch den Wald …
    Während einer Jagd nach Hasen, seltsam gefärbten Vögeln und schokoladenbraunen Eichhörnchen stolperte einer von ihnen über seine eigenen Pfoten und stürzte einen steilen Hang hinunter …
    Jeder Moment, den Wynn auf diese Weise erlebte, lag viele Monde zurück. Die Welpen wuchsen

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