Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dhampir: Vergessene Zeit (German Edition)

Dhampir: Vergessene Zeit (German Edition)

Titel: Dhampir: Vergessene Zeit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barb J. C. Hendee
Vom Netzwerk:
die sie bisher als Edle Tote kennengelernt hatte. Er konnte allein durch Berührung töten – offenbar war er imstande, Lebenskraft sehr schnell aufzunehmen – , und nur andere Untote oder ein Majay-hì schienen ihm widerstehen zu können. Im Vergleich damit war ein gewöhnlicher Vampir weitaus weniger gefährlich.
    Einige von ihnen hatten einzigartige Fähigkeiten. Leesil, Chap und Magiere hatten solche Kreaturen vernichtet, und Wynn hatte manchmal dabei geholfen. Durch Köpfen und Verbrennen löschte man die Existenz solcher Untoter aus, aber so etwas nützte nichts bei Geschöpfen, die keinen Körper in dem Sinne hatten. Über welche Fähigkeiten verfügte der Wrait, abgesehen davon, dass er offenbar stofflich werden konnte, wenn er wollte? Und was, wenn er außerdem auch noch ein Magier war?
    Wynn zwang sich zur Ruhe und summte die Melodie eines Lieds, das sie während ihrer Reisen von Leesil gelernt hatte. Eine schreckliche Wahrheit formte sich allmählich in ihrem Hinterkopf.
    Der Wrait schien zu viel über das Übersetzungsprojekt der Gilde und die Lieferungen der Folianten zu wissen. Der Erfolg des Plans an diesem Abend hing davon ab, ob die schwarze Gestalt erfuhr, dass sie sich in der Nähe von Pawl a’Seatts Skriptorium befand. Und niemand in der Gilde wusste von dem Plan.
    Am vergangenen Abend war der Wrait in Wynns Zimmer erschienen. Hatte es sich dabei um seinen ersten Abstecher ins Schloss der Gilde gehandelt, oder war er schon öfter da gewesen, vielleicht um herauszufinden, wann welche Folianten durch die Stadt getragen wurden? Er schien lesen zu können – immerhin hatte er es auf Texte abgesehen – , und wenn er einmal Sumaner gewesen war, verstand er vermutlich die sumanische Schriftsprache. Auch il’Sänke konnte einige der alten Dialekte seiner Sprache lesen, aber dafür brauchte er Zeit.
    Warum also stahl der Wrait übersetzte Passagen, anstatt sich die Originale vorzunehmen?
    Er konnte durch Wände gehen, und seit Wynns Rückkehr aus den Fernländern hätte er alle Gebäude der Gilde und auch die Katakomben durchsuchen können.
    Wynn ging noch langsamer.
    Ein Geschöpf, für das Wände keine Hindernisse darstellten, hätte in der Lage sein sollen, die Originale zu finden. Es sei denn, sie wurden an einem anderen Ort aufbewahrt.
    Wynn machte etwas längere Schritte. Dies war nicht der geeignete Zeitpunkt, sich von weiteren Rätseln ablenken zu lassen.
    Als sie erneut an der Parfümerie vorbeikam, zögerte sie und sah durch die Fenster. Die inneren Fensterläden waren verschlossen und verriegelt, verwehrten den Blick auf Glas- und Porzellanfläschchen mit teuren Parfums. Da es nichts weiter zu sehen gab, ging Wynn weiter – und blieb abrupt stehen.
    Eine schwarze Säule erhob sich mitten auf der Straße.
    Wynn zuckte zusammen, obwohl sie einen solchen Anblick erwartet hatte.
    Die schwarze Gestalt schien feste Substanz zu haben, und der Saum ihres schwarzen Mantels bewegte sich von ganz allein. Ohne Wynns mantische Sicht konnte ihr Blick die Dunkelheit unter der Kapuze nicht durchdringen. Wie fremdartig die Erscheinung war, und wie abscheulich – so grässlich wie eine dicke schwarze Spinne, die einem über den Arm lief.
    Wynn schauderte.
    Die Gestalt stand einfach nur da und näherte sich nicht. Spielte sie mit ihr? Wartete sie darauf, dass Wynn es mit der Angst zu tun bekam und floh?
    »Was suchst du?«, fragte Wynn und hörte, wie ihre Stimme schrill wurde. »Weshalb mordest du? Wofür?«
    Sie bekam keine Antwort.
    Es schien kälter zu werden. Jäher Frost biss in Wynns Gesicht und ihre ungeschützten Hände.
    Der Wrait glitt über die Straße und kam direkt auf sie zu.
    Wynn wirbelte herum und lief.
    Chane musste sich zwingen, an Ort und Stelle zu verharren. Seine linke Hand mit dem Ring lag noch immer auf Schattens Rücken.
    Wynn lief über die Straße und näherte sich seinem Versteck.
    Von il’Sänke war nichts zu sehen, und Chane wartete noch etwas länger. Der Wrait schloss viel zu schnell zu Wynn auf. Beide huschten an ihm vorbei, und von il’Sänke fehlte noch immer jede Spur.
    »Jetzt!«, krächzte Chane und nahm die Hand von Schattens Rücken.
    Die Majay-hì sprang mit einem Heulen auf die Straße, das Chane erzittern ließ. Er zog sein Langschwert, wartete zwei weitere Atemzüge und lief ebenfalls los.
    Mit der Klinge konnte er nichts gegen den Wrait ausrichten, aber das war auch gar nicht nötig. Er sollte nur helfen, die schwarze Gestalt abzulenken – allein darauf

Weitere Kostenlose Bücher