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Dhampir: Vergessene Zeit (German Edition)

Dhampir: Vergessene Zeit (German Edition)

Titel: Dhampir: Vergessene Zeit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barb J. C. Hendee
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ohnehin schon eine geringe Meinung von ihr, und wenn er sie beim Herumschnüffeln erwischte, stieg ihr Ansehen bei ihm bestimmt nicht. Vorsichtig griff Wynn nach der Klinke und öffnete langsam die Tür.
    Domin Hochturm saß hinter seinem Schreibtisch und schrieb auf ein Blatt Papier – er schien zu arbeiten. Aber sein Gesicht war ein wenig gerötet, und Schweiß glänzte auf der halb unter roten Haarsträhnen verborgenen Stirn.
    Domin Hochturm war allein.
    Wynn sah sich im Zimmer um. Wohin waren die beiden anderen Zwerge verschwunden?
    Es gab nur eine Möglichkeit, das Zimmer zu verlassen: durch die Tür. Aber es war niemand die Treppe heruntergekommen, und der einzige andere Weg führt nach oben, in die letzte Etage des Turms. Waren die Besucher des Domins nach oben geeilt, ohne dass Wynn etwas gehört hatte? Aber warum?
    Sie betrat das Arbeitszimmer und wusste noch immer nicht, ob Hochturm sie draußen gehört hatte.
    Es war ungewöhnlich, dass Zwerge Mitglieder der Weisengilde wurden. Manche hielten das sogar für unwürdig. Außer Hochturm kannte Wynn keinen anderen Zwerg, der zur Gilde gehörte. Er sprach nie darüber, aber sie vermutete, dass es ihm nicht leichtgefallen war, diese Entscheidung zu treffen und dem einmal eingeschlagenen Weg zu folgen.
    Schließlich sah er auf und seufzte.
    »Nun, was ist?«, fragte er.
    Vielleicht war er so sehr auf das Streitgespräch mit seinen Besuchern konzentriert gewesen, dass er tatsächlich nichts gehört hatte.
    »Ich bringe eine wichtige Nachricht, die nicht warten konnte«, antwortete Wynn rasch. »Die Texte von heute wurden nicht zurückgegeben. Meister Shilwises Schreiber sind mit dem Kopieren nicht fertig geworden, und er weigerte sich, unseren Boten die unfertige Arbeit zu geben. Er hat auch die Entwürfe behalten.«
    Hochturm stand auf. »Was?«
    »Du kannst nichts tun«, sagte Wynn, aber Hochturm stapfte bereits zu dem anderen Stuhl, auf dem sein Mantel lag. »Inzwischen ist der Laden geschlossen.«
    »Geschlossen?« In Hochturms dunklen Augen blitzte es.
    Wynn wollte ihn nicht noch mehr erzürnen. Ihr lag auch nichts daran, zum einzigen Ziel für seinen Zorn zu werden.
    »Alle Schreiber sind nach Hause gegangen«, fügte sie schnell hinzu. »Aber für eine Nacht sollten die Entwürfe sicher sein. Meister Shilwises Laden befindet sich in einem guten Viertel.«
    Hochturms Blick glitt durchs Zimmer. Er sah nicht zur Tür und der Treppe dahinter, sondern zur Nordwestseite des Arbeitszimmers.
    Durchs dortige Fenster konnte man die Nordwestmauer der alten Feste erkennen. Aber Hochturms Blick richtete sich nicht auf das Fenster, sondern verharrte links davon an der gewölbten Wand des Arbeitszimmers.
    »Narren und Fanatiker!«, zischte er leise.
    Er fand ins Hier und Heute zurück, richtete den Blick wieder auf Wynn. Seine Stimme klang wie das Grollen eines heranziehenden Gewitters.
    »Shilwise wird nie wieder Arbeit von uns bekommen! Ich muss Skyion Bescheid geben.«
    Hochturm stapfte zur offenen Tür des Arbeitszimmers und drehte sich halb, um in den kurzen Flur zu gelangen. Wynn spürte seine schweren Schritte auf den Steinplatten und war tief in Gedanken versunken, als der Domin die Wendeltreppe hinuntereilte.
    Thallûhearag … Hassäg’kreigi … Bäalâle Seatt …
    Letzteres war ein Mythos, den die Welt vergessen hatte, obwohl Wynn es besser wusste.
    Während ihrer Reisen im Reich der Elfen hatte Magiere die Erinnerungen des Ältesten Vaters gesehen, Erinnerungen, die bis zum »mythischen« Krieg zurückreichten. Die Streitkräfte des Feinds hatten eine Zwergenfeste namens Bäalâle Seatt belagert. Beide Seiten hatten schwere Verluste erlitten, doch was damals genau geschehen war, wusste heute niemand mehr. Der Ort war ebenso vergessen wie die Vergessene Geschichte.
    Aber im Arbeitszimmer von Domin Hochturm hatten sich zwei Zwerge aufgehalten, die darüber Bescheid wussten. Und was war mit dem anderen zwergischen Wort?
    Wynn betrachtete die Wand zur linken Seite des Fensters und flüsterte: »Steingänger.«
    Wohin waren Hochturms Besucher verschwunden?
    Von einem Augenblick zum anderen erwachte Chane Andraso aus dem Dämmerzustand. Der Abend war gekommen, und beim achten Glockenschlag, der das Ende des Tages markierte, hatte er sich nicht einmal gerührt. Er sollte seinen Mantel nehmen und zum Skriptorium »Gold und Tinte« eilen, das einem gewissen Meister Shilwise gehörte.
    Es hatte nicht lange gedauert herauszufinden, welche Skriptorien Aufträge von

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