Dhampir
wandten sich Magiere zu, und Leesil drehte sich mit der Absicht um, ihr zu helfen.
Én’nish sprang ihm in den Weg, in jeder Hand ein langes Stilett.
Magieres Blick richtete sich in dem Moment auf Nein’a, als sie die Lichtung betrat. Vor einem knappen Jahr hatte Leesil ihr von Nein’a und Gavril erzählt. Vorher hatte er sich über viele Jahre hinweg jeden Abend in den Schlaf getrunken, auf der Flucht vor Albträumen, die ihm eine Vergangenheit zeigten, der er nicht entkommen konnte.
Hier war Nein’a nun, doch sie hieß Leesil nicht willkommen. Magiere hörte kaum, was gesagt wurde, während sie darauf wartete, dass Leesils Schmerz nachließ.
Doch das geschah nicht.
Leesil verdiente Besseres. Es spielte keine Rolle, was er getan hatte. Dass ihn seine Mutter kalt zurückwies, war eine zu harte Strafe für ihn.
Die dumpfe Vibration in ihr, die sie seit Tagen und Nächten unter Kontrolle zu halten versuchte, wurde stärker und ließ sie erbeben. Als sich Sgäile Leesil von hinten näherte, spürte sie deutlich die Veränderung, wie eine innere Flut, der sie sich nicht entgegenstemmen konnte.
Sie griff nach Sgäiles Mantel.
Er schlug zu und traf sie am Hals. Sie fiel und sah plötzlich nichts mehr.
Als sie auf den Boden prallte, erwachte die Dhampir in ihr und verscheuchte den Schmerz. Der Sonnenschein blendete sie kurz, als sich ihre Sicht erweiterte. Sie rollte sich herum und sah Sgäiles Rücke n – sein Haar schien zu leuchten. Dann beobachtete sie, wie sich Leesils schimmernde bernsteinfarbene Augen mit Kummer und Sorge füllten, als er zu ihr sah.
Magiere trat von hinten gegen Sgäiles Bein und spürte, wie erste Tränen aus ihren brennenden Augen rannen.
Niemand durfte Leesil von hier wegbringen, bevor er bekommen hatte, wonach er so lange suchte.
Sgäile sank auf ein Knie, und gleichzeitig spürte Magiere Schmerz in ihrem Kiefer. Mit einer Hand stützte sie sich am Boden ab und wollte aufstehen, doch jemand stieß sie zur Seite. Zorn entflammte in ihr, als sie mit dem Gesicht im Moos landete und Leesil nicht mehr sehen konnte.
Sie drehte sich zur Seite und bemerkte etwas Graues über sich. Mit einem Knurren prallte Chap gegen Fréth, und Magieres Handgelenk löste sich aus ihren Fingern. Sie kam auf die Beine, und im gleichen Moment lief einer von Én’nishs Begleitern auf sie zu. Magiere sprang und schlug ihm die Hand gegen die Brust.
Die länger gewordenen Fingernägel bohrten sich durch den Stoff des Umhangs, und mit der anderen Hand griff sie nach dem Kragen. Magiere nutzte das eigene Bewegungsmoment, drehte sich und zog ihren Gegner herum. Graugrüner Stoff gab nach, als sie den Mann in Richtung der Bäume am Rand der Lichtung warf.
Wo war Leesil?
Sie sah sich nach ihm um, dazu bereit, alle zu zerreißen, die ihm etwas antun wollten. Helles Sonnenlicht ließ die Welt brennen, und sie sah nur Schemen.
Etwas traf sie am Steißbein.
Magiere wankte und versuchte, auf den Beinen zu bleiben.
Wer oder was versuchte da, sie daran zu hindern, Leesil zu finden?
Magiere drehte sich um.
Sie sah eine graugrüne Kapuze, die ein verblüfftes Gesicht umgab. Ihr Zorn schwoll an, als die Gestalt zurückwich, und sie sprang nach vorn.
Leesil wich zur Seite, als Én’nish mit der rechten Klinge nach seinem Gesicht stieß. Das linke Stilett zielte auf seinen Bauch.
Mit der Hand schlug er es beiseite, und das Stilett verfehlte ihn. Der Sprung brachte Én’nish nahe heran, und Leesil wandte sich nach rechts, stieß mit dem linken Ellenbogen nach ihrem Gesicht.
Die Elfe duckte sich, und das eben zur Seite geschlagene Stilett traf seine Taille.
Die Klinge kratzte über sein Kettenhemd, und ihre Spitze verfing sich an einem Stahlring auf der linken Seite.
Én’nish beugte sich vor, wollte ihr ganzes Gewicht hinter das Stilett legen, und Leesil drehte sich erneut.
Die Spitze der Klinge blieb in dem Stahlring, und Leder gab unter ihr nach.
Leesil spürte keinen Schmerz, aber er wusste, dass ihm nur noch ein Sekundenbruchteil blieb, bis das Stilett seinen Körper erreichte.
Er packte das Gelenk der Hand, die das Stilett hielt, und blickte in die bernsteinfarbenen Augen des Gesichts, das ihm so nahe war.
An einem anderen Ort zu einer anderen Zeit hatte ihn eine andere Frau mit der gleichen Verzweiflung angesehen. Weil er jemanden getötet hatte, den sie liebte.
Instinktiv hob er den Arm, und Én’nishs zweite Klinge schnitt in seinen Unterarm.
Leesil verlagerte das Gewicht auf den hinteren Fuß,
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