Dhampir
hörte Chap nicht, doch er gewann den Eindruck, dass Sgäile das verteidigte, was Fréthfâre zu den anderen gesagt hatte. Die ebenfalls am Feuer sitzende Én’nish wandte sich ab, und damit war das Gespräch beendet.
Seerose erschien neben Chap und überraschte ihn, indem sie sein Ohr leckte. Er sah sie nicht an, hielt den Blick auf die Elfen gerichtet.
»Niemand wird deine Gefährten stören«, sagte Brot’an.
Die Worte störten Chaps Konzentration, als er versuchte, Erinnerungsbilder von den Anmaglâhk zu empfangen. Er grollte leise.
Es kümmerte ihn nicht, dass so viele Personen von seiner wahren Intelligenz wussten. Erst Sgäile und jetzt auch Brot’a n – sie sprachen in ganzen Sätzen zu ihm, als wüssten sie, dass er verstand.
»Wir alle sollten die Zeit, die uns noch bleibt, mit unseren Artgenossen verbringen«, fügte Brot’an hinzu.
Der große Elf lehnte den Kopf nach hinten an den Baum und beobachtete die tanzenden Flammen des Feuers.
Chap stand langsam auf, als Seerose loslief. Er zitterte, doch es lag nicht an der Kälte.
Er wusste nicht, warum, aber seine Gedanken kehrten zu der Vision zurück, die er in den Wäldern von Dröwinka empfangen hatte, Magieres Heimatland. Er hatte sie als wildes Geschöpf an der Spitze eines Heeres gesehen, das nicht nur aus seltsamen lebenden Geschöpfen bestand, sondern auch aus Untoten. Er schüttelte das Bild a b – es war eine Lüge, geschaffen von Zauberei.
Chap lief Seerose hinterher, bis sie in einer mit welkem Laub gefüllten Senke zwischen nahen Tannen stehen blieb.
Ihr Fell war warm und weich, als sie sich aneinander rieben, und ihre sanfte Präsenz brachte Erleichterung. Für eine kleine Weile fühlte er sich nicht mehr so allein. Er hatte Artgenossen, im Fleisch und im Geiste, abgesehen von jenen, die ihn verraten und ihm seine Erinnerungen genommen hatten. Als er schließlich ruhig neben ihr lag, sprachen sie nicht mit Worten, sondern mit Erinnerungen.
16
Leesil saß still da. Magieres Kopf lag auf seinem Bein. Der erwartete Regen kam nicht, und deshalb sah er keinen Grund, Magiere zu wecken und mit ihr einen geschützteren Ort aufzusuchen.
Es war nach Mittag, und noch immer zogen dunkle Wolken über den Himmel, als sich Osha Brot’an näherte. Der Blick des jungen Elfen glitt kurz zu Wynn, die in Brot’ans dickem Mantel schlief.
»Es wird Zeit!«, rief Brot’an Leesil zu.
Als seine Stimme erklang, öffnete Magiere die Augen. Sie hatte nicht geschlafen, nur geruht.
Unter ihrem Kopf war Leesils Bein taub geworden. Es prickelte unter der Haut, als er aufstand und Magiere hochhalf. Als Brot’an zu den anderen ging, ließ Leesil Magiere und Wynn zurück und schlich zur Barriere im Wald. Auf halbem Wege dorthin hörte er Schritte hinter sich, sah über die Schulter und stellte fest, das Sgäile ihm folgte.
»Es dauert nicht lange«, sagte er. »Es sei denn, du versuchst, mich aufzuhalten.«
»Ich komme mit«, erwiderte Sgäile. »Entweder gehst du mit mir oder gar nicht.«
Leesil war zu müde, um ihm zu widersprechen, und er wusste nicht, wann sich eine andere Gelegenheit ergeben würde, seine Mutter zu sehen. Deshalb wandte er sich einfach nur um und trat, von Sgäile gefolgt, durch den Tunnel im Dickicht.
Kurz darauf erreichten sie die Lichtung, wo Nein’a neben ihrem Wohnbaum stand. Leesils Blick ging zu Sgäile.
»Geh«, sagte der und seufzte. »Ich warte hier.«
Während der Rast hatte Leesil lange über seine Mutter nachgedacht. Acht Jahre auf dieser Lichtung, die den Anschein erweckte, dass man sie leicht verlassen konnte, und die doch ein ausbruchsicheres Gefängnis wa r … Unter solchen Umständen konnte jeder seltsam werden. Wenn er bei der ersten Begegnung gründlicher nachgedacht hätte, wäre ihm das vielleicht klar geworden.
Er trat auf Nein’a zu und sah in ihr besorgtes Gesicht.
»Ich kann dich nicht befreien, indem ich hierbleibe. Ich kehre nach Crijheäiche zurück und spreche dort mit deinem Volk.« Leesil senkte die Stimme. »Anschließend kommst du mit mir und Magiere.«
Nein’a streckte die Hand aus und ergriff seinen Arm. Es war eine Geste, die keine Zärtlichkeit zum Ausdruck brachte, und fast wäre Leesil zurückgewichen.
»Vergiss mich und verlass diesen Wald«, flüsterte sie. Dann veränderte sich ihre Stimme und bekam Ähnlichkeit mit dem leichten Singsang, an den er sich aus seiner Kindheit erinnerte. »Bitt e … mein Sohn.«
Und Leesils Groll schmolz, als er plötzlich die Wärme seiner
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