Dhampir
Grund brauchten sie dafür ein Halbblut. Vielleicht benötigten sie jemanden, der außerhalb ihrer Kaste und ihres Volkes stand. Leesils Mutter hatte ihn gegen die Regeln ihres Ordens ausgebildet.
Nein’a liebte Leesil nicht als Sohn, obgleich er sie als Mutter liebte.
Kummer erfüllte Magiere, als sie an den Farnen vorbei in den Tunnel trat. Sie würde Leesil genug Liebe schenken, um alles auszugleichen.
Leesil blickte hoch, als Brot’an zurückkehrte, die Arme voller Feuerholz.
Leesil wandte sich von Wynn ab. »Wo ist Magiere?«, fragte er den Elf.
»Sie sammelt noch mehr Holz und wird bald hier sein.«
Leesil stand auf, sah zum Lager, zählte die Elfen und vergewisserte sich, dass alle da waren. Erleichterung durchströmte ihn, wich aber fast sofort Ärger, der ihn dazu drängte, Brot’an Dummheit vorzuwerfen. Doch dann zögerte er und fragte sich, warum Brot’an Magiere ohne Bewachung zurückgelassen hatte. Es schien überhaupt keinen Sinn zu ergeben.
Wie lange war er von Wynns Schilderungen in Bezug auf Nein’a abgelenkt gewesen? Es brodelte jedes Mal in ihm, wenn er an das Willkommen seiner Mutter dachte, das gar kein Willkommen gewesen war.
Er wollte losgehen, um Magiere zu suchen.
»Sie wird gleich zurückkehren«, sagte Brot’an. »Hilf mir, das Feuer anzuzünden.«
Es lag Leesil nichts daran, diesem Mann bei einer so einfachen Aufgabe zu helfen. Trotzdem ging er die Hocke, doch sein Blick wanderte umher, auf der Suche nach Magiere.
Die Luft war feucht, und um das Feuerholz war es nicht besser bestellt. Brot’an holte ein Stück Stahl hervor und schlug einen Feuerstein daran, aber es dauerte eine Weile, bis aus den Funken erste zaghafte Flammen wurden. Wynn machte sich daran, Bisselbeeren zu schälen und Walnüsse zu knacken. Schließlich hörte Leesil, wie sich Schritte näherten. Magiere kam, brachte aber nur drei Zweige.
»Mehr hast du nicht gefunden?«, fragte Wynn.
Magiere antwortete nicht. Leesil nahm die Zweige und legte sie neben das Feuer.
»Sie ist müde«, sagte er, sah Magiere an und deutete auf einen etwa zehn Schritte entfernten Baum. »Wir rasten dort. Wynn, bleib bei Chap. Versuch zu schlafen.«
»Aber dort drüben seid ihr ein ganzes Stück vom Feuer entfernt«, sagte Wynn.
Leesil rechnete mit Einwänden von Brot’an, doch der Narbige stand nicht einmal auf.
»Wir sollten alle schlafen«, sagte Brot’an. »Macht es euch so bequem wie möglich, aber bleibt in Sichtweite.«
Leesil zog Magiere mit sich. In Sichtweite sollten sie bleiben. Und o b – er wollte Wynn nicht allein bei jenem Elf zurücklassen. Ihm ging es nur darum, außer Hörweite zu sein. Als er am Baum Platz nehmen wollte, wich Magiere ein wenig zurück.
»Lass uns im Freien sitzen«, sagte sie und nahm ein Stück vom Stamm entfernt Platz. Leesil ließ sich neben ihr nieder.
»Dies ist nicht unbedingt das, was du erwartet hast, oder?«, fragte sie leise. »Du dachtest, nach all der Zeit würde sie sich freuen, dich zu sehen, ungeachtet aller Ereignisse nach deiner Flucht aus Venjètz.«
War sie deshalb so still und verschlossen gewesen, aus Sorge um ihn? Nein, es steckte noch mehr dahinter, das spürte er.
»Die Begegnung mit meiner Mutter war tatsächlich nicht so, wie ich sie mir vorgestellt habe«, antwortete er. »Es ist, als wäre ich nie ihr Kind gewesen, als würde sie mich überhaupt nicht kennen.«
Magiere starrte nachdenklich ins Leere und mied seinen Blick. Sie hatte die Dhampir in ihr offenbart und Abscheu und Zorn der Elfen auf sich gezogen. Vorher war es in erster Linie um ihn, Leesil, gegangen, doch jetzt rückte sie in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit des Ältesten Vaters und seines Volkes. Leesil scherte sich nicht darum, was sie wa r – er sah vor allem Magiere in ihr. Aber er fragte sich, ob er war, was sie wollte.
Ich bin ein Werkzeug, dachte er. Eine Waffe. Jemand, der von seiner eigenen Mutter zurückgewiesen wurde. Magiere hatte Besseres verdient.
»Du bist mein Blut, Leesil«, flüsterte sie. »Meine Famili e … alles, was ich habe.«
Leesil fühlte sich gefangen zwischen Magieres Worten und seiner Furcht, sie zu verlieren. Er betrachtete das schwarze Haar, das ihr bleiches Gesicht umrahmte.
»Heirate mich«, hauchte Magiere plötzlich.
Leesil stützte sich mit einer Hand auf dem Boden ab. Die Ereignisse des Tages fielen von ihm ab, und er hatte das Gefühl, den Halt zu verlieren. Ihn schwindelte.
An diesem Ort, umgeben von so wenig Hoffnung und so vielen Gefahre
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