Dhampir
…, als wir Léshils große Mutter verloren.«
Für einen Moment dachte Wynn, dass er von Nein’a sprach. »Du meinst ›Großmutter‹ … Eillean?«
Osha nickte und schwieg. Wieder fiel es Wynn schwer, mit den anderen Schritt zu halten.
»Wir machen Rast!«, rief Brot’an.
Wynn rechnete damit, dass Sgäile Einwände erhob, aber er setzte sich neben eine Tanne, dazu bereit, den Weg jederzeit fortzusetzen. Sie war dankbar für die Verschnaufpause und stützte sich mit der einen Hand am Stamm einer Weißbirke ab.
Ein Schatten fiel auf Wynn, und sie sah hoch.
Sgäile stand so nahe, dass sie die einzelnen weißen Härchen seiner Brauen zählen konnte. Anspannung zeigte sich in seinem Gesicht.
»Was am vergangenen Tag und in der Nacht geschehen is t … «, sagte er leise auf Elfisch. »Dazu kam es nur, weil du nicht auf mich gehört hast. Du stehst unter meinem Schutz, aber wenn du noch einmal ungehorsam bist, werde ich alles Notwendige tun, um deine Sicherheit zu gewährleiste n – ob dir meine Methoden gefallen oder nicht. Hast du verstanden?«
Wynn schluckte eine scharfe Erwiderung hinunter.
Wenn sein Volk Nein’a nicht gefangen genommen hätte, wäre es für Leesil gar nicht notwendig gewesen, diesen Ort aufzusuchen. Dann hätte es für Chap und sie gar keinen Grund gegeben, den Nötigungsversuch des Ältesten Vaters zu vereiteln.
»Ja«, antwortete sie steif.
Sgäile kehrte zur Tanne zurück, und Wynn wandte sich um. Leesil stand direkt hinter ihr.
»Was war das?«, fragte er.
»Nichts«, sagte sie. »Nichts weiter.«
Leesil ergriff ihre Hand und zog sie mit sich zu Magiere. »Du bleibst bei uns. Und mal sehen, ob wir den Mantel irgendwie zusammenbinden können.«
Wynn spürte Leesils feste Hand und fühlte sich etwas weniger allein.
Die Gerüche des Waldes berauschten Chap fast. Trotzdem drehte er sich immer wieder um und sah zu Magiere, Leesil und Wynn zurück. Die Majay-hì blieben zwischen den Bäumen, aber sie folgten der Gruppe und waren ebenfalls nach Crijheäiche unterwegs. Chap vermutete, dass das Rudel diese Reise nur unternahm, weil Seerose bei ihm sein wollte.
Die Hunde folgten ihm, schnüffelten umher und jagten manchmal. Manche liefen voraus und verschwanden für eine Weile, aber letztendlich kehrten sie immer wieder in die Nähe der Anmaglâhk und von Chaps Gefährten zurück.
Er drückte die Schnauze in Seeroses Fell und atmete ihren Duft ein. Als er sich der Gruppe aus Elfen und Menschen zuwandte, empfing er aus Leesils Erinnerung zwei Worte, die Magiere mit leiser Stimme an ihn gerichtet hatte.
Heirate mich .
Chap zögerte und stellte die Ohren auf.
Leesil war jetzt verlegen wegen seiner Reaktion.
Wie seltsam und überraschend, dass es an diesem Ort geschehen war, unter so gefährlichen Umständen. Als Chap in Magieres Erinnerungen nach diesem Moment suchte, schwand seine Verwunderung.
Durch ihre Augen sah er die dunklen Stellen dort an der Birkenrinde, wo ihre Hand sie berührt hatte. Und er hörte den Namen, den sie mental vernommen hatte, als sie in Ohnmacht gefallen war.
Sorhkâfaré.
Zunächst hatte dieser Name nichts Vertrautes für Chap, bis er die Szenen von Magieres Vision sah.
Er kannte jenes Zeltlager, und er erinnerte sich an die lang zurückliegende Nacht aus den von Furcht erfüllten Erinnerungen eines uralten Elfen. Beides verschmolz miteinander.
Sorhkâfaré … Aoishenis-Ahâr e … Der Älteste Vater .
Magiere hatte einen Baum berührt und dadurch etwas gesehen, das sie nicht verstand, eine der ältesten Erinnerungen des Ältesten Vaters.
Mit jäher Wachsamkeit sah sich Chap im Wald um und versuchte, auf jedes einzelne Blatt zu achten.
So hatte sich Nein’a auf der Lichtung umgesehen, und die Anspannung war erst von ihr gewichen, als die Majay-hì keine Anzeichen von Beunruhigung zeigten. Und Seerose hatte verzweifelt versucht, Chap daran zu hindern, den Wohnbaum des Ältesten Vaters zu betreten.
Irgendwie war der uralte runzlige Elf auf Nein’as Lichtung präsent gewesen, und auch in dem Baum, den Magiere berührt hatte. Chap fand keine andere Erklärung dafür.
Magiere hatte einen Baum berühr t … und ohne es zu ahnen einen Teil seines Lebens aufgenommen. Chap dachte an seine Vision von einer Magiere, die am Rand eines sterbenden Walds an der Spitze eines Heeres stand.
Er lief durch den Wald, beobachtete Magiere aus der Ferne und spürte, wie seine Besorgnis wuchs.
Er wünschte sich, noch etwas länger mit Seerose zusammen sein zu
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