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Dhana - Im Reich der Götter

Dhana - Im Reich der Götter

Titel: Dhana - Im Reich der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamora Pierce
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einfach idiotisch, etwas zu erschießen, von
dem du nicht einmal weißt, was es ist.« Die Schreie des Finsterlings verebbten;
als sie ihn losließ, war das Loch verschlossen.
    Gott Weiryn hob den Hasen auf. »Wenn du so alt bist
wie ich, kannst du mir Fragen stellen. Komm jetzt. Lass das Ding.« Er eilte
davon, den Pfad entlang.
    Dhana sah den Finsterling an. »Willst du mit mir
kommen?«, fragte sie und überlegte, ob er sie wohl verstehen konnte. »Ich werde
nicht zulassen, dass er dir weh...« Der Finsterling fiel durch ihre Finger zu
Boden und raste unter den Busch. Die Antwort ist deutlich genug, dachte Dhana.
»Lass dich bloß nicht wieder von ihm erwischen«, rief sie. »Ich bin mir sicher,
der schießt wieder auf dich.« Sie beschleunigte ihre Schritte, um ihren Vater
einzuholen.
    »Ich hätte nie gedacht, dass meine Tochter solch
sentimentale Anwandlungen hat«, bemerkte er. »Schmerz und Leid bekümmern die
Götter, aber sie drücken uns nicht so wie die Sterblichen.«
    Dhana dachte an die Göttin, die sie im vergangenen
Jahr kennen gelernt hatte, die Friedhofshexe. Die war ganz bestimmt nicht
bekümmert gewesen von dem Durcheinander, das sie verursacht hatte. »Vielleicht
erklärt das einiges«, meinte Dhana verärgert. »Obwohl ich glaube, die Götter
wären vielleicht freundlicher, wenn sie auch leiden müssten.«
    Ihr Vater drehte sich um und sah sie an. »Was bringt
dich auf den Gedanken, unsere erste Pflicht sei es, freundlich zu sein?«,
wollte er wissen. »Wenn wir zu gütig sind, ist das schlecht für die
Sterblichen. Sie entwickeln sich nur, wenn sie sich abmühen müssen. Jeder weiß
das.«
    Dhana verdrehte die Augen. Ihr Vater redete wie jene
Menschen, die behaupteten, Armut mache aus den Armen bessere Seelen.
»Natürlich, Pa. Wie du meinst.«
    Sarra wartete auf der anderen Seite der Brücke auf
sie. Sie küsste Weiryn zur Begrüßung, dann sagte sie: »Geh jetzt und häute
diesen Hasen ab, aber tu das bitte nicht im Haus.« Nachdem Weiryn gegangen war,
sah Sarra Dhana an. »Du darfst nicht so viel herumlaufen, Schätzchen. Dir geht
es noch nicht gut genug ...«
    »Ma, wenn es mir gut genug geht, um dort
hinaufzusteigen«, sagte Dhana und deutete zu der Anhöhe, die den Wald überragte,
»dann bin ich bestimmt auch gesund genug, um zurück nach Hause zu gehen. Ich
und Numair können hier nicht länger bleiben.«
    Sarra blinzelte, ihr Mund zitterte. »Bist du so
begierig danach, von mir wegzukommen? Nachdem du noch nicht einmal einen ganzen
Tag in meinem Haus wach verbracht hast?« Dhana schnürte es die Kehle zu. »Dich
möchte ich ja eigentlich auch gar nicht verlassen.« Sie umarmte ihre Mutter.
»Ich habe dich vermisst«, flüsterte sie. »Vier Jahre lang habe ich niemals
aufgehört dich zu vermissen.«
    Sarra legte ihre Arme fest um sie. »Auch ich habe dich
vermisst, Liebes.«
    Dhana fiel plötzlich wieder alles ein: Sie konnte das
verbrannte Holz, das vergossene Blut und den Gestank des Todes beinahe riechen.
Als sie ihre Mutter das letzte Mal im Arm gehalten hatte, war sie kalt wie
Stein gewesen und Dhana hatte versucht die Pfeile aus ihr herauszuziehen, die
sie getötet hatten. Tränen liefen Dhana jetzt übers Gesicht.
    Sanfte Hände streichelten ihr Haar, ihren Rücken. »Ist
ja gut, ist ja gut«, flüsterte Sarra. »Es tut mir Leid. Niemals hätte ich dich
freiwillig verlassen, nicht für alle Götter in diesen Reichen.« Leise summte
sie eine beruhigende Melodie, bis Dhanas Tränen langsamer flössen und dann
versiegten.
    »Verzeih mir.« Das Mädchen löste sich von ihr und
wischte sich über die Augen. »Ich habe mich ... erinnert...« »Ich auch.« Sarra
zog ein Taschentuch aus ihrer Tasche. Sie zupfte daran, bis zwei Taschentücher
daraus wurden, reichte eines Dhana und benützte das andere, um ihre eigenen
Augen zu trocknen.
    »Und wo ist Großpapa?«, fragte das Mädchen. Sie
schnäuzte sich.
    »In den Reichen der Toten. Er ist glücklich dort. Nun,
du weißt, wir sind nie gut miteinander ausgekommen. Jetzt, da ich ihn nur hie
und da besuche, mögen wir einander lieber und . . .« Sarra legte auf einmal
ihren Kopf in einer komischen Lauschhaltung zur Seite. »Jemand braucht mich?«,
fragte sie und ihr Lächeln wirkte etwas verkrampft. »Zwei an einem Tag,
anscheinend werde ich berühmt.« Ihre Stimme veränderte sich wie zuvor schon im
Garten. »Ja, Lori. Die Grüne Mutter hört dich.« Sie drehte sich um und ging
langsam über die Holzbrücke. Dhana war nicht sicher, ob sie

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