Dhana - Im Reich der Götter
ihr folgen sollte.
Als sie sich umschaute, sah sie Königsklaue auf sich zukommen. »Steh da nicht
so herum«, befahl die Katzengöttin, »streichle mich lieber. Hat sie wieder
einen Ruf bekommen?« Dhana bückte sich und streichelte Königsklaue. »Ich
verstehe nicht, wieso man sie so oft ruft. Wenn sie damals eine Heilerin
brauchten, mochten sie sie sehr wohl. Aber die übrige Zeit hielt man sie für
dumm und verrückt und . . . schändlich.« Königsklaue blickte hoch und Dhana
beantwortete die unausgesprochene Frage. »Nun, da war ich aber kein Ehemann
und es waren immer Männer um Ma herum.«
»Katzen haben mehr Verstand«, sagte Königsklaue. »Wir
behalten Kater oder Kätzchen nicht länger bei uns als unbedingt nötig.
Bedenke, deine Leute wissen nicht, dass es Sarra ist, zu der sie beten. Sie
rufen die Grüne Mutter an, die vor einiger Zeit über dem Dorfbrunnen in
Winterthal einigen Frauen erschienen ist. Sie sagte ihnen, sie dürften sie um
Hilfe bei Geburten und Krankheiten oder in Herzensangelegenheiten anrufen.«
»Jetzt ist mir einiges klar.« Dhana war beeindruckt, ob sie wollte oder nicht.
Die Katze duckte sich, sie folgte mit dem Blick etwas,
was nur sie sehen konnte. »Du solltest dich lieber mal um den Eintopf kümmern«,
bemerkte sie. Ihr Schwanz zuckte, als sie sich noch tiefer an den Boden
presste. »Er ist schon eine Weile nicht mehr umgerührt worden.« Sie sprang.
Eine Maus quiekte und rannte um ihr Leben, Königsklaue in heißer
Verfolgungsjagd hinterher. Lachend ging Dhana ins Haus. Der Eintopf roch
wundervoll. Während sie umrührte, wurde ihr bewusst, dass sie mit halbem Ohr
lauschte, ob nicht ein Kurier käme, der sie oder ihre Freunde aufforderte sich
zu bewaffnen und rasch mitzukommen. Aber keine Hornsignale riefen die Reiter
zum Aufsitzen und Ausreiten. Kein Schlag der Nachrichtentrommeln war zu hören,
die jenen, die keine Magier hatten, die letzten Neuigkeiten übermittelten. Das
Haus ihrer Eltern atmete Ruhe und Geborgenheit. Ich wünschte, ich könnte
bleiben, dachte sie sehnsüchtig. Ich habe nie bemerkt, wie müde ich war. Doch
ich kann nicht bleiben ... keiner von uns kann bleiben.
Merkwürdige
Träume
Ais Dhana den Eintopf vom Feuer zog, hörte sie aus
einem der anderen Räume die verschiedensten Geräusche. Sie lächelte. Numair
hatte die Angewohnheit laut zu reden, wenn er wichtige Informationen in sein
Gedächtnis einspeisen wollte. Sie ging zu einer offen stehenden Tür und sah in
das Zimmer dahinter. Halb vornübergebeugt, stand der Magier am Fenster und
versuchte sich zu rasieren, wobei er in einen Spiegel blickte, der auf dem
Fenstersims stand.
Das sind die Schwierigkeiten, wenn man so groß ist,
dachte Dhana nicht zum ersten Mal. Die Dinge, die die meisten Leute benützen
können, wie zum Beispiel Fenstersimse, sind für ihn viel weiter weg.
Als Numair das Rasiermesser von seinem Kinn nahm,
fragte sie: »Brauchst du Hilfe?«
Seine Augen leuchteten auf. »Es ist schön, dich auf
den Füßen zu sehen.«
»Es ist schön, drauf stehen zu können.« Dhana nahm den
Spiegel und hielt ihn für Numair. »Hast du mit Pa oder Ma darüber gesprochen,
dass sie uns nach Hause schicken?« Er verzog das Gesicht und machte sein
Rasiermesser wieder nass. »Sagen wir lieber, ich habe es versucht. Sie sind bei
diesem Thema erstaunlich ausweichend. Alles, was ich bis jetzt erreichen
konnte, ist, dass wir darüber reden könnten, sobald du dich erholt hast.«
»Ich habe mich erholt«, versicherte sie ihm. Sie
wusste, das stimmte nicht ganz, doch die Bilder, die sie im Licht des Sonnenvogels
gesehen hatte, machten ihr Sorgen. »Dhana«, sagte Numair, dann hielt er inne.
Sie wartete. Irgendetwas machte ihm Kummer, das konnte sie am Klang seiner
Stimme hören. »Vielleicht.. . vielleicht solltest du hier bleiben, wenn ich
zurückkehre. Dies ist dein Zuhause. Hier wärst du in Sicherheit.«
Wütend legte sie den Spiegel weg. »Wie kannst du so
was sagen?! Tortall ist mein Zuhause.«
»Du wärst bei deiner Mutter, ich weiß, du hast sie
vermisst. Du könntest deinen Vater besser kennen lernen.« Er stellte den
Spiegel zurück auf den Fenstersims und schabte die restlichen Bartstoppeln von
seinem Kinn. »Betrachte es einmal aus meiner Sicht.« Er wich ihrem Blick aus.
»Ich war machtlos gegen die Abhäuter. In diesem Krieg gibt es so viele Feinde
und zu viele sind uns fremd. Ich möchte gern sicher sein, dass wenigstens du
eine Chance hast zu überleben.«
»Ich verschaffe mir
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